Patreon sperrt, GoFundMe gewährt: Crowdfunding für die ukrainische Verteidigung

Der unterschiedliche Umgang der Plattformen mit den Finanzierungszielen zeigt, dass solche Vorhaben auch angesichts von Betrugsfällen kompliziert sind.

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Von
  • Tanya Basu

Russland hat die Welt mit seinem schnellen Vormarsch durch die Ukraine verblüfft. Ein Grund für die rasche Überwältigung seines Nachbarn ist neben dem Timing des Schocks auch das enorme Ungleichgewicht zwischen den militärischen Ressourcen der beiden Länder. Nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstituts beträgt der ukrainische Verteidigungshaushalt mit sechs Milliarden Dollar nur zehn Prozent des russischen.

In ihrem verzweifelten Versuch, schnell an Geld zu kommen, greifen die Ukrainer auf Crowdfunding für militärische Ausrüstung zurück. GoFundMe ist voll von Seiten, die vorgeben, Geld für bedürftige Ukrainer zu sammeln. Die Website der ukrainischen Stiftung "Come Back Alive", eine gemeinnützige Wohltätigkeitsorganisation zugunsten des ukrainischen Militärs, hat bis 28. Februar die schwindelerregende Summe von 188 Bitcoin (über 7 Millionen US-Dollar) gesammelt. Darunter machte eine einzige anonyme Spende drei Millionen Dollar aus.

Für die Ukraine sind weder auf das Militär ausgerichtete Crowdfunding-Bemühungen, noch der Einsatz von Kryptowährungen für diesen Zweck neu. Als Russland 2014 die Krim annektierte, flossen über Crowdfunding Gelder an die ukrainische Armee und den bewaffneten Widerstand im weiteren Sinne, um medizinische Ausrüstung und Militärgüter zu kaufen. Zivilisten meldeten sich, um an der Seite des Militärs mit Waffen zu kämpfen, die die Regierung bereitgestellte hatte.

Heute ist die "Come Back Alive Foundation" eine der größten und bekanntesten Gruppen, die die ukrainischen Streitkräfte unterstützen. Sie wurde 2014 von Vitaliy Deynega gegründet, der als Freiwilliger aus Kiew unmittelbar nach der Krim-Annexion damit begonnen hat, Geld zu sammeln und Soldaten, die in der ukrainischen Region Donbas kämpfen, mit kugelsicheren Westen zu versorgen. Deynega schrieb "Come Back Alive" auf jede Weste und inspirierte so den Namen seiner Gruppe.

Ihre Bemühungen wurden von der ukrainischen Regierung gefördert, die "Come Back Alive" als den "wichtigsten Wohltätigkeitsfonds der Ukraine" bezeichnet hat. Potenzielle Spender wurden über Konten bei der amerikanischen und britischen Chase Bank an das "Sonderkonto" der Nationalbank der Ukraine verwiesen.

Doch am 24. Februar musste die Stiftung einen herben Rückschlag hinnehmen: Eine ihrer wichtigsten internationalen Finanzierungsquellen, die Crowdfunding-Plattform Patreon, schloss sie aus. Am Freitag, dem 25. Februar, um 13.00 Uhr US-Ostküstenzeit war sie noch immer offline.

Ein Sprecher von Patreon begründete den Schritt mit den Richtlinien des Unternehmens zu "schädlichen und illegalen Aktivitäten": "Patreon erlaubt keine Kampagnen, die mit Gewalt oder dem Kauf von militärischer Ausrüstung zu tun haben, unabhängig von ihrem Grund. Wir haben die betreffende Kampagne ausgesetzt, während wir sie untersuchen."

Die Gegenreaktion der Ukrainer kam schnell. Kritiker warfen der Plattform vor, eine wichtige Lebensader für die Selbstverteidigung gegen Russland abzuschneiden, und fragten, warum sie diese Entscheidung erst jetzt getroffen habe, wo die Seite doch schon seit Jahren online sei.

Patreon ist in diesem Konflikt zur ersten Anlaufstelle für Crowdfunding geworden. Auch andere etablierte ukrainische Organisationen wie der englischsprachige Medienkanal "Kyiv Independent" sammeln auf der Plattform Geld. GoFundMe hat sich bisher noch nicht zu dem ukrainischen Crowdfunding auf seiner Plattform geäußert.

Solche Plattformen sind sehr mächtig, da sie Menschen dabei helfen können, große Summen an Geld zu sammeln und zu bewegen. Das Problem ist jedoch, dass vor allem im Nebel des Krieges nicht immer klar ist, wer das Geld gibt und wer es erhält. Im Internet kursieren bereits unzählige Betrugsversuche im Zusammenhang mit der Ukraine. Ein Beispiel: Ein Twitter-Konto wurde früher für Glücksspiele genutzt. Jetzt werden dort Bitcoin-Links geteilt mit der Behauptung, dass damit Geld für die Verteidigung gegen Russland gesammelt wird.

(jle)