Mit UV-Licht und gedruckten Quantenpunkten zum Mikro-LED-Display

Applied Materials will rote, grüne und blaue Nanopartikel in Pixelmulden drucken und mit einem vierten Subpixel teure Defekte in Brillendisplays beseitigen.

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Frau mit Brille und roten, grünen und blauen Fingernägeln

(Bild: Ulrike Mai, Pixabay)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Robert Raikes
Inhaltsverzeichnis

Applied Materials hat einen überraschenden Weg für die Herstellung von Mikro-LED-Displays für VR- und AR-Brillen gefunden. Das Unternehmen gilt als wichtiger Lieferant von Ausrüstung für die Flachbildschirmindustrie. Zunächst hatte Applied eine Reihe von Optionen für die Mikro-LED-Produktion geprüft, aber bei jedem Ansatz Nachteile festgestellt:

  • Nanodrähte sind interessant, erfordern aber eine sehr genaue Dotierung, um Licht in verschiedenen Farben in den Nanodrähten zu erzeugen. Das ist ein schwieriges wissenschaftliches Projekt, aber es ist lösbar, glaubt Applied.
  • Massentransfer von RGB-LEDs. Dies ist machbar, doch das Unternehmen rechnet mit erheblichen Problemen beim Umgang mit kaputten Pixeln und anderen Defekten.
  • Blaue LEDs mit Farbumwandlung.

Die Massenproduktion von Mikro-LED-Displays wirft derzeit viele Probleme bei Kosten, Ausbeute und Performance auf.

(Bild: Applied Materials)

Nach eingehender Prüfung entschied sich das Unternehmen daher für den Einsatz von ultraviolett strahlende UV-LEDs – auch deshalb, weil es für die Farbumwandlung Quantenpunkte (QDs) nutzen wollte. Winzige LEDs sind schwer herzustellen, ihre Farbe variiert mit dem Stromdurchfluss und der Temperatur. Quantenpunkte erzeugen dagegen stets sehr reine Farben mit konstanten Wellenlängen.

Üblicherweise nutzen QD-Displays blaue LEDs mit roten und grünen Quantenpunkten für die Farbumwandlung. Das Problem: Es wird dabei nicht das gesamte blaue Licht absorbiert und ein Teil dringt auch durch die roten und grünen Pixel, worunter deren Farbreinheit leidet (ein Grund, weshalb die Entwicklung von Farbfiltern aus Quantenpunkten in LCDs bislang gescheitert ist). Blaues Licht kann zudem Probleme im Auge hervorrufen.

Die externe Quanteneffizienz (EQE) von UV-LEDs ähnelt der von blauen LEDs, die üblicherweise für die Farbumwandlung mit Quantenpunkten genutzt werden.

(Bild: Applied Materials)

Deshalb setzt Applied auf UV-LEDs und die Farbumwandlung in rotes, grünes und blaues Licht per Quantenpunkte. Das Unternehmen stellte fest, dass die sogenannte Equivalente Quanten-Effizienz (EQE) von UV-LEDs mit 385 nm Wellenlänge fast so gut ist wie die von blauen LEDs; zudem erwies sie sich bei verschiedenen Strömen als sehr stabil (siehe Diagramm).

Meines Wissens und laut Applied sind blau leuchtende QD-Materialien nicht kommerziell erhältlich. Das Unternehmen konnte aber eine Quelle für kadmiumfreie Materialien für blaue Nanopartikel auftun. Es stellte fest, dass es für alle drei Farben eine sehr gute UV-Absorption erzielen konnte, womit sich ein Problem aus der Welt schaffen ließ.

Es blieb die Herausforderung, die Pixel herzustellen und die Materialien zu formen. Applied kennt sich aber bestens mit der Produktion von halbleiterähnlichen Strukturen aus. Als Erstes legte das Unternehmen fest, dass jedes Pixel aus vier Subpixeln besteht. Die Subpixel erhalten "Wände", um die Quantenpunkte über den UV-LEDs in Position zu halten. Bei der Herstellung wird das QD-Material in die so entstandenen Mulden gedruckt. Anschließend legt Applied einen hohen Strom an die UV-LED unter den betreffenden Subpixeln; dadurch härten die Quantenpunkte aus und werden fest.

Die vierte Kammer in den gedruckten Mikro-LEDs will Applied Materials als Backup für defekte Subpixel nutzen.

(Bild: Applied Materials)

Der Einsatz eines Druckers spart etliche Arbeitsschritte und hat weitere Vorteile: Wenn ein Teil des QD-Materials einer Farbe in die falsche Sub-Pixel-Mulde gelangt, wird das meiste davon nicht aushärten und kann so nach jedem Abscheidungsschritt ausgewaschen werden. Außerdem kann Applied am Ende alle Subpixel scannen und falls eines besonders schwach ist, das vierte Subpixel mit der jeweiligen Farbe füllen und so das defekte Pixel ausmerzen. Das verbessert die Ausbeute. Diese Art Strategie wird auch von anderen Unternehmen verfolgt, die Farbumwandlung für Mikro-LEDs nutzen wollen.

Tintenstrahldruck wird seit Langem als bahnbrechende Technik für die Abscheidung von Display-Materialien gehandelt, insbesondere für OLEDs. Er konnte aber bisher nicht mit den Möglichkeiten der Fotolithografie mithalten. Applieds "Eimer" (meine Worte) könnten hier Abhilfe schaffen.

Dr. Nag Patibandla von Applied berichtete auf einer DSCC-Konferenz, dass das Unternehmen bereits Labormuster mit Auflösungen bis 400 ppi hergestellt hat. Man prüfe inzwischen per Tintenstrahldruck gefertigte RGB-Designs mit bis zu 1600 ppi. Auch für die begrenzte Strahlführung des Druckkopfes habe das Unternehmen eine Lösung gefunden. Patibandla deutete an, dass Applied mit einer "anderen Technik" (nicht Tintenstrahldruck) sogar bis zu 3400 ppi erreichen könne. Das Unternehmen entwickelt Produktionsdrucker für hohe Stückzahlen, ist also in dem Bereich kein Neuling.

Die UV-LEDs mit Quantenpunkten (rechts das grüne Subpixel) emittieren Licht mit der für Direktsicht-Displays bevorzugten Lambertschen Ausbreitungscharakteristik.

(Bild: Applied Materials)

Die aktuellen Labormuster erzielen eine für AR-Displays recht geringe Helligkeit von nur 1.000 cd/m². Das soll aber eine Einschränkung der verwendeten Backplanes sein und kein grundsätzliches Problem. Die Helligkeit könnte mindestens in der gleichen Größenordnung liegen wie die anderer Mikrodisplays aus MicroLEDs.

Sobald die farbkonvertierenden Schichten platziert sind, können weitere Prozessschritte erfolgen, etwa das Beschichten der Subpixelwände oder das Hinzufügen einer Mikrolinse auf der Oberseite. Mit ihr lässt sich die parallele Ausrichtung des austretenden Lichts verbessern, was für die Lichteinkopplung in das optische System wichtig ist – es sollen im ersten Schritt AR- und VR-Headsets realisiert werden und diese integrieren optische Systeme, die das Bild zum Auge leiten.

Gerätehersteller Applied will die kleinen Mikro-LED-Displays nicht selbst herstellen, sondern das Produktionsequipment entwickeln und seine Technik und das Know-how an andere Unternehmen lizenzieren. Aufgrund des großen Interesses könnte die Technik laut Dr. Patibandla bis Ende 2023 in ein marktfähiges Display münden.

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Display Daily. (uk)