Am Ende Alpha

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Von
  • Ralph Hülsenbusch

Es wirkt wie der Anfang vom Ende, wenn Compaq mit Windows NT Service Pack 6 einen Schluss-Strich unter die Weiterentwicklung von Microsofts Betriebssystem für die derzeit schnellste CPU, den Alpha, zieht. Klartext: kein Windows 2000 und auch kein 64-Bit-Windows für RISC. Damit bliebe den Redmondern nur eins, warten auf den Merced, den Intel in seinen Roadmaps auf einem Leistungsniveau platziert, das der übernächsten 32-Bit-Generation namens Foster, einem der Pentium-III-Nachfolger, entspricht. Was unter anderem Hewlett-Packard dazu veranlasste, den Merced in seinem Produktportfolio zu überspringen und auf den MacKinley zu setzen, der frühestens für Ende 2001 angekündigt ist.

Mit dem Ausscheren des Alpha wären nicht nur für Kunden Tausende von D-Mark in den Sand gesetzt, die sich für eine Windows-Alternative zur Intel-Plattform entschieden haben, sondern vor allem auch für Softwarehäuser, die langjährige Arbeiten in die Entwicklung nativer Anwendungen gesteckt haben. Ironie des Ganzen: Dort wo für die Arbeiten am 64-Bit-Windows für Merced echte Hardware notwendig ist, sind Alpha-Rechner (http://www.theregister.co.uk/990902-000024.html) nach wie vor die Basis.

Die Gegenreaktion folgt auf dem Fuße: Ein nicht näher benanntes Fortune500-Unternehmen strebt eine gerichtliche Überprüfung von Compaqs Entscheidung an, da man zu einer Investion von 1 Million US-$ in Alpha-NT-Systeme überredet worden sei. (Unter Fortune 500 sind die erfolgreichsten Unternehmen an der US-amerikanischen Börse zusammengefasst).

Dass Compaq am 25. August das ‘Einfrieren’ von NT-Alpha verkündetet, ausgerechnet zwei Tage nach der ersten Auslieferung der neuen Proliant-Server mit ihren acht Pentium III Xeon, deutet auf eine vom Marketing diktierte Entscheidung: Man glaubt, mit diesen Systemen gegen die RISC-Server antreten zu können und will keine Konkurrenz im eigenen Haus, zumal der Anteil von NT im Alpha-Geschäft seit Anfang vorigen Jahres von 12 auf knappe 2 Prozent abgesunken ist.

Im Intel-Servergeschäft handelt sich Compaq einen harten Wettbewerb ein, denn inzwischen liest sich die Liste der Anbieter von 8-Wege-Systemen wie das Who’s who der IT-Systemanbieter. Und bei fast allen ist die Basis gleich: Intels CPU, Profusion Chip Set und Motherboards. Unterschiede gibt es da nur in der Verarbeitung, der Peripherie sowie bei den Zusatzangeboten an Support und Services.

Für die Alpha-Mannschaft im Hause Compaq bliebe das zunehmend rückläufige VMS-Geschäft, der Markt für den teuren OSF/1-Abkömmling True64 Unix und - Linux.

Doch steht Compaq nicht allein als Anbieter von Alpha-Rechnern da. Systemhäuser, die ihren Kunden bis dato leistungsfähige Alternativen unter NT zur Intel-Plattform anbieten konnten, treten derzeit auf der Stelle. Auch wenn sich NT bisher nicht in großen Stückzahlen verkaufen ließ - fehlt es im Angebot, ist man bei Ausschreibungen nicht mehr mit dabei. Und für die Alpha-Schmiede Samsung bricht ein möglicher Massenmarkt weg. Dies kann letztlich dazu führen, dass sich die Produktion und vor allem die Weiterentwicklung in Richtung EV7 nicht mehr rentiert, und dann wird es heißen: das wars mit dem Alpha. (rh)