Der Futurist: Match des Lebens

Was wäre, wenn ein Algorithmus den perfekten Partner finden würde?

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Der Futurist: Match des Lebens
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jens Lubbadeh
Der Futurist

(Bild: 

Mario Wagner

)

"Was wäre, wenn ...": TR-Autor Jens Lubbadeh und die Redaktion lassen in der Science Fiction-Rubrik der Kreativität ihren freien Lauf und denken technologische Entwicklungen in kurzen Storys weiter.

David war aufgeregt und nippte nervös an seinem Martini. Warum war er nervös? Es war doch eine sichere Sache. Gleich würde er hier in seinem Lieblingsitaliener seinen Perfect Match treffen. Sandra und er hatten sich kaum geschrieben, ja noch nicht einmal telefoniert, sie wussten beide: Es konnte nichts schiefgehen. Sie hatten 96 Prozent Übereinstimmung.

Sein Freund Andi und dessen Perfect Match hatten nur 91 Prozent und waren nun seit drei Jahren glücklich verheiratet. Der Algorithmus von „Perfect Partner“ irrte eben nie. Tatsächlich las und hörte man überall nur Erfolgsgeschichten des Dating-Portals, das innerhalb kürzester Zeit zum Marktführer aufgestiegen war.

Jetzt kam sie, seine Mrs. Perfect: halblange braune Haare, grüne Augen, das warme Lächeln, Sandra sah genauso aus wie auf den Fotos, die er stundenlang betrachtet hatte.

„Hallo! Ich bin Sandra.“ Natürlich gefiel ihm auch ihre Stimme auf Anhieb.

TR 6/2020

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 6/2020 der Technology Review. Das Heft ist ab 14.5.2020 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

Der Abend lief wie erwartet blendend. Doch als er von einem Toilettengang zurückkam, war Sandra plötzlich verschwunden. Er verstand gar nichts mehr. Warum war sie abgehauen?

Noch in der U-Bahn erhielt er eine Nachricht: „David, du bist ein ganz toller Mann. Bitte sei nicht böse, aber Perfect Partner hat mir einen 97-Prozent-Match angeboten. Ich hoffe, du kannst das verstehen.“ Wenig später war ihr Profil verschwunden.

Ein Jahr danach saß David in der Küche und aß die Lasagne, die Eva gemacht hatte. Sie liebten beide italienisches Essen. Eva war Davids neuer Perfect Match, mit immerhin noch 92 Prozent. Sie wollten bald heiraten.

„Schatz, das war sensationell“, sagte David und lehnte sich zurück. Eva strahlte und setzte sich auf seinen Schoß. „Habe ich dir eigentlich gesagt, wie glücklich ich mit dir bin?“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Er spürte sein Smartphone vibrieren. Eine Nachricht. Eva stand auf und räumte das Geschirr ab, während er sein Telefon checkte. Es war eine Nachricht von Perfect Partner. Komisch, er hatte sich doch längst abgemeldet?

„Neuer Perfect Match gefunden. Sandra. 96 Prozent. Jetzt kontaktieren?“

Seine Hand zitterte.

„Schatz, möchtest du noch einen Espresso?“, rief Eva ihm zu. „Äh, ja, gern“, sagte er und tippte auf den Kontaktieren-Button.

Eine Woche später war er bei seinem Lieblingsitaliener. Mit Sandra. „Schön, dass wir uns wiedersehen“, sagte sie und strahlte ihn an. „Damit hätte ich nicht mehr gerechnet“, sagte David. „Ich war traurig, als du damals einfach weg warst.“

Aber hatte er es vor wenigen Tagen mit Eva nicht genauso gemacht?

„Warum bist du wieder Single? Hat sich der Algorithmus geirrt?“

Sandra schüttelte den Kopf. „Nein. Mein Mr. Perfect hat einen besseren Match bekommen.“

Ihr Gesicht erstarrte plötzlich. „Oh nein, da ist er.“ David drehte sich um. Den Mann, der hereinkam, kannte er nicht. Wohl aber seine Begleitung: Es war Eva.

Als sie ihn erblickte, lächelte sie und kam auf ihn zu.

„Eva“, begann David zu stammeln, „äh, ich, es tut mir...“

„Danke, David, dass du mich verlassen hast! Nur so konnte ich meinen 99-Prozent-Match finden.“

(bsc)