Reis, Fischgelatine und Zellen vom Rind: Fertig ist das Hybrid-Essen!

Südkoreanische Forscher haben Rindermuskelzellen direkt auf Reiskörner wachsen lassen. Das Produkt ist eiweiß- und fettreicher als reiner Reis.​

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Es gibt Reis, Baby - würde wohl Helge Schneider ankündigen. Doch dieser Reis ist nicht wie jeder Reis.

(Bild: Yonsei University)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Lebensmittel aus der industriellen Landwirtschaft belasten die Umwelt und werfen ethische Fragen auf. Die Suche nach weniger problematischen Alternativen hat Lösungen von Heuschrecken-Eiweiß bis zu kultiviertem Hühnerfleisch aus dem Labor hervorgebracht. Südkoreanische Wissenschaftler wollen dem Menü nun ein neues Rezept hinzufügen: Sie haben eine Art Fleisch-Reis im Labor kultiviert, indem sie Rindermuskel- und -Fettzellen in Reiskörnern wachsen ließen.

Das Ergebnis, das sie Mitte Februar in der Fachzeitschrift "Matter" vorgestellt haben, sei eine nahrhafte, geschmackvolle und erschwinglichere Proteinalternative. "Reis hat bereits einen hohen Nährstoffgehalt, aber die Zugabe von Zellen aus Nutztieren kann diesen noch erhöhen", sagt Erstautor Sohyeon Park von der Yonsei University.

In tierischem Gewebe helfen biologische Gerüste, das dreidimensionale Wachstum der Zellen zu steuern und zu unterstützen, damit Gewebe wie Muskeln und Organe entstehen können. Deshalb ahmte das Team diese zelluläre Umgebung für Rindermuskelzellen nach – mit Reis. Reiskörner sind porös und bieten so ein solides Gerüst mit genug Ecken und Winkeln. Das Gerüst kann die Zellen sogar ernähren helfen, da Reis nahrhafte und wachstumsfördernde Verbindungen enthält.

Das Team beschichtete den Reis zunächst mit Fischgelatine, einem bereits als sicher zugelassenen essbaren Inhaltsstoff, um die Zellen besser am Reis haften zu lassen. Anschließend wurden Stammzellen aus Rindermuskeln und -fett in den Reis gesät und neun bis elf Tage lang in Petrischalen kultiviert. Das Endprodukt erfüllt den Forschern zufolge Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit und habe ein geringes Risiko für das Auslösen von Lebensmittelallergien.

In gedämpfter Form enthielt der Hybrid-Reis acht Prozent mehr Eiweiß und sieben Prozent mehr Fett als reiner Reis. Im Vergleich zur typischen klebrigen und weichen Textur war er fester und brüchiger. Der Geruch des neuen Fleischreis' mit einem höheren Muskelgehalt erinnerte an Rindfleisch und Mandeln, während Proben mit einem höheren Fettgehalt mehr wie Sahne, Butter und Kokosnussöl dufteten.

Labor statt Küche: Hier haben die Forschenden die gezüchteten Rinderfett- und -Muskelzellen mit dem Reis zusammengebracht.

(Bild: Yonsei University)

"Normalerweise beziehen wir die benötigten Proteine aus der Viehzucht, aber diese verbraucht viele Ressourcen und Wasser und setzt eine Menge Treibhausgase frei", sagt Park. Das neue Produkt habe einen deutlich geringeren CO2-Fußabdruck zu einem Bruchteil des Preises. Pro 100 g produziertes Protein setzt der Fleischreis schätzungsweise weniger als 6,27 Kilogramm CO2 frei, während Rindfleisch mit 49,89 Kilogramm achtmal so viel freisetzt. Die Forschenden schätzen, dass der Fleischreis etwa 2,23 Dollar pro Kilogramm kosten würde.

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Da das Produkt nur geringe Lebensmittelsicherheitsrisiken berge und sich relativ einfach herstellen lässt, ist das Team optimistisch, das Produkt auf den Markt zu bringen. Dafür will das Team das Produkt noch verbessern. Es will zum Beispiel den Nährwert weiter erhöhen und dafür in den Reiskörnern noch bessere Bedingungen für das Gedeihen von Muskel- und Fettzellen zu schaffen.

"Ich hatte nicht erwartet, dass die Zellen im Reis so gut wachsen würden", sagt Park. Er hofft, dass der Fleischreis eines Tages als Nahrungsmittelhilfe für Hungersnöte, als militärische Ration oder sogar als Weltraumnahrung dienen kann.

Das Projekt ist ein weiteres Beispiel für eine neue Gruppe von Lebensmitteln, in denen Fleisch und Pflanzen eng auf molekularer Ebene miteinander kombiniert werden. Das britische Start-up Moolec Science will Sojabohnen erzeugen, die Schweine-Eiweiße enthalten, damit die Bohnen auch nach Fleisch schmecken.

(jle)