Schlechtes Essen: Warum Stress kalorienreiche Ernährung auslöst

Es ist bekannt, dass man bei Stress dazu neigt, sogenanntes Comfort Food zu konsumieren. Dafür fanden australische Forscher nun eine Erklärung – im Gehirn.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 33 Kommentare lesen
Auf einem Tablett steht ein Teller mit zwei Würste, Sauerkraut und einer Schale Rote-Rüben-Salat, dazu Senf sowie Messer und Gabel

Eher ungesund: Wurst mit Zubehör.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

Essen dient Menschen nicht nur dazu, ihren Körper in Betrieb zu halten. Lebensmittel werden auch als Belohnung für erledigte Arbeiten genutzt – und als "Nervennahrung" bezeichnet. Das sogenannte Stress Eating besteht üblicherweise aus kalorienreicher Kost, die unsere Geschmacksnerven positiv reizen, gerne in Form von Fast Food oder Comfort Food. Doch warum neigen wir dazu, uns ausgerechnet bei Stress schlecht zu ernähren und unserer Gesundheit so zusätzlich zu schaden? Ein Team australischer Forscher ging dieser Frage nun mit Mitteln der Hirnforschung nach.

Die Gruppe um Kenny Chi Kin Ip vom Garven Institute of Medical Research in Sydney untersuchte dazu Mäuse, die unter chronischem Stress litten. Es zeigte sich, dass dies offenbar dazu führt, dass die natürlichen Sattheitssignale, die das Gehirn sendet, gestört werden. Im Bereich der lateralen Habenula, die sich im Zwischenhirn befindet, würden die Belohnungssignale gedämpft, die üblicherweise nach dem Essen ausgesendet werden. Dies führe zu einer "Non-Stop-Flut" dieser Signale, die den Verzehr von schmackhaften Lebensmitteln weiter fördert. Besonders gut scheint dies bei Süßem zu funktionieren.

Dabei komme es zudem zu einem Teufelskreis, so Herbert Herzog, Professor für Neuroendokrinologie am Garven Institute, Seniorautor der Studie. "Wir konnten zeigen, dass chronischer Stress in Verbindung mit einer kalorienreichen Ernährung zu einer immer stärkeren Nahrungsaufnahme und einer Vorliebe für süße, besonders schmackhafte Lebensmittel führen kann." Das fördere dann die Gewichtszunahme. "Diese Arbeit unterstreicht, wie wichtig eine gesunde Ernährung in Zeiten von Stress ist."

Die im Journal "Neuron" publizierte Studie zeigte zunächst in einer Versuchsanordnung mit einer kurzfristigen Diät mit hohem Fettgehalt, dass die laterale Habenula der Versuchstiere aktiviert wurde, um die Nahrungsaufnahme nach Erreichen der Sattheit zu stoppen. "Wenn die Mäuse jedoch chronisch gestresst waren, blieb dieser Teil des Gehirns stumm, sodass die Belohnungssignale aktiv blieben und ein Fressen zum Vergnügen förderten", so Chi Kin Ip, erster Autor der Untersuchung. Das Ergebnis war, dass der Körper nicht mehr auf die regulierenden Sättigungssignale reagierte.

Im Mittelpunkt der daraufhin folgenden Gewichtszunahme scheint das NPY-Molekül zu stehen, das im Hirn normalerweise bei Stress ausgeschüttet wird. Wurde dieses blockiert, kam es zu weniger Nahrungsaufnahme. Ob es möglich ist, diese Vorgänge medizinisch zu nutzen, ist noch unklar. Herzog und Chi Kin Ip lehnen das "Belohnungsessen" übrigens nicht grundsätzlich ab. Bei kurzfristigem Stress könne dieser "Energieboost" hilfreich sein. "Doch wenn Stress über einen längeren Zeitraum hinweg erlebt wird, scheint er die Gleichung zu verändern und zu einer Ernährung zu führen, die langfristig schlecht für den Körper ist", so Herzog.

(bsc)