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Erste Ausfahrt: Renault Zoe R135

Die zweite Auflage des Renault Zoe wird es ungleich schwerer haben als ihr Vorgänger, denn sie bekommt endlich Konkurrenz. Renault musste also nachlegen. Eine erste kurze Ausfahrt zeigt: Das hat der Konzern auch getan.

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Renault Zoe 14 Bilder
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  • Wolfgang Gomoll; press-inform
Inhaltsverzeichnis

Als Renault im 2013 die erste Zoe auf den Markt brachte, war das ein mutiger Schritt. Er hat sich bezahlt gemacht, der elektrische Kleinwagen ist ein Bestseller geworden. Die zweite Auflage wird es ungleich schwerer haben, denn sie bekommt endlich Konkurrenz. Renault musste also nachlegen. Eine erste kurze Ausfahrt zeigt: Das hat der Konzern auch getan.

Innen fein

Äußerlich wird das zunächst kaum deutlich, denn Renault hat die Zoe nicht neu erfunden. Hier und da wurde etwas ein wenig umgeformt, Leuchten neu gestaltet. Viel gravierender sind die Veränderungen im Innenraum. Bisher gab es in der Zoe eine Hartplastik-Wüste. Sie wählte man eher trotz ihres Interieurs. Die Neue ist im direkten Vergleich ein Handschmeichler: Unterschäumte Flächen auf dem Armaturenbrett und Stoffapplikationen aus Recycling-Material machen Eindruck – so hochwertig war noch keine Zoe tapeziert.

Allerdings sind die Sitze nicht besonders bequem und Seitenhalt stand offenbar beim Lastenheft der Ingenieure nicht ganz oben auf der Liste. Die Sitzposition ist vergleichsweise hoch, aber auch großgewachsene Zeitgenossen haben ausreichend Kopffreiheit. Dass der Platz hinten nur einschränkt für den Transport von langen Leuten taugt, sei der Zoe verziehen. Wir reden hier von einem Kleinwagen, und dafür ist das Raumangebot gut. Der Kofferraum gehört mit 338 Litern zu den Großen unter vergleichbar langen Autos. Schade nur, dass nach dem Umlegen der Rücksitze eine Stufe bleibt, die das Durchschieben von Gegenständen behindert.

Komfortabler abgestimmt

Ein Fortschritt ist Renault beim Fahrwerk gelungen. Die Abstimmung ist komfortabel, ohne zu weich zu sein. Im Vergleich dazu war das Ansprechverhalten des Vorgängers geradezu ungeschickt. Bei schneller Kurvenfahrt fällt eine leichte Tendenz zum Untersteuern auf, und dass die Lenkung nun mehr Rückmeldung liefert. Dafür das die Zoe mit 1577 Kilogramm ungefähr so schwer ist wie ein Mazda CX-5 Skyactiv-G 194 (Test), wirkt er ziemlich agil.

Dieser Eindruck wird natürlich vom E-Antrieb unterstützt. Wir waren mit dem Topmodell R135 unterwegs, dessen E-Motor 100 kW Spitzenleistung und 245 Nm Drehmoment bereitstellt. Die Dauerleistung gibt Renault mit 51 kW an – wie übrigens auch beim Modell mit 80 kW Spitzenleistung. Und wie fühlt sich das an? Rasant-unauffällig: Wer wie gewohnt aufs Fahrpedal latscht, beschleunigt ziemlich zügig, ohne viel davon mitzubekommen. Die meist deutlich zurückbleibenden anderen Verkehrsteilnehmer zeigen indes, wie flott die Zoe ist. Die 9,5 Sekunden, die Renault für den Standardsprint verspricht, geben den Beschleunigungseindruck nur sehr unzureichend wieder. Im Eco-Fahrprogramm geht es mit gebremsten Schaum voran, aber für das Mitschwimmen in der Stadt reicht auch das locker aus.

Weniger Lärm

Dazu ist die Geräuschdämmung deutlich besser als in der alten Zoe. Es ist einfach angenehm, wie leise es im Neuen zugeht, auch Abrollgeräusche der Reifen sind kaum zu vernehmen. Mit den nahezu komplett fehlenden Antriebsgeräuschen bieten E-Kleinwagen einen sensationellen Komfort, an den man sich schnell und gern gewöhnt.

Bei Renault kursieren derzeit noch zwei WLTP-Verbrauchsangaben: In der Preisliste vom 1. September 2019 werden 20 kWh/100 km genannt, in den technischen Daten 17,7 kWh. Bei unserer ersten kurzen Ausfahrt kamen wir laut Bordcomputer über Land auf 14,8 kWh/100 km. Mehr als eine grobe Orientierung ist das aber nicht. Wir werden den Verbrauch bei einem folgenden Test verifizieren.

Renault eröffnet eine ganze Reihe von Lademöglichkeiten. Sie reicht allein an Wechselstrom von 2,3 kW an einer mit 10 Ampere abgesicherten 230-Volt-Steckdose bis zu 22 kW an einer Wallbox. Wer mag, kann an Gleichstrom mit bis zu 50 kW laden, sofern er 890 Euro zugezahlt hat. Dabei zeichnen sich die Grenzen der Luftkühlung der Batterie ab: Renault nennt 1:10 h für die Aufladung von 0 auf 80 Prozent an 50 kW-Gleichstrom. Auch bei der Aufladung mit 22 kW deutet die angegebene Ladezeit von 3:40 Minuten darauf hin, dass Renault die Ladeleistung früh runterfahren muss.

Netto, nicht brutto

In das Modell mit 80 kW wird serienmäßig eine Batterie mit 41 kWh eingebaut, gegen Zuzahlung gibt es 52 kWh, die in der stärkeren Zoe immer drin sind. Ungewöhnlich, aber sehr gut: Renault hat uns auf Nachfrage bestätigt, dass dies die Netto-Kapazitäten sind. Der Hersteller wirbt hier also mit einer nutzbaren Inhaltsangabe, und nicht mit einem theoretischen Wert. Renault nennt im WLTP Reichweiten zwischen 300 (R110 mit 41 kWh) und 395 Kilometern (R110 mit 52 kWh). Für das von uns gefahrene Modell R135 werden 342 km versprochen.

Spannung, Zellen- und Modulanzahl sind identisch, Renault schaltet die zusätzliche Kapazität einfach per Software frei. Der Aufpreis darf ruhigen Gewissens frech genannt werden: Der Zuschlag beträgt 2000 Euro, egal ob man die Batterie mietet oder kauft. Bei der Miete gibt es dagegen keinen Unterschied zwischen beiden Softwareständen.

  • 7500 km/Jahr 74 Euro monatlich
  • 10.000 km/Jahr 84 Euro monatlich
  • 12.500 km/Jahr 94 Euro monatlich
  • 15.000 km/Jahr 104 Euro monatlich
  • 17.500 km/Jahr 114 Euro monatlich
  • ohne km-Begrenzung 124 Euro monatlich

Wer die Batterie kaufen will, zahlt laut Preisliste 8000 Euro. Davon ist natürlich der individuelle Händlernachlass noch abzuziehen. Bei zehn Prozent Rabatt sind es nur noch 7200 Euro. Es ist letztlich ein Rechenexempel mit den persönlichen Umständen. Naheliegenderweise: Wer wenig fährt und mit dem Auto nicht alt werden möchte, wird mit dem Mietmodell vermutlich günstiger wegkommen.

Gute Basis

Ein Schnäppchen ist die Zoe ohnehin nicht. Das Basismodell mit der „kleinen“ Mietbatterie kostet 21.900 Euro. Allerdings ist die Serienausstattung bereits in der günstigsten Variante ziemlich umfangreich. So sind unter anderem LED-Scheinwerfer, Digitalradio (DAB+) und die Smartphone-Integration via Android Auto/Apple CarPlay inklusive. Hier ist zu merken, dass Renault den Atem der Verfolger spürt. Opel Corsa-e und Peugeot 208-e spielen finanziell in einer ähnlichen Liga wie die Zoe mit gekaufter Batterie. Die Idee, die Einstiegshürde mit einem gemieteten Speicher niedriger zu hängen, hat aber nach wie vor ihren Charme.

Fazit

Mehr Reichweite und Leistung – in der zweiten Zoe sind das nur vordergründig die großen Fortschritte. Denn Renault den Kleinwagen auch abseits dessen deutlich weiterentwickelt. Fahrwerk und Lenkung sind eine ganz Klasse besser als bisher, der gut gedämmte Innenraum wirkt viel feiner ausgekleidet und gerade mit dem großen Infotainmentsystem richtig schick.

Die von uns gefahrene große Ausbaustufe mit 100 kW ist nicht mit der Basisausstattung zu kombinieren und kostet 1000 Euro mehr als die Version mit 80 kW. So gut uns der temperamentvolle Antritt auch gefallen hat – die 80-kW-Version dürfte vollauf genügen.