Die Ära der Akkus

Die Verbreitung "grüner" Elektrizität und Mobilität erzwingt Stromspeicher. Batterien könnten die eigentlichen Sieger der Energierevolution sein: Selbst Häuser werden in Japan bereits damit ausgeliefert.

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Von
  • Martin Kölling

Es war Ende vorigen Jahres nur eine kleine Meldung, doch sie zeigt die Tragweite der kommenden Energierevolution: Wir stehen vor einer Ära der Akkus. Der Elektronikkonzern Sanyo, der gleichzeitig einer der führenden Batteriehersteller der Welt ist, liefert Öko-Häuser seiner Fertighaustochter künftig auf Kundenwunsch mit Lithium-Ionen-Akkus aus. Die Batterien sollen den tagsüber von Solarzellen erzeugten Strom für abend- und nächtlichen Gebrauch zwischenspeichern. Auch einen ersten externen Firmenkunden hat Sanyo bereits gewonnen: Sekisui House, mit jährlich 60.000 Fertighäusern Japans größter Häuslebauer.

Dass nach Notebooks, Kameras und Handys auch eAutos wiederaufladbare Batterien brauchen, hat sich inzwischen herumgesprochen. Doch das Beispiel der häuslichen Stromspeicher zeigt, dass Akkus in weit größerem Ausmaß dabei sind, unsere alltäglichen Wegbereiter werden. Ein weiteres Beispiel: Japan Wind Development wird einer Meldung der Zeitung Nikkei von dieser Woche zufolge ein britisches Smart-Grid-Projekt auf den Orkney-Inseln mit einem System aus Natrium-Schwefelbatterien des japanischen Herstellers NGK Insulators beliefern, das Strom aus den dortigen Wind- und Wellenkraftwerken zwischenspeichern und damit die bisher bei Bedarf zugeschalteten Ölkraftwerke überflüssig machen sollen. Bei NaS-Batterien handelt es sich um Hochtemperatur-Akkus mit einer hohen Speicherkapazität pro Gewichtseinheit. Die Projektkosten für die ersten 4000 kW belaufen sich umgerechnet auf ungefähr 12 Millionen Euro. In der Endausbaustufe sollen Akkuklötze mit 10.000 kW Speicherkraft in der Landschaft herumstehen.

Einen Schritt weiter treibt ein japanisches Forschungskonsortium die Entwicklung – mit einem druckbaren Lithium-Polymer-Akku. Der kann nach Aussage des Advanced Materials Innovation Center (AMIC) zum Beispiel gemeinsam mit einer Solarzelle auf ein flexibles Substrat aufgetragen werden. Die Einsatzmöglichkeiten dieses Sonnenspeichers dürften grenzenlos sein. Bis 2011 wollen die Forscher nun kostengünstige Produktionsverfahren für die Großserienherstellung auszutüfteln.

Bei dem Potenzial ist es kein Wunder, dass Firmen in die Akku-Produktion strömen wie Motten zum Licht. In Japan sind inzwischen alle namhaften Elektronikkonzerne mit an Bord, plus einer Reihe von Playern, die bislang nur Kennern ein Begriff waren (wie das Unternehmen GS Yuasa, das Mitsubishi Motors die Akkus für dessen Stromer "i Miev" liefert). Bislang dominieren die Japaner den Weltmarkt noch. Aber kein Experte auf dem Eiland geht davon aus, dass diese Führungsrolle unangefochten bleibt. Kontrovers wird nur die Frage diskutiert, wie weit der Rest aufholen kann.

Mitsubishi-Chef Osamu Masuko sagte einmal, er sehe den Rest der Welt aufholen, weil Lithium-Ionen-Akkus strategisch einfach zu wichtig seien – auch militärisch. Carlos Tavares, Nissans Nordamerika-Chef, sah voriges Jahr am Rande der Tokio Motor Show dagegen nur von drei Kompetenzzentren: Japan und Südkorea für die Hochleistungsakkus, China als Spezialist für die Billigspeicher. Sicherlich ist das notwendige technische Wissen über die Technik vielerorts vorhanden. Doch die Umsetzung in Massenproduktion ist noch mal etwas anderes. Und darin sind besonders die Japaner dem Rest der Welt noch voraus, glaubt die zweite Fraktion.

Ein interessanter Aspekt in der neuen Ära wird das Recycling von eAuto-Akkus. Der Autobauer Nissan, der dieses Jahr seine eAuto-Offensive startet, hat mit dem Handelshaus Sumitomo bereits ein Unternehmen aufgebaut, das gebrauchte PKW-Batterien für die Weiterverwendung als stationäre Speicher von Sonnen- oder Windkraftanlagen weiterverkauft. Für diesen Einsatz ist eine Akkuleistung, die für ein eAuto schon kritisch wird, noch immer ausreichend.

Diese Verlängerung der Lebensdauer ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern vor allem extrem wichtig für die Entwicklung des eAuto-Markts. Denn Nissan will die Akkus nicht an den Autobesitzer verkaufen, sondern nur zu einem noch unbekannten Preis verleasen, der nach Möglichkeit unterhalb der monatlichen Betriebskosten eines normalen Benziners liegt. Denn ansonsten würden eAutos deutlich mehr als Benziner kosten und sich nicht als Massenschlager durchsetzen. Und je höher der Wiederverkaufswert eines Akkus ist, desto besser flutscht und rentiert sich dieses Geschäftsmodell. Und desto eher werden eAutos das Straßenbild bestimmen. (bsc)