Japans Angst vor leeren Akkus

Die führenden Hersteller von Lithium-Ionen-Batterien kommen aus Japan - zumindest noch. Experten sind sich sicher, dass der Rest der Welt bald aufholen wird. Selbst Europa kann es schaffen, etwas Mut vorausgesetzt.

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Von
  • Martin Kölling

Für die Menschheit war es nur ein kleiner Spatenstich, aber ein großer Schritt für Japans Elektronikgiganten Panasonic: Am Montag legte der Konzern den Grundstein zu seiner bislang größten Lithium-Ionen-Akku-Fabrik. Das Werk soll rund 800 Millionen Euro kosten und ab 2010 Batterien für Handys und Notebooks herstellen. Das ist die betriebswirtschaftliche Ebene. Auf der globalen Ebene bedeutet die Investition, dass die Japaner versuchen, ihre Position als weltweit führender Hersteller von Hochleistungsakkus zu erhalten. Allein Panasonics neue Tochtergesellschaft Sanyo verfügte 2007 über einen Weltmarktanteil von rund 30 Prozent, knapp gefolgt von Sony und auf Platz fünf von Panasonic mit zehn Prozent. Und auch bei Batterien für Hybrid- und Elektroautos führen Unternehmen aus Japan soweit, dass Volkswagen sich Sanyo als Entwicklungspartner seiner Li-Ionen-Akkus auserkoren hat.

Aber einer der intimsten Kenner der Szene ist sich trotzdem sicher: "Japan wird seine Vorherschaft bei Batterien verlieren." Der Mann heißt Osamu Masuko und ist Chef des Autoherstellers Mitsubishi Motors. Das macht ihn zu einem der kenntnisreichsten Unternehmensführer auf diesem Gebiet, denn er setzt derzeit alles auf Elektroautos, um seinen Konzern aus der Krise zu katapultieren. Noch dieses Jahr soll der einstmals mit Daimler zusammen entwickelte Kleinwagen "i" (sprich "ei") als Stromer auf den Markt gebracht werden. Masukos These: Batterietechnik ist strategisch dermaßen wichtig für so viele Anwendungsbereiche, dass andere Nationen und Unternehmen nichts unversucht lassen werden, eigene technische Expertise aufzubauen. In einigen Ländern wie den USA dürfte die wichtigste Triebkraft das Militär sein, das sich nur ungern von ostasiatischen Batteriezulieferern abhängig machen möchte. Andere Nationen wie Korea zielen eher auf ihre Elektronik- und Autokonzerne.

Eine realistische Erwartung. Denn die Militärs und ausländischen Konzerne werden sich in ihrem strategischen Denken nicht so sehr von Japans Autoherstellern unterscheiden. Und die haben entschieden, dass Hybrid-, Elektro- und Brennstoffzellenautos die Zukunft gehören wird. Damit wird die Batterietechnik zu einer der Schlüsselbereiche im Wettbewerb mit den Rivalen. Denn in Zukunft wird nicht mehr (allein) die Sparsamkeit des Verbrennungsmotors die Reichweite eines Pkw mitbestimmen, sondern die Effizienz und Speicherkraft der Batterien. Um diese neue Technik zu beherrschen, haben sich fast alle Autohersteller Japans mit Elektronikherstellern zusammengeschlossen. Toyota mit Panasonic, Nissan (und damit Partner Renault) mit NEC, Mitsubishi Motors mit GS Yuasa.

Doch schon jetzt bröckelt die japanische Einheitsfront. Wie der Fall Volkswagen-Sanyo zeigt, gibt es auch japanische Unternehmen, die ihre Kenntnisse meistbietend auf dem Weltmarkt verschachern und damit dem Ausland eine Aufholjagd erlauben. Ein weiterhin ungebundener Elektronikhersteller ist Hitachi. Außerdem lässt sich inzwischen auch außerhalb des Landes Expertise aufbauen wie es die Robert Bosch GmbH mit Südkoreas Samsung SDI versucht. Der Ansatz hat den Vorteil, dass die Hersteller dabei von den großzügigen nationalen Forschungssubventionen profitieren können, durch die besonders die Südkoreaner zu ihren Nachbarn aufschließen wollen. Andere Staaten, allen voran China, werden sicher nachlegen.

Also, nicht den Mut verlieren. Auch die Asiaten kochen nur mit Wasser, wenn auch mit ziemlich viel davon. Südkoreas Regierung will bis 2013 den Anteil der Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt von um die 1,5 Prozentpunkte auf sage und schreibe fünf Prozent treiben. In Deutschland machten die Ausgaben von Staat und Unternehmen 2007 nur magere 2,5 Prozent aus. Also, liebe Regierungen in Europa, schürt die Feuer! (wst)