Bessere Wettervorhersage mit Künstlicher Intelligenz?

Bisherige Wettervorhersage-Techniken sind rechenintensiv. Zwei neue Studien scheinen mit KI, schnellere und ebenso genaue Prognosen hinzubekommen.

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Schönes Wetter

Hält sich das Wetter, um weiter draußen spielen zu können?

(Bild: dpa, Christian Charisius / Archiv)

Lesezeit: 5 Min.
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Die Forschungsabteilung von Huawei hat ein tiefes, neuronales Netzwerk entwickelt, das globale Wettervorhersagen für bis zu sieben Tage erstellt. Und zwar mit vergleichbarer Genauigkeit, aber 10.000 mal schneller als aktuell existierende Wettermodelle. Da die Auflösung numerischer Wettermodelle nach wie vor stark durch den Bedarf an Rechenleistung begrenzt wird, ließen sich mit Hilfe solcher neuronaler Netze auch sehr viel feiner aufgelöste Vorhersagen berechnen.

Ein zweites chinesisches Team, das mit Forschenden der University of Berkeley zusammen arbeitet, hat unterdessen in der selben Ausgabe des Magazins Nature ein verbessertes neuronales Netz vorgestellt, das Starkregen-Ereignisse aus Radar-Daten vorausberechnet – ein sogenannter Nowcast. Nicht nur die Genauigkeit von NowcastNet ist besser als die existierender Modelle. Mit drei Stunden Vorlaufzeit rechnet das Modell auch weiter in die Zukunft als es beispielsweise das 2021 von Deepmind vorgestellte Netz kann.

Huawei, dessen 5G-Komponenten so manchem westlichen Politiker als trojanisches Pferd der chinesischen Regierung gelten, nutzt die Arbeit, um sich als innovativer Konzern zu präsentieren, dessen eigene Cloud technisch durchaus mit dem Westen mithalten kann. Nature, eine der weltweit führenden Wissenschaftszeitschriften, hat einen von Huawei-Cloud-Forschern verfassten Aufsatz zum bahnbrechenden Pangu-Wettervorhersage-KI-Modell veröffentlicht", heißt es in einer Mitteilung. "Laut Nature Index ist dies das erste Mal, dass Mitarbeiter eines chinesischen Technologieunternehmens die alleinigen Autoren eines Nature-Artikels sind."

Existierende Vorhersagetechniken nutzen umfangreiche Computersimulationen der atmosphärischen Physik. Die eignen sich zwar gut für längerfristige Vorhersage, sind aber rechnerisch sehr aufwendig. Denn aktuelle Wettermodelle berechnen Druck, Temperatur, Luftfeuchtigkeit etc. in einem Raster, in dem sie die miteinander gekoppelten physikalischen Gleichungen, die die Änderung dieser Größen mit der Zeit beschreiben, numerisch lösen. Im Prinzip lässt sich das Wettergeschehen zwar exakt berechnen, aber die Modelle müssen die komplexe Realität reduzieren, sonst wäre der Rechenaufwand zu groß. Insbesondere Wolkenbildung, die für das Wetter eine große Rolle spielt, wird daher in der Regel über Parameter in die Modelle gesteckt. Außerdem sind die Daten aus Wetterbeobachtungen, die als Startwerte in die Berechnung gesteckt werden, lückenhaft.

Die Idee, statt physikalischer Modelle datengetriebene Vorhersagen zu verwenden, liegt nahe. Denn der Rechenaufwand für solche Modelle ist viel kleiner, sie kommen schneller zu Ergebnissen. Weltweit arbeiten Forschungsgruppen seit den 1990er-Jahren auf diesem Gebiet – nicht nur für Wetter- sondern auch für Klimamodelle. Allerdings lässt bisher die Genauigkeit der Ergebnisse zu wünschen übrig.

Pangu-Weather, das Modell von Huawei, verwendet zwei neue Techniken, um die Ergebnisse zu verbessern: Zum einen arbeitet das Team um Kaifeng Bi mit einem Transformer-Modell, das dreidimensionale Daten verarbeitet. Die Software berechnet meteorologische Größen wie Temperatur, Druck, Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit in verschiedenen Höhenschichten. Weil sie die Berechnungen für die unterschiedlichen Höhen innerhalb des Modells untereinander konsistent halten, vermeiden die Forschenden auf diese Weise elegant, dass das Modell unphysikalisch wird – und so aus dem Ruder läuft.

Außerdem erstellt das Modell seine Vorhersagen sequenziell, und nutzt die Vorhersage über eine Stunde als Input für die nächste Zeitstufe – bis es schließlich bei einem Vorhersage-Zeitraum von sieben Tagen anlangt. Auch dieses Vorgehen sorgt offenbar für mehr Konsistenz in den Ergebnissen.

Um die Qualität des Modells zu ermitteln, verglichen die Forschenden die Ergebnisse mit denen existierender numerischer Modelle – nicht direkt mit historischen Wetterdaten. Außerdem kann Pangu-Weather keine Niederschläge vorhersagen – ein notorisch schwieriges, aber praktisch sehr wichtiges Problem der Wettervorhersage. Allerdings waren die Forschenden in der Lage, den Weg eines tropischen Wirbelsturms genau zu verfolgen, obwohl das Modell nicht explizit mit Daten über tropische Wirbelstürme trainiert worden ist. Nach Angaben des chinesischen Wetterdienstes hat Pangu-Weather die Zugbahn des Taifuns Mawar fünf Tage vor seinem Eintreffen in den östlichen Gewässern der Inseln Taiwans präzise vorhergesagt.

Nun zur zweiten in Nature veröffentlichten Studie: Sie zeigt, wie ein Deep-Learning-Algorithmus extreme Regenfälle genauer und mit größerer Vorlaufzeit vorhersagen kann, als bisher führende Methoden. Stürme und Starkregen verursachen große Schäden. Daher ist auch hier der Faktor Zeit entscheidend: Herkömmliche numerische Wettervorhersagen brauchen jedoch zu lange, um zu berechnen, wie sich beispielsweise ein aufziehender Starkregen in den nächsten Stunden weiter entwickeln wird. Hier sollen die sehr viel schnelleren Nowcasts mit tiefen neuronalen Netzen helfen.

Wie bereits andere Forschungsgruppen vor ihnen verwendeten auch Yuchen Zhang und seine Kollegen Radardaten als Input, die Momentaufnahmen von Wettermustern liefern. Das funktioniert in manchen Fällen schon recht gut, versagt aber immer dann, wenn das Muster der Input-Daten zu weit von den gelernten Mustern aus den Trainingsdaten entfernt ist, also beispielsweise bei Extremwetter-Ereignissen. NowcastNet berechnet daher nicht einfach nur, wie sich das Muster der Radardaten in Zukunft entwickelt, sondern gleichzeitig auch, wie sich das zugehörige Feld der Windgeschwindigkeiten entwickelt. Das Muster der Niederschläge im Regenradar ist als im Modell an physikalische Randbedingungen gekoppelt. 62 chinesische Meteorologen bewerteten das System im Vergleich zu anderen ähnlichen Systemen und kamen zu dem Schluss, dass es in etwa 70 Prozent der Fälle die beste Regenvorhersagemethode darstellt.

Technisch sind die beiden neuen Arbeiten also durchaus beeindruckend – wenngleich noch nicht der entscheidende Durchbruch der KI in der Wettervorhersage.

(wst)