Sechs Autos im Bedientest: Tesla auf dem letzten Platz

Die Bedienung von Autos wird durch die zunehmende Fülle an Funktionen anspruchsvoller. Der ADAC hat getestet, in welchem Modell die Ablenkung am größten ist.

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Tesla Model 3 Innenraum

Tesla wird im Test kritisiert, weil sich fast alle Funktionen nur über den Bildschirm bedienen lassen. Das lenkt ab, sagt der ADAC.

(Bild: ADAC / Ab-Gedreht)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Kurze Rückblende in einen VW Golf Mitte der 1990er-Jahre: Auch mit Vollausstattung erschloss sich die Bedienung selbst für Neueinsteiger augenblicklich. Wer hier eine Anleitung benötigte, brauchte diese wahrscheinlich auch zum Öffnen eines Kühlschranks. Diese Zeiten sind fast überall vorbei, und unter anderem wir als Kunden haben dazu beigetragen. Denn letztlich haben die Hersteller profitiert, die möglichst viele neue Funktionen anbieten – und verkaufen – konnten.

Die zahlreichen Ausstattungsmerkmale führten dazu, dass die Designer und Ingenieure sich Gedanken machen mussten. Denn alles mit einer eigenen Taste zu versehen, stieß mit zunehmender Zahl an Funktionen an Grenzen. BMW versuchte es 2001 mit der ersten Generation des iDrives. Ein radikaler Entwurf, der ebenso rasch entschärft wie von der Konkurrenz kopiert wurde. Der ADAC hat sich angesehen, wie intuitiv sechs aktuelle Autos zu bedienen sind.

Der Versuch des Clubs leuchtet zunächst ein. In sechs Autos wurde überprüft, wie barrierefrei bestimmte Funktionen zu erreichen sind. Mit 50 Prozent die größte Priorität hatten sicherheitsrelevante Dinge wie die Positionierung des Warnblinkschalters. Klimatisierung und Infotainment spielten mit 30 und 20 Prozent eine untergeordnete Rolle. Ein paar Fragen lässt der Club allerdings offen. Wie versiert sind die Tester im Umgang mit Fahrzeugen, die sie nicht kennen?

Hinzu kommt: In ein fremdes Auto steigt die Mehrheit der Fahrer nur selten ein – beispielsweise dann, wenn ein Mietwagen genutzt wird. Meist sitzt man aber im eigenen Wagen, in dem sich die Wege zu den wichtigsten Funktionen dann hoffentlich irgendwann erschließen.

Zwischen der Funktionsvielfalt eines Dacia Duster und eines Tesla Model 3 (Test) gibt es erhebliche Unterschiede, auch das blieb unberücksichtigt. Die Sprachsteuerung wurde nicht getestet, was zumindest bei einigen Kandidaten deren miserables Ergebnis ein wenig erklärt. So wurde in der A-Klasse das Touchpad hart kritisiert, doch Mercedes eröffnet mit einer hervorragenden Sprachsteuerung und einem zuverlässig reagierenden Touchscreen weitere Möglichkeiten der Bedienung. Tesla wird für den Warnblinkschalter am Dachhimmel abgestraft. Allgemein konnten sich die Tester nicht mit dem Konzept im Model 3 anfreunden, dessen Funktionen fast komplett über den riesigen Bildschirm bedient werden.

Im VW Golf (Test) wurde kritisiert, dass sich die Klimaautomatik umständlich einstellen lässt. Im Test empfand ich das auch so, doch Leser verwiesen darauf, dass sie dort nur selten etwas verstellen würden. Die schlechteste Einzelnote im Test bekam der BMW 1er für die Bedienung seines Infotainmentsystems. Hier schnitt das Model 3 mit 1,0 am besten ab.

Die schlechteste Einzelnote bekommt in diesem Test der BMW 1er für die Bedienung des Infotainmentsystems.

(Bild: ADAC)

Mazda 3 und BMW 1er holten sich die beiden vorderen Gesamtplätze mit guten bis sehr guten Noten bei der Bedienung sicherheitsrelevanter Dingen und einfacher Verstellung der Klimatisierung. Zumindest im BMW 1er dürfte das binnen Jahresfrist Geschichte sein, denn dann wird auch hier der Nachfolger des Infotainmentsystems OS7 einziehen. Mit dem OS8 verschwinden die direkten Bedienelemente für die Lüftung, vor allem aber die weitgehend frei belegbaren Favoritentasten. Hier lassen sich im 1er aktuell Dinge wie Navigationsziele, Telefonnummern, Radiosender oder auch bestimmte Funktionen einfach ablegen. Das gibt es auch im OS8, allerdings verlagert auf eine Unterfunktion des Hauptbildschirms. Besser als nichts, aber eben nicht mehr so simpel wie die bisherige Tastenreihe.

Der Forderung des ADAC, dass sich bestimmte Funktionen intuitiv erschließen sollten, schließen wir uns an. Als jemand, der sich etwa alle zwei Wochen auf ein anderes Auto einlassen muss, muss ich festhalten, dass sich in den vergangenen Jahren im Bereich der Sprachsteuerung vieles in die richtige Richtung entwickelt hat. Wer sich damit gar nicht anfreunden will, hat es aber in vielen Modellen schwer, aus der Fülle der Funktionen genau das zu finden, was er gerade braucht. Vielleicht tröstet ihn eines: Auch wenn der simple Ansatz eines Golf 3 niemals wieder zurückkehren wird – so arg verkopft wie das erste iDrive sind aktuelle Bediensysteme nirgendwo mehr.

Viele Hersteller bemühen sich sichtbar darum, Neueinsteigern den Zugang zu erleichtern. Mit unterschiedlichem Erfolg. In den USA haben sogar eine Uni und eine auf Sicherheitsthemen spezialisierte gemeinnützige Organisation eine Kampagne gestartet: Mit "My Car does what?" versuchen die Universität Iowa und das National Safety Council die Sicherheit im Straßenverkehr zu heben, indem sie Kraftfahrern näherbringen, welche Sicherheitsfunktionen ihre Autos überhaupt beherrschen und wie sie sinnstiftend zu bedienen ist.

Finanziert ist die Kampagne, unfreiwillig, durch 30 Millionen US-Dollar Toyotas. Sie sind Teil jener 1,1 Milliarden US-Dollar, die Toyota zu Beilegung einer kalifornischen Sammelklage nach Massenrückruf-Aktionen wegen ungewollter Fahrzeug-Beschleunigung gezahlt hat.

(mfz)