Schon in den 1990er Jahren ein c’t-Thema: PC-Recycling

1990 landete der Altrechner meist im Sperrmüll. Über umweltgerechte Entsorgung machte man sich aber schon Gedanken: Wolfgang Müller berichtete in c’t darüber.

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Von
  • Rudolf Opitz

Anfang der 1990er Jahre war der erste große Generationswechsel der Heim- und Personal Computer in vollem Gange: Die 8-Bit-Heimcomputer verschwanden aus den Kinderzimmern und machten Platz für Amiga und Atari ST. Bei den IBM-kompatiblen PCs hatte Intel mit dem 386er schon 1985 die 32-Bit-Ära eingeläutet und erste Geräte mit dessen Nachfolger standen in den Läden. Doch was sollte mit den Altrechnern passieren, die nur noch Computerschrott waren? c’t-Autor Wolfgang Müller erkundigte sich bei den Behörden:

"So erklärt das Umweltbundesamt auf Nachfrage: ‚Computer werden zur Zeit noch als Sperr- beziehungsweise Hausmüll entsorgt, Konzepte zur Entsorgung werden bei Herstellern und Anbietern diskutiert. Auflagen und Empfehlungen gibt es, aber sind noch nicht bundeseinheitlich.‘ Eile mit Weile."

Der damaligen Empfehlung des Umweltbundesamts sollte heute keiner mehr folgen, denn das würde abhängig vom Bundesland bis zu 2500 Euro Strafe kosten. Computerschrott gehört auf den Recyclinghof.

Während die Regierung 1990 erst anfing, über Entsorgungskonzepte nachzudenken, machten einige Hersteller bereits Nägel mit Köpfen. Der erste war nicht IBM, sondern die Nokia Data GmbH zusammen mit dem Entsorgungsunternehmen Reichart Metall:

"Der größte skandinavische Computerproduzent hat damit die Rolle des ökologischen Vorreiters übernommen. Nach seinem ‚Sieben-Fraktionen-Recycling-System‘ werden über 90 Prozent der ausgedienten Hardware wiederverwendet."

Zu den Fraktionen gehörte nicht nur das wertvolle Metall, sondern auch Kunststoffgehäuse von Monitoren und Tastaturen, aus denen Blumenkübel und Papierkörbe entstehen sollten. Platinen wurden in Metall und Kunststoff getrennt, wobei Letzterer aber nicht wiederverwendet werden konnte. Weitere einzeln verarbeitete Altcomputerkomponenten waren Stecker, Kabel, Batterien und Akkus sowie Glas (vor allem aus den damals noch üblichen Bildröhren).

Der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) forderte die Hersteller auf, in der Produktion den Einsatz giftiger Chemikalien wie Flammschutzmittel zu minimieren, recycelbare Kunststoffe zu verwenden und die Bauteilelebensdauer zu steigern. Man fürchtete wohl geplante Obsoleszenz, doch hatten die Hersteller dies wegen der rasanten Weiterentwicklung der PC-Technik, also schlicht technischer Obsoleszenz, kaum nötig.

Altplatinen enthalten wertvolle Metalle, aber auch schwer recycelbare Kunststoffe, die beim Verbrennen giftige Rückstände hinterlassen.

(Bild: Andrea Rudolph)

1990 stellte auch IBM als Marktführer ein Recyclingkonzept vor:

"Nach der Trennung in verschiedene Bestandteile werden wiederverwendbare Teile und Komponenten in die Produktion zurückgeführt, Edelmetalle wiedergewonnen, Glas landet im Altglascontainer, Kunststoffe werden – wie gehabt – pyrolysiert."

Pyrolyse nennt man euphemistisch auch thermische Verwertung. Mit anderen Worten: Kunststoff wurde einfach verbrannt. Das passierte damals mit den meisten ausgedienten Computern, doch hatten die Anlagen mit ihren giftigen und umweltschädlichen Rückständen und Abgasen in Deutschland keine Zukunft. Einige sollten ins Ausland, etwa nach Polen und Litauen verlegt werden. Andere Verwerter trennten im sogenannten Kaltverfahren tiefgefrorene und zerkleinerte Geräte in Metall und Kunststoff:

"Auch hier steht ein Konzept im Hintergrund, das lediglich auf das Recycling von Metallen setzt. Sie haben einen Materialanteil von 10 Prozent. Die Kunststoffe landen auf Deponien."

Heute hat sich der Druck der technischen Obsoleszenz stark abgeschwächt. Selbst zehn Jahre alte Rechner haben genug Leistung für Alltagsanwendungen wie Browser, Mailclients und Office-Programme. Große Firmen geben abgeschriebene EDV-Geräte an Aufbereiter weiter und viele Anwender sind mit einem günstigen Gebraucht-PC zufrieden.

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(rop)