Ein Monopolist schlägt zu

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Von
  • Wolfgang Möhle

Vorgeschichte: Noch zu seligen NT-4-Zeiten, Mitte 1998, brachte Microsoft einen ersten Terminalserver, damals noch als eigenständiges NT-Produkt, auf den Markt. Die zugrunde liegende Technik hatte man von Citrix erworben. Citrix pflegte noch eine Zeit lang das eigene Produkt Winframe weiter, konzentrierte sich dann aber auf Metaframe, ein reines Add-on für den Redmonder Terminalserver.

Geschichte: Mit dem Windows 2000 Server wurde - mit oder ohne Citrix-Aufsatz - die Terminalserver-Infrastruktur hoffähig. IT-Verantwortliche konnten in einem reinen Microsoft-Umfeld diese Technik ohne Mehrkosten einführen. Waren die Clients noch nicht mit einem aktuellen Desktop-Betriebssystem aus Redmond beglückt, konnte man die ohnehin angesagte Aktualisierung durchführen oder für - wertmäßig gesehen - eine halbe Workstation-Lizenz beispielsweise einen Windows 95-Client andocken.

Als Folge ist in unzähligen Unternehmen mit der Einführung der Terminalserver ein flächendeckendes Desktop-Upgrade einhergegangen. Eine halbe Lizenz wäre übrigens auch für Linux-basierte Thin-Clients oder andere Terminals zu entrichten, was diese Geräte gegenüber abgespeckten PCs, die die gleiche Arbeit verrichten können, nicht gerade preisgünstig erscheinen ließ.

Gegenwart: Seit der Einführung der 2003-Server gilt dieses Modell nicht mehr. Mit der fadenscheinigen Begründung, das Lizenzmodell zu vereinfachen, verlangt Microsoft, dass nun für alle Clients - unabhängig vom installierten Betriebssystem - so genannte Terminalserver CALs zu entrichten sind. Diese CALs summiert sind teurer als die entsprechend ausgestattete Serverlizenz selbst. Beispielrechnungen sind in dem Artikel „Mit oder ohne Aufsatz“ auf Seite 78 in iX 2/04 zu finden.

Erst treibt man Unternehmen mit der Aussicht auf kostenlosen Terminalserver-Zugriff zur Migration auf aktuelle PC-Betriebssysteme, und wenn das gelaufen ist, reichts dann plötzlich nicht mehr. Als man das in Redmond durchgerechnet hatte, bekamen die Mannen um Bill Gates wohl doch kalte Füße und bieten nun eine halbherzige „Übergangsregelung“ für Unternehmen an, die bereits Windows XP Professional einsetzen. Das ganze Lizenzmodell ist auf der Website von Microsoft einzusehen und ausgedruckt mehr als sechs Seiten lang.

Die Folgen: Die von Microsoft immer hochgehaltenen Begriffe wie Verlässlichkeit und Investitionsschutz kann man nach dieser Lizenzänderung wohl endgültig vergessen. Ein Monopolist ist wohl immer auf Profitmaximierung aus, auf einen Sättigungsgrad zu hoffen ist blauäugig.

Wenn die Redmonder nun aber selbst von betriebssystemunabhängigen Terminalserver CALs sprechen, sollte man sie beim Wort nehmen. Ich bin nun wahrlich kein großer Linux-Fan - die GUI erreicht bei weitem nicht den Integrationsgrad eines Windows XP -, aber in den Fällen, wo auf Arbeitsplatzrechnern ausschließlich der gesamte Terminalserver-Desktop, also ohne Einbindung lokaler Anwendungen läuft, wäre eine schlanke Linux-Distribution mit RDP-Client eine prima Alternative. Und besser als die „nachgemalten“ KDE- und Gnome-GUIs sowieso.

Vielleicht kann man in einigen Monaten die Überschrift ergänzen: Ein Monopolist schlägt zu und zieht dabei den Kürzeren. (wm)