Jobs in der Autoindustrie: Packaging von MEMS-Sensoren

Burcu Rodenbusch-Mohr ist Technische Projektleiterin 1st Level Packaging von MEMS-Sensoren im Bosch-Geschäftsbereich Automotive Electronics in Reutlingen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 11 Kommentare lesen

(Bild: Bosch)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Clemens Gleich

Die Autoindustrie und auch ihre Zulieferer befinden sich mitten in einem disruptiven Wandel. Allein schon der Wechsel vom Verbrennungs- auf den Elektromotor wird eine der Schlüsselindustrien fundamental verändern, auch und gerade in der Arbeitswelt. Zahlreiche Jobs werden entfallen, gleichzeitig neue entstehen und viele sich verändern. In einem Themenschwerpunkt wollen wir Arbeitsplätze in der Autoindustrie und ihren Zulieferern beleuchten, die es vor ein paar Jahren in dieser Form noch nicht gab, aber in den nächsten zehn Jahren an Bedeutung zunehmen werden. Firmen werden sich noch stärker als aktuell schon auf die Suche nach entsprechend ausgebildeten Mitarbeitern machen. Ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt dürften exzellent sein.

Für unsere Reihe "Jobs in der Autoindustrie" erzählt in dieser Folge Burcu Rodenbusch-Mohr von ihrer Arbeit bei Bosch am Standort Reutlingen im Bereich mikromechanische Sensoren. Diese Sensoren sind in allen Arten von Fahrzeugen, aber auch Unterhaltungsgeräten unverzichtbar geworden; sie messen die Bewegungen von Fahrzeugen und Smartphones für Sicherheits- und Nutzerinterface-Funktionen. Die mikromechanischen Strukturen müssen zusammen mit anderen elektronischen Bauteilen kombiniert werden, die Autoindustrie nennt das "Packaging". Das Packaging schützt die Halbleiterelemente zudem vor Umwelteinflüssen, wie sie vor allem in Fahrzeugen vorkommen. Allein die Vibrationen an einem Motorrad mit tragender Motor-Getriebe-Einheit können schon ohne äußere Einflüsse Beschleunigungen von 60 G überschreiten. Die Inertialsensoreinheit muss dennoch exakte Signale liefern für ABS und Traktionskontrolle.

Was ist dein Job?

Ich arbeite im Bereich der MEMS-Sensoren (Mikro-Electro-Mechanical-Systems). Diese sind ein elementarer Bestandteil heutiger und zukünftiger Fahrzeugsicherheit, da sie Sicherheitsfunktionen wie den Airbag überhaupt möglich machen. Die MEMS-Sensoren erlauben auf kleinstem Bauraum Messungen von Beschleunigung, Drehraten und Druck und liefern damit alle Informationen, um die Bewegung des Fahrzeugs zu überwachen.

In jedem modernen Auto sind heutzutage mehr als 50 MEMS-Sensoren verbaut. Und auch im Alltag sind die MEMS-Sensoren nicht mehr wegzudenken. Sie begegnen uns in beispielsweise in vielen mobilen Geräten wie Smartphones, Smart Watches oder Laptops. Typischer Einsatz ist die Erkennung der Bewegung (etwa in Schrittzählern), in der Steuerung von Spielkonsolen sowie in der Ausrichtung von Displays.

Ein mikromechanischer Sensor aus Silizium wird mit einer separaten Auswerteschaltung kombiniert. Rechts die typischen MEMS-Kammstrukturen mit Größenvergleich und Skala.

(Bild: Bosch)

In meinem Job bin ich verantwortlich für die Entwicklung von "First Level Packages" für Automotive- und Consumer-MEMS-Sensoren. Dafür bringe ich verschiedene Silizium-Chips wie Auswerteschaltungs-ASICs und MEMS-Sensor-Chips in einem Gehäuse zusammen. Dieses sogenannte "First Level Package" schützt MEMS- und ASIC-Chips vor Umwelt- und mechanischen Einflüssen und stellt die Schnittstelle für die Weiterverarbeitung bereit.

Was sind die typischen Aufgaben darin?

Ich bin verantwortlich für die Erstellung von neuen Konzepten für das Gehäuse eines Halbleiter-Chips, sogenannten Packages, und entwickle die Herstellungsprozesse. In einem Gehäuse befinden sich bis zu vier unterschiedliche Halbleiter-Chips, die jeweils gesägt und aufgeklebt werden müssen. Die einzelnen Chips müssen durch Bonddrähte miteinander verbunden werden. Zum Schutz wird das Package mit Kunststoff vergossen oder mit einem Deckel versehen.

Anders als typische digitale Halbleiter-Chips reagieren MEMS-Sensoren sehr empfindlich auf äußere Einflüsse und können daher nicht mit Standardverfahren aufgebaut werden, da eine kleine Verbiegung bereits zu einem fehlerhaften Signal führen kann. Für jedes Produkt müssen die verwendeten Materialien (wie Klebstoffe, Leiterplatten) und Verfahren sorgfältig gewählt werden.

Ich führe die Entwicklung zusammen mit unseren Zulieferern durch, bei denen die Gehäuse dann in Hochvolumina hergestellt werden. Mein Job ist erledigt, nachdem der Serienanlauf und die Übergabe an die Fertigungskolleginnen erfolgt ist.


Finden Sie ihren neuen Arbeitsplatz bei einem Zulieferer oder in der Autoindustrie - mit unserer Jobbörse heise/Jobs

Worin besteht die Besonderheit des Jobs?

Der Job ist von essenzieller Bedeutung für die Halbleiterindustrie, da Halbleiter-Chips erst mit Gehäuse überhaupt verwendet werden können. Gerade bei den MEMS-Sensoren ist oft das Gehäuse sogar ein wesentlicher Faktor für Funktion und der Anwendung im späteren Produkt. MEMS-Sensoren von Bosch werden in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt: vom Lkw bis zum Kopfhörer. Die damit verbundenen vielfältigen Herausforderungen finde ich superspannend und sehr abwechslungsreich.

Zu meinem Job gehört auch der enge Austausch mit den Lieferanten der verschiedenen Materialien, die für das Gehäuse verwendet werden, und von den Fertigungsanlagen, die für die Serienfertigung gebraucht werden. Diese wichtigen Lieferanten sitzen überall auf der Welt, insbesondere aber in Asien. Wir halten mit diesen Lieferanten engen Kontakt über Telefon, Videokonferenzen und durch Besuche vor Ort.

Was bedeutet die Stelle im Konzern Bosch?

MEMS-Sensoren sind heute unverzichtbar in Fahrzeugen und elektronischen Geräten. Daher sind sie eines der größten Wachstumsfelder für Bosch. Mit meiner Arbeit entwickle ich die Packaging-Technologien und Konzepte für die MEMS-Sensoren für morgen. Denn unser Ziel ist es, möglichst viele Gegenstände des Alltags durch Sensorik mit Kontextbewusstsein und situationsgerechter Intelligenz aufzuwerten – getreu dem Bosch-Motto "Technik fürs Leben".

Wie sind Sie in diesen Job gekommen?

Ich habe in der Forschung und Vorausentwicklung bei Bosch in Renningen im Rahmen Doktoranden-Programms von Bosch über Molding-Technologien promoviert. Dadurch hatte ich bereits Erfahrung im Bereich Aufbau- und Verbindungs-Technik und so hat die Stelle hier bei Automotive Electronics mein Interesse geweckt.

Welche Ausbildung(en) brauchen Leute, die sich für den Job interessieren?

Es gibt keinen speziellen Verpackungsstudiengang (oder "Packaging"-Studiengang), deshalb sind Kenntnisse aus verschiedenen Bereichen wie Physik, Chemie, Elektrotechnik und Werkstoffkunde von Vorteil.

Welche Interessen sollte man haben, um den Job motiviert machen zu können?

Interkulturelle Kompetenz wird bei uns großgeschrieben. Man sollte auch gerne in multidisziplinären Teams arbeiten können.

Vervollständige den Satz für Interessierte an diesem Job: "Um hier seinen Platz zu finden, brauchst du ..."

... viel Neugierde und Spaß an technischen Herausforderungen, die in multidisziplinären Teams und in einem internationalen und hochtechnologischen Umfeld gelöst werden.

(cgl)