Echter Pelz aus dem Labor: Fendi lässt an Biotech-Alternative forschen

Im Auftrag des Modelabels programmieren Forscher am Imperial College London Hefezellen dazu um, Pelzhaar-Bausteine herzustellen.

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Für echte Pelze wie diese Bargusinski-Zobelfelle auf der Pelzmesse Mifur in Mailand will das Modelabel Fendi eine tierfreie und dennoch haptisch authentische Alternative schaffen.

(Bild: Kuerschner / gemeinfrei)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

(This article is also available in English)

Viele Modelabels haben sich von Produkten mit echtem Pelz verabschiedet. Luxushersteller wie Gucci und Prada haben sich gemeinsam mit Massenmarken wie H&M und C&A zu einem Fur-Free-Retailers-Programm verpflichtet. Nur das zum Luxuskonzern LVMH gehörende Modelabel Fendi hält weiter an echtem Pelz fest. Nun sucht Fendi zusätzlich auch nach Alternativen, die Pelzliebhabern das echte Feeling vermitteln sollen. Bisherige Kunstpelz-Produkte sehen zwar oft echt aus und zieren durchaus auch Luxusprodukte, fühlen sich aber meist nicht echt genug an.

Für sein Vorhaben holt sich das Modelabel Hilfe aus der Biotechnologie und finanziert ein zweijähriges Forschungsprojekt am Imperial College London. Unter der Leitung des Bioingenieurs Tom Ellis soll der deutsche Biochemiker Pascal Püllmann die Vorläufer von Pelzhaaren mithilfe von gentechnisch angepassten Hefezellen herstellen. Pelzhaare bestehen nämlich, ähnlich wie unsere Haare und Nägel, aus Kombinationen des Proteins Keratin. Hat man dazu die DNA-Bauanleitung, lässt sich diese in die Hefezellen einschleusen, die daraus die Proteine herstellen.

Säugetier-Genome enthalten allerdings 100 bis mehr als 200 Keratin-Gene. Je zwei dieser Keratin-Varianten lagern sich selbständig zusammen und ergeben – in ausreichender Menge – die große Vielfalt bei den Pelzhaaren, aber auch beim menschlichen Haar und unseren Nägeln etwa. Dazu kommen Keratine auch als strukturelle Bausteine etwa in Hautzellen vor.

Püllmann ist Hefespezialist und hat in seiner Doktorarbeit bereits viele Hefe-Produktionssysteme entwickelt. Auch bei diesem Forschungsprojekt muss er zum einen Hefezellen passend modifizieren, damit sie die gewünschten Proteine nicht nur effizient herstellen, sondern auch in die sie umgebende Nährflüssigkeit ausschleusen. Von dort lassen sich die Keratine dann aufreinigen. Parallel dazu wird er auch in den DNA-Sequenzdatenbanken geeignete Pelz-Keratin-Varianten und Kombinationen suchen und in die Hefezellen einfügen.

Das Projekt ist eins der ersten seiner Art, da es ein Produkt mit zwei Bausteinen herstellen will. Bisherige Naturprotein-Produktionen konzentrierten sich auf Polymere wie Kollagen, die aus Einzelbausteinen (Monomeren) bestehen:

Es wäre einfacher, aus Pelztier-Haarfollikeln die RNA-Zwischenstufe von Keratinen zu extrahieren und zu sequenzieren. Doch die Vorgabe von Fendi ist streng: Echte Tiere dürfen nicht einmal für die Entnahme winzige Proben berührt werden. Nur existierende Sequenzdatenbanken sind erlaubt.

"Wichtig ist, dass es in dem Projekt nicht darum geht, Hefezellen ganze Fellhaare produzieren zu lassen. Dafür sind die Hefen im Vergleich zu den Haaren viel zu klein. Wir nutzen die Zellen als Biofabriken, um Fell-Bausteine herzustellen", erklärt Ellis. Die beiden Keratin-Moleküle lagern sich dann jeweils selbständig zusammen und bilden eine Art Mikrofaser. Projektpartner von der Londoner Kunst- und Designhochschule Central Saint Martin sollen dann untersuchen, wie sich die Fasern zu Pelz verarbeiten lassen und wie gut die Kundenakzeptanz wäre.

Gelingt es, die richtigen Keratine zusammenzubringen, sollte sich der Pelz aus dem Labor später nicht nur wie echter Pelz anfühlen, sondern sich aufgrund seiner Struktur auch genauso verhalten. "Echter Pelz ist schnee- und eis-abweisend. Auf Kunstpelz bleibt er dagegen haften und verklumpt", sagt Ellis.

(vsz)