Sensor an der ISS kartiert bisher unentdeckte CO₂- und Methanemissionen

Eigentlich soll das System EMIT Mineralstaub in der Erdatmosphäre detektieren. Doch als Bonus erfasst es die Spektralsignaturen von Methan und Kohlendioxid.

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Ausdehnung von Klimagasemissionen, aufgenommen von der ISS

Ausdehnung von Treibhausgasemissionen, aufgenommen von der ISS.

(Bild: NASA / Jet Propulsion Laboratory)

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Erstaunlich viele CO₂- und Methanquellen sind weder der Forschung noch den Regierungen oder NGOs bekannt, obwohl sie erhebliche Mengen CO₂ und Methan in die Atmosphäre freisetzen. Sie entstehen aufgrund technischer Defizite oder sogar krimineller Aktivitäten. Die Frage war bislang, wie man sie auffinden und abstellen kann. Dazu wird zunehmend Satellitentechnik eingesetzt. Ein Team am Jet Propulsion Laboratory (JPL) der NASA nutzt nun einen besonderen Sensor an Bord der Internationalen Raumstation ISS, um diesen Job zu übernehmen – mit einer räumlichen Auflösung von 60 Metern.

Das System namens EMIT (Earth Surface Mineral Dust Source Investigation) ist ein bildgebendes Spektroskopieinstrument und laut der Forschergruppe um Robert O. Green und Andrew K. Thorpe "in vielerlei Hinsicht das erste seiner Art". Es hat einen extrem hohen Durchsatz, deckt das gesamte sichtbare bis kurzwellige Infrarotspektrum ab und kann von der ISS aus mehr als 300.000 Spektren der Erde pro Sekunde messen. Die Bildbreite beträgt 80 Kilometer. "Bis heute wurden bereits mehr als 80 Milliarden Spektren gemessen, die die molekularen Spektralsignaturen von Methan und Kohlendioxid enthalten", so Green gegenüber MIT Technology Review, der Principal Investigator (PI) des Projekts ist und bereits beim NASA Moon Mineralogy Mapper mitgearbeitet hat, das Wasser beziehungsweise Hydroxyl auf der sichtbaren Oberfläche des Mondes nachgewiesen hatte.

Das Neuartige an EMIT ist die Möglichkeit, besonders große Regionen der Erdoberfläche zu kartieren. Pro Tag sei ein Bereich der Größe der Republik Südafrika scanbar, sagt Thorpe, der Experte für Spektroskopieverfahren ist. "Dank dieser Abdeckung konnten Hunderte von Methan- und CO₂-Fahnen an Orten kartiert werden, an denen man Emissionen erwarten würde, aber auch in Regionen, die bisher unbeobachtet waren, darunter unerwartete Emissionen aus dem Energie-, Abfall- und Agrarsektor." Ein Online-Mapping-Werkzeug im Web hilft dabei, diese einzusehen. Es wird regelmäßig mit frischen Daten versorgt. Das Erschreckende: Es habe sich gezeigt, dass insbesondere sogenannte Methan-Punktquellen einen beträchtlichen Beitrag zu den Nettoemissionen liefern. Das sind beispielsweise Lecks in Leitungen, aber auch nicht korrekt verschlossene Öl- und Erdgasquellen. In einzelnen Bereichen der USA mache das 13 bis 67 Prozent der Gesamtemissionen aus, sagt Thorpe.

Die JPL-Forscher hoffen, dass die Ergebnisse von EMIT dazu beitragen, das globale Treibhausgasbudget genauer zu berechnen und unbekannte Klimagasquellen abzustellen. Dazu werden vor allem noch mehr Daten benötigt. EMIT ist da auch nur der Anfang, sagt Thorpe: "Es gibt eine Reihe bestehender und geplanter Missionen, die Methan und CO₂ mit unterschiedlichen räumlichen Auflösungen und zeitlichen Wiederholungsfrequenzen messen können. Zusammen können diese Instrumente genutzt werden, um Unsicherheiten bei den anthropogenen Emissionen zu verringern." Die europäische Weltraumbehörde ESA beispielsweise ist mit dem Instrument Tropomi (TROPOspheric Monitoring Instrument) an Bord des Satelliten Sentinel-5 dabei, die einzigartige Signatur von Methan im kurzwelligen Infrarotspektrum aufzuspüren. Die Entdeckungen werden dann in einer Karte zusammengetragen.

Die Hauptmission von EMIT ist es eigentlich, den in der Erdatmosphäre transportierten Mineralstaub zu detektieren, der das Klima beeinflusst – die Treibhausgas-Kartierung ist quasi nur ein Bonus. Denn auch hier gibt es große Datenlücken. "Die Zusammensetzung dieses Staubs ist nicht genau bekannt und führt zu Unsicherheiten. Derzeit werden Erdsystemmodelle für die Klimaforschung auf der Grundlage von Produkten initialisiert, die auf weniger als 5000 analysierte Proben der Bodenzusammensetzung zurückgehen", so Green. "Die EMIT-Treibhausgasmessungen von Methan und Kohlendioxid werden natürlich direkt zu einer verbesserten Modellierung dieses für den Klimawandel verantwortlichen Faktors beitragen und hoffentlich die Bemühungen um eine Eindämmung unterstützen."

(bsc)