Der Weg zur sparsamen und umweltverträglichen Heizung

Die Energiepreise explodieren und Gaskunden müssen zusätzlich die Gasumlage schultern. Doch es gibt viele Möglichkeiten, Heizenergie einzusparen.

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, Moritz Reichartz

(Bild: Moritz Reichartz)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Georg Schnurer
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Die enormen Preissteigerungen bei fossilen Energieträgern beschleunigen den Umstieg auf erneuerbare Heizenergiequellen. Heizöl kostet momentan (Stand Mitte August 2022) gut 17 Cent pro Kilowattstunde. Der Gaspreis liegt mit knapp 18 ct/kWh nur knapp darüber. Für Strom zahlt ein privater Haushalt bei Neuverträgen momentan etwa 42 ct/kWh. Heizen mit Strom ist also aktuell am teuersten. Dennoch wird Strom in Zukunft eine entscheidende Rolle beim Weg zum cleveren Heizen spielen.

Wer jetzt mit Blick auf den kommenden Winter in Aktionismus oder gar Panik verfällt, sollte sich entspannen und zunächst gründlich mit dem Thema beschäftigen. Eilige Umbaumaßnahmen kann man angesichts der aktuellen Auslastung von Handwerkern ohnehin knicken und auch die Lieferzeiten von Wärmepumpen und Baustoffen sind derzeit extrem lang.

Dazu kommt, dass Energieberater keine Termine mehr vergeben und Heizungsbauer kaum noch Kostenvoranschläge erstellen. Wir liefern deshalb hier das nötige Basiswissen, damit Sie dem Energieberater und dem Heizungsbauerdie richtigen Fragen stellen können – wenn die mal Zeit für Sie haben.

Als Alternativen zur konventionellen Öl- oder Gasheizung standen Holz- oder Pelletheizungen lange Zeit hoch im Kurs. Sie galten als klimaneutral, doch in der Praxis verbrennen wir in Deutschland und sogar weltweit schon jetzt mehr Holz, als nachwächst. Wir blasen mit einer Holzheizung daher mehr CO₂ in die Umwelt, als Bäume gleichzeitig binden können. Unterm Strich hat "Heizen mit Holz" also einen negativen Effekt auf den Klimawandel.

Doch auch unabhängig vom Klimaaspekt hat Heizen mit Holz keine Zukunft. Da mehr Holz verbrannt wird, als nachwächst, werden Brennholz und Pellets knapp. Dadurch steigt der Preis für diesen Brennstoff beinahe ebenso rasant wie der für Gas oder Öl. Es mag lokale Nischen für den wirtschaftlichen Betrieb einer Holz- oder Pelletheizung geben, doch eine Lösung für unser Klimaproblem und das Heizproblem der allermeisten ist das nicht.

Zudem ist Holz ein gefragter Rohstoff für nachhaltiges Bauen. Und verbaut in einem Gebäude bleibt das einstmals von den Bäumen aus der Atmosphäre gefischte CO₂ gebunden und trägt so tatsächlich zur CO₂-Reduktion bei.

(Bild: Quelle: Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen, Energiebilanzen für die Bundesrepublik Deutschland 1990 bis 2018, Stand 04/2020)

Wie sieht es mit grünem Wasserstoff als direkten Gas-Ersatz aus? Statt Erdgas strömt dann mit Ökostrom aus Windkraft- oder PV-Anlagen produzierter Wasserstoff durch die Leitung. Der Nutzer einer Gasheizung muss – abgesehen von der Einlassdüse am Brenner – nichts ändern.

Was zunächst lockt, hat allerdings Nachteile. Zum einen ist grüner Wasserstoff aktuell noch viel zu selten und obendrein zu teuer. Das wird sich zwar ändern, ein grundsätzliches Problem bleibt aber: Gas – und auch Wasserstoff – ist eigentlich viel zu wertvoll, um es in der Heizung daheim zu verbrennen.

Gas und Wasserstoff werden in vielen industriellen Prozessen benötigt, wo sie weit mehr als nur ein Energie- und Wärmelieferant sind. Auch im Verkehrssektor ist Wasserstoff besser aufgehoben als in der Heizung. Deshalb sollte man Gas, Wasserstoff und natürlich auch Erdöl nur da einsetzen, wo es keine Alternativen gibt.

(Bild: Quelle: Verivox-Verbraucherpreisindex, Stand 1.08.2022)

Zum zukunftsorientierten Heizen bieten sich Wärmepumpen an: Sie arbeiten zwar primär mit Strom, erzeugen aber aus elektrischer Energie viel mehr Wärme als ein klassischer Heizlüfter, denn die Wärmepumpe entnimmt der Umgebung Wärmeenergie.

Mithilfe einer Kilowattstunde Strom schöpft eine Wärmepumpe zwischen 2,8 und knapp 5,8 Kilowattstunden Wärme. Bei passender Konstruktion kann eine Wärmepumpe auch zum Kühlen eingesetzt werden, was angesichts der immer heißer werdenden Sommer in unseren Breiten ein wichtiger Nebeneffekt ist.

Billig ist die Installation einer Wärmepumpe allerdings nicht. Eine typische Umrüstung einer Gas- oder Ölheizung schlägt mit 25.000 bis 40.000 Euro zu Buche. In einem weiteren Beitrag haben wir für Sie beschrieben, wie eine Wärmepumpe funktioniert.

Der Wärmegewinn einer Wärmepumpe hängt von den Arbeitsbedingungen und der Bauform des Geräts ab. Generell gilt: Je höher und konstanter die Temperatur am Entnahmeort ist und je geringer die zu erzeugende Abgabetemperatur, desto effektiver arbeitet eine Wärmepumpe. Deshalb sind niedrige Vorlauftemperaturen im Heizkreislauf eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb.

Zudem arbeitet eine Wärmepumpe umso störungsfreier, je gleichmäßiger sie belastet wird. Es kann sich deshalb lohnen, in einen Pufferspeicher zu investieren. Der hält dann die tagsüber eingesammelte Wärme für die Nacht bereit. Mächtige Pufferspeicher, mit denen es gelingt, die Wärme des Sommers im Winter zum Heizen zu nutzen, gibt es auch. Allerdings sind solche Anlagen groß und teuer, weshalb sie sich nur für Bauprojekte mit vielen Wohneinheiten rentieren. In einem weiteren Beitrag haben wir zusammengefasst, wie langfristige Wärmespeicherung funktionieren kann.

Doch warum soll man den Umweg über eine Wärmepumpe nehmen, wenn man die Sonne direkt als Heizquelle nutzen kann? Moderne Flächen- oder Röhrenkollektoren setzen die Wärme der Sonne direkt um. Wenig Dachfläche reicht aus, um im Sommer das Warmwasser aufzuheizen und im Winter die Heizung zu unterstützen. Als alleinige Wärmequelle für den Winter reichen Solarkollektoren in unseren Breiten allerdings nur, wenn das Haus extrem gut gedämmt ist und zusätzlich die Wärme über ein Lüftungssystem zurückgewonnen wird.

Beim Heizungswechsel im Bestand lohnt sich eine neu zu errichtende Solarthermieanlage nur selten. Sie treibt den Installations- und Regelungsaufwand in die Höhe, macht das Heizsystem komplexer und ist damit anfälliger für Störungen. Meistens ist es sinnvoller, die zur Verfügung stehende Dachfläche mit PV-Modulen auszustatten. Ist bereits eine Solarthermieanlage installiert, kann man sie über einen Pufferspeicher mit mehreren Heizkreisen aber recht gut mit einer Wärmepumpe kombinieren. Ob sich das letztlich rechnet, hängt stark von den Bedingungen im Gebäude ab.

(Bild: Quelle: Umweltbundesamt, Stand: 10. März 2022)

Die Kombination aus Photovoltaikanlage und Wärmepumpe ist hingegen immer eine gute Idee: Der von der PV-Anlage erzeugte Strom versorgt den Haushalt und die Wärmepumpe, ein Batteriespeicher überbrückt die Nacht und überschüssiger Strom ist im Pufferspeicher der Wärmepumpe besser aufgehoben als im öffentlichen Stromnetz. Schließlich beträgt die Einspeisevergütung bei neu errichteten PV-Anlagen nur noch wenig mehr als 6 Cent pro Kilowattstunde.

Eine andere sinnvolle Nutzung von überschüssigem Strom aus der PV-Anlage ist die Erzeugung von eigenem Wasserstoff. Allerdings ist dazu erst einmal eine Investition in sechsstelliger Höhe erforderlich. Zudem funktioniert das wirtschaftlich nur, wenn die PV-Anlage so groß ist, dass im Sommer genug Wasserstoff für den Winter produziert wird. Im Beitrag Vom Passivhaus zur Energieautarkie haben wir beschrieben, wie so ein System aussehen kann.

Um effektiv zu heizen, muss das Gebäude gut isoliert sein. Deshalb sollte man eine Wohnung oder ein Haus immer ganzheitlich betrachten und dann zunächst die naheliegendsten Maßnahmen durchführen. In der Regel investiert man sein Geld am effektivsten zunächst in eine sinnvolle Gebäudeisolierung. Im zweiten Schritt bietet sich oft die Installation einer Photovoltaikanlage an, da sie durch den selbsterzeugten Strom unmittelbar Geld spart und zudem später die elektrische Energie für die Wärmepumpe liefert.

Im dritten Schritt geht es dann an die Erneuerung oder auch nur Ertüchtigung der Heizungsanlage. Schon die regelmäßige Wartung und Reinigung der bestehenden Heizung spart einiges an Energie. Werden in der Wohnung einige Räume nie richtig warm, lohnt ein vom Fachmann durchgeführter hydraulischer Abgleich der Heizkörper. Auch intelligente Thermostate und andere Nachrüst-Technik für sparsames Heizen helfen, Geld zu sparen.

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