Roller mit Blinker

Die gute Nachricht: Elektrische Kleinstfahrzeuge werden künftig offiziell für den Straßenverkehr zugelassen. Die schlechte: Die gesamte Regulierung ist vollkommen unausgegoren. Und auf den Radwegen wird es eng.

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Wenn der Entwurf so durchkäme, wäre es ein dickes Ding. Noch bis Ende des Jahres will das Bundesverkehrsministerium elektrische Tretroller legalisieren. Coole Sache, denkt man sich zunächst, da reagiert der Gesetzgeber doch tatsächlich mal halbwegs zügig auf die Geschehnisse in der Welt. Dem Entwurf zufolge dürfen E-Roller mit bis zu 20 km/h über Radwege fahren, und wenn diese fehlen, auch auf der Fahrbahn. Bürgersteige sind tabu.

So weit, so gut. Doch die weiteren Details machen fassungslos: Die Roller müssen unter anderem Blinker sowie Versicherungskennzeichen haben, und der Nutzer mindestens einen Mofa-Führerschein. Ein Blinker! Welchen Sicherheitsgewinn genau sollte das bringen? Und eine Versicherungspflicht – dann kann man die Dinger auch gleich ganz verbieten, das Geschäft mit Leihrollern jedenfalls wäre wohl tot.

Nebenbei gelten alle Fahrzeuge mit Versicherungsplakette laut TÜV als Kraftfahrzeuge und dürfen damit nicht mehr in Öffentlichen Verkehrsmitteln mitgenommen werden. Dabei bestünde der größte Nutzen der Roller doch darin, die erste bzw. letzte Meile zwischen Haltestelle und Ziel zu überbrücken. Vielen Dank auch, Bundesverkehrsministerium.

Das Absurde daran: Pedelecs mit einem elektrisch unterstützten Tempo von bis zu 25 km/h sind von all dem bisher ausgenommen – sie zählen einfach als Fahrräder. Warum also sollten langsamere Gefährte strikter reguliert werden als schnellere?

Bedauerlich auch: Die Tretroller müssen dem Entwurf zufolge eine Lenkstange haben. Alle Hoverboards, E-Skateboards und Monowheels fallen also nicht unter die neue Kategorie der Elektrokleinstfahrzeuge. Doch sie werden dadurch nicht plötzlich verschwinden, sondern weiterhin halb- oder illegal genutzt. Das Ministerium hat sich also vor der Aufgabe gedrückt, für wirklich alle neuen E-Fahrzeuge einen vernünftigen rechtlichen Rahmen zu schaffen.

Noch in einem anderen Feld gibt es Handlungsbedarf: Auf Basis der zulassungsfreien Pedelec-Technik haben immer mehr Hersteller vergleichsweise riesige Lastenräder mit bis zu sechs Rädern gebaut, die mitunter zwei Europaletten transportieren können. Warum sich die Hersteller mit den dürftigen 250 Watt zufrieden geben statt zur nächsthöheren Kategorie der Kleinkrafträder bis zu 45 km/h greifen? Weil sie dann nicht mehr auf Radwegen fahren dürften, erzählte mir ein Anbieter recht unverblümt.

E-Tretroller auf der einen Seite des Spektrums, dreiachsige Lastenräder auf der anderen: Es wird künftig offenbar ganz schön eng auf den Radwegen. Prinzipiell finde ich es natürlich eine gute Sache, wenn die Paketdienste ihren Lieferverkehr zunehmend mit Lastenrädern abwickeln. Aber dass diese dann vor allem Fußgängern und Radfahrern im Weg stehen, während Autofahrer sich über die freie Fahrbahn freuen, geht in die falsche Richtung.

Wie sich das Dilemma kurzfristig lösen lässt, weiß ich auch nicht. Vorschläge sind willkommen! Eine gute Maßnahme wäre auf jeden Fall schon einmal, alle mehrspurigen Lastenräder von jeglicher Radwegebenutzungspflicht zu befreien. Langfristig werden wohl nur breite, gut ausgebaute Radwege helfen.

(grh)