Cancer-Moonshot-Studie soll Krebsfrüherkennungstests prüfen

Es gibt Dutzende neuartiger Krebstests, aber bisher hat kaum einer die FDA-Zulassung erhalten.​ Eine Studie soll herausfinden, welche Tests wirklich gut sind.

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(Bild: RossHelen / Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hana Kiros
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Die meisten Krebsarten können bislang nicht zuverlässig erkannt werden, bevor die ersten Symptome auftreten. Tests wie Mammogramme und Pap-Abstriche sind die Ausnahme, nicht die Regel. Um die Erkennung zu verbessern, haben Dutzende von Unternehmen Einzeltests entwickelt, die Anzeichen für mehrere Krebsarten im Blut aus dem Arm eines Patienten erkennen. Jetzt wird in den USA eine nationale Studie vorbereitet, um herauszufinden, wie gut diese Tests wirklich sind.

In einer Rede am Montag in Boston hob Präsident Biden die neuen Bluttests und die bevorstehende Studie als zentrales Element des „Cancer Moonshot“-Programms hervor, mit dem die Zahl der Krebstoten in den USA innerhalb der nächsten 25 Jahre halbiert werden soll. Bidens Rede fiel auf den 60. Jahrestag der Rede von Präsident John F. Kennedy, in der dieser versprach, einen Menschen auf den Mond und wieder zurück zu bringen. Sie war die Inspiration für das aktuelle Moonshot-Programm. Der Begriff Moonshoot geht auf die erste bemannte Mondlandemission Apollo 11 in 1969 zurück. Heute gilt er als Synonym für große, bahnbrechende Experimente ohne gesicherten Erfolg, aber mit einem signifikanten Gewinn im Erfolgsfall.

Die neue vom National Cancer Institute (NCI) geleitete Studie wird 2024 mit der Aufnahme von 24.000 gesunden Teilnehmern beginnen und über einen Zeitraum von vier Jahren testen, wie wirksam verschiedene Bluttests bei der Erkennung von Krebs bei ihnen sind. Wenn die Ergebnisse vielversprechend sind, wird eine fast zehnmal so große klinische Studie beginnen.

Die meisten dieser Tests zur Krebsfrüherkennung suchen nach Überresten von Tumorzellen, die gleichsam explodieren, nachdem das Immunsystem sie angegriffen hat. Trümmer von abgestorbenen Tumoren tauchen in der Blutbahn auf, wo sie möglicherweise entdeckt werden können, um vor Krebs zu warnen, bevor sich jemand krank fühlt. Wird dieser Befund durch bildgebende Verfahren bestätigt, folgt eine Biopsie.

Nur einer dieser Tests wird derzeit in den USA eingesetzt. Die Galleri genannte Früherkennungstest soll mehr als 50 Krebsarten erkennen können und ist auf Rezept für 949 Dollar erhältlich. Da er jedoch nicht von der US-Zulassungsbehörde FDA zugelassen ist, wird er von den meisten Versicherungen nicht übernommen. Neue Daten, die von seinen Entwicklern veröffentlicht wurden, zeigen, dass der Test aus einem Probandenpool von etwa 6.600 Personen, die als gesund galten, bei 35 Personen Krebs entdeckt hat. Bei 26 der erkannten Fälle handelte es sich um Krebsarten, auf die nicht routinemäßig untersucht wird.

Allerdings bleiben Fragen zur Interpretation der Krebsfrüherkennungs-Testergebnisse offen. Nur wenige Bluttests können genau feststellen, in welchem Organ der Krebs tatsächlich sitzt. Um eine Diagnose zu bestätigen, müssen Labortests an potenziell krebsartigem Gewebe durchgeführt werden, aber man kann nicht den gesamten Körper einer Person biopsieren. Falsch-positive Ergebnisse sind nach wie vor ein Problem für die gesamte Krebsvorsorge, bei der man sich durch Unmengen gesunder Tests wühlen muss, um Krebs zu finden. Der Krebsfrüherkennungstest Galleri, der auf dem Weg zu einer breiten Anwendung am weitesten fortgeschritten ist, hat in der oben erwähnten Studie 57 gesunde Blutproben fälschlicherweise als krebsverdächtig eingestuft.

Es besteht auch die Gefahr, dass man etwas überstürzt. Manche Krebsarten werden nie invasiv oder lebensbedrohlich, aber eine frühzeitige Erkennung könnte eine harte Behandlung wie eine Chemotherapie nach sich ziehen. Einige Daten deuten aber darauf hin, dass Spuren weniger besorgniserregender Krebsarten seltener im Blutkreislauf auftauchen, was dieses Problem minimieren könnte.

Die NCI-Studie soll dazu beitragen, zu ermitteln, wie die Ergebnisse von Bluttests auf Krebs zu interpretieren sind. Sie sollte zudem einen Standard-Ansatz für die Einleitung von Krebsfrüherkennungsstudien bieten, da die Unternehmen das Feld mit neuen Tests überschwemmen.

„Ich glaube nicht, dass die meisten Unternehmen ihre Tests direkt miteinander vergleichen wollen“, sagt Timothy Rebbeck, der an der Harvard University über Krebsprävention forscht. „Das ist teuer und schwierig. Also muss es jemand anderes tun, eine neutrale Partei wie das NCI.“ Rebbeck glaubt, dass sich die Bluttests der neuen Studie besonders bei Bauchspeicheldrüsen-, Leber- und Eierstockkrebs als hilfreich erweisen werden. Diese Krebsarten verlaufen häufig tödlich und es gibt keine andere Form der Vorsorge für sie.

Allerdings sind längere Studien erforderlich, um zu bestätigen, dass die durch diese Bluttests gewonnene Zeit Leben rettet. Rebbeck ist trotzdem optimistisch über das Endziel des Cancer Moonshots: „Ich halte es für sehr realistisch, dass wir die Zahl der Todesfälle um die Hälfte reduzieren können.“

(vsz)