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IAA Mobility: Technische Innovationen von Zulieferern

Autonomes Fahren und die Elektrifizierung von Antrieben wird nicht nur von den Autoherstellern selbst, sondern auch durch Zulieferer vorangebracht.

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Webasto

An einem Showcar zeigt Webasto verschiedene Ideen, die von einem kompakten Dachmodul mit Sensoren für autonomes Fahren, einer effizienten Heizung bis hin zu einer eigenen Batterie samt smarten Ladelösungen reicht.

(Bild: Webasto)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Autohersteller ziehen auf den großen Messen noch immer die Hauptaufmerksamkeit auf sich, so auch auf der IAA Mobility. Andererseits wurde und wird ein erheblicher Teil von Innovationen bei Zulieferern erdacht. Wir haben uns in den Münchener Messehallen angesehen, was abseits der Autohersteller an spannenden Technik-Neuheiten gezeigt wird.

Die ganz große Euphorie mag vorbei sein, doch das autonome Fahren bleibt weiterhin ein Thema, in deren Entwicklung viel Geld fließt. Mit jedem weiteren Fortschritt in diesem Bereich steigen die Anforderungen an Hard- und Software enorm. Dennoch sind sich viele Zulieferer sicher, diese Entwicklung profitabel begleiten zu können. Die Großen in der Branchen versuchen sich mit Komplettlösungen, Autoherstellern soll ein Gesamtpaket aus Hard- und Software angeboten werden. Bosch ist nur ein Anbieter von vielen, die darauf hoffen, dass sich die Investitionen auszahlen.

Allein ist die Entwicklungsarbeit finanziell kaum zu stemmen. Webasto zum Beispiel kommuniziert das unmissverständlich: Man arbeite eng mit "den marktführenden Lieferanten" wie Bosch, Hesai, Innoviz Technologies, Luminar und Robosense zusammen. Ein Versuchsträger mit 21 Kameras, die das Umfeld beobachten, kann auf der IAA besichtigt werden. Level 4 des autonomen Fahrens soll damit möglich sein: Der Fahrer muss in einem spezifizierten Szenario das Auto nicht mehr überwachen. Interessant auch, das Webasto gewissermaßen seine bisherigen Geschäftsfelder nicht vernachlässigt, sondern integriert. Das Dachmodul ist so kompakt, dass sich autonomes Fahren auch mit einem Schiebedach oder in einem Cabrio umsetzen lässt.

Webasto zeigt die kompakte Integration von Sensoren für das autonome Fahren im Dach.

Velodyne demonstriert den aktuellen Entwicklungsstand bei der Objekt- und Personenerkennung zu. "Auf der IAA Mobility zeigen wir, wie die Sensoren und die Software von Velodyne eine breite Palette von Kundenanforderungen erfüllen, um sichere Mobilität und intelligente Stadtinfrastrukturen weltweit zu ermöglichen", erklärt Europa-Vizechef Erich Smidt.

ZF zeigt auf der IAA das Modell des "Supercomputers ZF ProAI", der autonomes Fahren bis Level 5 erlauben soll. Er kann mit Prozessoren von verschiedenen Herstellern bestückt und soll dank standardisierter Stecker problemlos integriert werden können. ZF liefert auch die passende Software dazu, es kann auch eine eigene installiert werden. Die maximale Rechenleistung liegt bei bis 1000 Tera-OPS. Gleichzeitig verspricht ZF bis zu 70 Prozent weniger Stromverbrauch im Vergleich zum Vorgängermodell. Eigenen Angaben zufolge habe man die ersten Kunden schon gewinnen können, ab 2024 ist mit einem Serieneinsatz zu rechnen.

Dieses Modul von ZF dient dem autonomen Fahren. Es kann mit verschiedenen Prozessoren und Software-Lösungen bestückt werden.

Ob nun 5G oder Vernetzung mit der Umgebung, Gesichtserkennung oder Personalisierung: Der Bedarf an Rechentempo wird nicht nur durch autonomes Fahren in den kommenden Jahren steigen. Qualcomm hat sich mit den Snapdragon-Prozessoren in Tablets und Smartphones einen guten Ruf erarbeitet. Nun will man auch im automobilen Bereich Fuß fassen und zeigt in München den Snapdragon 8155. Das erste Serienauto damit wird der Wey Coffee 01. Da ein Prozessor sich auf einer Publikumsmesse als Anschauungsobjekt kaum eignet, zeigen die Kalifornier das "Snapdragon Automotive Cockpit Platforms" für Infotainmentsysteme in der 4. Generation.

Qualcomm will sich im Markt der Prozessoren für Autos etablieren. Der Snapdragon 8155 soll eine hohe Rechenleistung bieten.

Der Trend, Autohersteller fertige Module anzubieten, ist nicht neu und auch im Antriebsbereich zu sehen. ZF zeigt einen modular aufgebauten E-Antriebsstrang, der eine enorme Leistungsvariabilität mitbringt. Je nach Anforderung kann die pro Motor zwischen 75 und 400 kW betragen. ZF verspricht, die Entwicklungszeit im Idealfall zu halbieren. In einem sich immer weiter beschleunigenden Umfeld ist das sicher nicht das schlechteste Argument, Entwicklungen an einen Zulieferer auszulagern.

ZF stellt einen modularen E-Autoantriebsbaukasten vor, der eine enorme Leistungsbandbreite erlaubt. Zwischen 75 und 400 kW sind möglich.

Durch die Förderung über die Kreditanstalt für Wiederaufbau sind Wallboxen zu einem begehrten Gut geworden. Sie versprechen gegenüber einer 230-Volt-Steckdose nicht nur mehr Tempo, sondern auch mehr Sicherheit. Trotzdem ist das gemächliche Laden keineswegs unwichtig geworden. Gerade unter den ladewilligen Plug-in-Hybrid-Fahrern wird es weiterhin Nutzer geben, denen die Ladegeschwindigkeit an einer gewöhnlichen Steckdose für ihre Zwecke genügt. Bosch zeigt auch für sie ein Ladekabel ohne das übliche Vorladegerät. Die Funktionalität des Ladeziegels wird dabei verteilt: Im Typ-2-Stecker, der ins Auto eingesteckt wird, befinden sich die Komponenten zum Steuern und Überwachen der Ladeleistung.

Bosch stell ein Ladekabel vor, bei dem die Funktionalität des bisherigen Ladeziegels verteilt wurde. Vorteil für den Kunden unter anderem: Wenig Gewicht.

Am anderen Ende sind im Stecker für die 230-Volt-Steckdose Adapter für die Temperaturkontrolle sowie Fehlerstromschutzschalter untergebracht. Damit soll sichergestellt sein, dass es auch beim Laden an der 230-Volt-Steckdose mit bis zu 2,3 kW Ladeleistung zu keiner Überlastung oder Überhitzung kommt. Wenn nötig schaltet die Sicherheitstechnik ab, bevor ein kritischer Wert erreicht wird. Ein Vorteil für die Kunden ist das geringere Gewicht: Das neue Ladekabel soll weniger als 3 kg wiegen. Zu kaufen ist das Kabel ab Mitte 2022. Womöglich liegt es dem ein oder anderen Neuwagen sogar bei, denn Bosch will auch den Autoherstellern ein Angebot machen.

(mfz)