Geothermie: Neue Online-Karte bringt oberflächennahe Erdwärmedaten zusammen

Gerade die oberflächennahe Erdwärme bietet viel Potenzial für die Wärmewende. Eine neue Karte will erstmals bundesweit Daten zusammenführen.

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Bohrung für Erdwärme

Eine Erdwärmebohrung macht die Installation einer Wärmepumpe teurer, aber ihren Betrieb günstiger. Oft reicht dafür auch der Platz einer Garagenauffahrt.

(Bild: Tracto Technik)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hanns-J. Neubert

Die Wärmewende spielt eine Schlüsselrolle bei der Transformation der gesamten Energieversorgung. Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme machen nämlich mehr als die Hälfte des deutschen Endenergieverbrauchs aus. Zumindest bei den ersten beiden lassen sich die fossilen Brennstoffe gut und effizient durch Wärmepumpen ersetzen, die Erdwärme auf angenehme Wohn- und Duschtemperaturen bringen. Und diese konstante Wärme gibt es überall unter Deutschlands Oberfläche.

Allerdings liegen die Informationen über oberflächennahe Geothermie bislang nur sehr bruchstückhaft vor. Meist muss man dazu unterschiedliche, oft unübersichtliche Karten auf den Webseiten geologischer Behörden in den einzelnen Bundesländern konsultieren. Darin ist zwar ablesbar, wie warm der Untergrund in welcher Tiefe ist, aber meist nicht, wo man überhaupt bohren darf.

Diesem Mangel will jetzt die neue deutschlandweite GeotIS-Ampelkarte abhelfen. Sie liefert nicht nur Informationen über die Erdtemperaturen, sondern weist vor allem auch auf Gebiete hin, in denen Sondenbohrungen nicht erlaubt sind, beispielsweise in Naturschutzgebieten. Solche Bereiche stellt die Karte in Rot dar. Grün dagegen sind Flächen, in denen Erdsonden problemlos niedergebracht werden können.

Dazwischen gibt es allerdings noch gelbe Bereiche, in denen es möglicherweise Einschränkungen gibt, etwa in Wasserschutzgebieten. Für diese Areale lagen den Kartenentwicklern keine eindeutigen Informationen vor. Da muss man selbst dann doch genauer nachforschen. Beim Klick auf diese Stellen leitet GeotIS immerhin direkt auf die Webportale der zuständigen Fachbehörden in den jeweiligen Bundesländern.

Für diese Art von Ampelkarten sammelten Forscher in einem Projekt namens WärmeGut alle erdenklichen geologischen Daten aus vielen Quellen, bereiteten sie auf und verknüpften sie mit Katastern und Flurkarten.

Für Mecklenburg-Vorpommern liegt jetzt eine erste vollständige Ampelkarte online vor. Weitere Karten für die gesamte Bundesrepublik sind bis Ende des Jahres geplant. Zukünftige Versionen werden dann auch zeigen, wie viel Wärmeenergie die Sonden aus dem Boden gewinnen können.

"Mit den Ampelkarten können wir alle Menschen erreichen, die an Geothermie interessiert sind", sagt Inga Moeck, Professorin an der Universität Göttingen und Geothermie-Forschungsleiterin am Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) in Hannover. "Mit unseren aufbereiteten wissenschaftlichen Daten möchten wir auch die Kommunen unterstützen und Möglichkeiten für die Wärmewende aufzeigen."

Gerade für die Kommunen können diese Informationen entscheidend sein. Sie sind inzwischen verpflichtet, in den kommenden Jahren Wärmepläne zu erarbeiten. Darin müssen sie festlegen, welche Gebiete in ihrem Planungsbereich in welcher Weise mit Wärme versorgt werden sollen und, wie sie dabei erneuerbare Energien nutzen wollen. Auch hier setzen viele auf oberflächennahe Erdwärme in Kombination mit Wärmepumpen.

Üblicherweise werden dazu Sonden in bis zu 100 Meter Tiefe in Bohrlöchern versenkt, in denen eine Sole als Wärmetransportmittel zirkuliert. Wer nicht tiefer geht, muss auch keine komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren befürchten.

Zwar sind die Temperaturen in diesen Tiefen mit 10 bis 20 Grad nicht besonders hoch, aber die Wärmepumpen heben sie auf 35 bis 50 Grad an. Der Vorteil ist, dass die Bodentemperatur im Sommer wie im Winter immer gleich und stabil ist. Wegen der niedrigen Eingangstemperatur können die Erdsondenanlagen an heißen Sommertagen Innenräume auch kühlen. Die Kosten für die Wärmepumpe sind mit 18.000 bis 28.000 Euro verhältnismäßig überschaubar. Allerdings kommen noch Kosten für Sondenbohrungen bis 100 Metern Tiefe dazu, die je nach Region und Anbieter variieren – und auch so ihre Tücken haben können. Eine Alternative wären hier Grabenkollektoren, die sich günstiger und ohne Tiefenbohrung installieren lassen. Je nach Art der Kollektoren liegen sie in der Regel in 1,5 bis 2 Metern Tiefe.

Für Entscheidungen wie diese will GeotIS daher Grundlagen liefern. Es baut auf Geothermie-Daten aus 30.000 Bohrungen auf und verknüpft sie mit Temperatur- und Strukturdaten aus unterschiedlichen Kartenwerken.

Ursprünglich sollte das vor 15 Jahren gestartete Geothermie-Portal eine Überblickskarte über die tiefe Geothermie bis in mehrere tausend Meter Tiefe erstellen. Da aber der Bedarf an Informationen zu oberflächennaher Erdwärme bis in 400 Metern Tiefe mit der politischen Bedeutung der Wärmewende wächst, stellt GeotIS nun nach und nach seine erweiterte und überarbeitete Version online.

(jle)