Start-up will Transportbranche mit Ammoniak "cracken"

Young Suk Jo hat Amogy gegründet mit der Absicht, den Transportsektor zu dekarbonisieren. Mit seinem Plan zählt er nun zu den "Innovatoren unter 35".

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 69 Kommentare lesen
Container,Ship,In,The,Ocean,At,Sunset,Sky,Background,With

(Bild: Aun Photographer / Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Casey Crownhart

Der Transportsektor ist mit einem Anteil von etwa 15 Prozent an den weltweiten Treibhausgasemissionen eine der umweltschädlichsten Branchen der Welt. Elektroautos werden diese Emissionen in den kommenden Jahrzehnten zwar verringern, aber Batterien können aktuell schlicht nicht genug Energie speichern, um Langstrecken-LKWs und Containerschiffe auf hoher See anzutreiben.

Young Suk Jo, 34, sieht eine mögliche Brückentechnologie in einer ungewöhnlichen Chemikalie: Ammoniak. Amogy, ein Start-up, das Jo 2020 mitbegründet hat, entwickelt Systeme, die Ammoniak, das normalerweise ein Bestandteil von Düngemitteln ist, als Treibstoff für Lastwagen und Schiffe verwenden können. Für seinen Ansatz wurde Jo nun unter die "Innovatoren unter 35" gewählt. Diesen Wettbewerb richtet jährlich die US-Ausgabe von MIT Technology Review aus, um damit junge Talente zu würdigen.

Young Suk Jo

(Bild: Peter Garritano)

Eine der attraktivsten Eigenschaften von Ammoniak ist seine Energiedichte; es kann viel Energie auf relativ kleinem Raum speichern. Flüssiges Ammoniak kann etwa dreimal so viel Energie transportieren wie komprimierter Wasserstoff, der, je nach Herstellungsverfahren, als sauberer Kraftstoff gilt.

Für Amogy liegt der Schlüssel zur Nutzung von Ammoniak im Transportwesen darin, es zu zerlegen. Eine der Kerntechnologien des Ammoniak-Energiegewinnungssystems des Start-ups ist ein chemischer Reaktor, ein so genannter Cracker. Dieser Reaktor zerlegt Ammoniak in Stickstoff, der gefahrlos in die Atmosphäre abgegeben werden kann, sowie Wasserstoff. Dieser Wasserstoff kann wiederum in einer Brennstoffzelle zur Stromerzeugung verwendet werden.

Das "Cracken" von Ammoniak ist kein neues Verfahren, aber Jo und seine Mitstreiter haben einen chemischen Katalysator entwickelt, mit dem die Reaktion bei einer niedrigeren Temperatur ablaufen kann, so dass der Prozess in Fahrzeugen realisierbar ist. Das Team entwickelte auch einen Reaktor, der effizienter arbeitet als der derzeitige Standard und etwa 40 Prozent der Energie des Ammoniaks in Strom umwandelt.

Amogy hat seine Technologie in einer Reihe von Fahrzeugen demonstriert. Angefangen im Jahr 2021 mit einer kleinen Drohne, deren Gesamtstrombedarf etwa fünf Kilowatt betrug, bis hin zu einem Sattelschlepper, der im Januar 2023 mit der Technologie des Unternehmens betrieben wurde und im Durchschnitt etwa 300 Kilowatt verbrauchte. Jo hat diesen Skalierungsprozess überwacht und jedes Fahrzeug auf den Betrieb mit Ammoniakkraftstoff umgerüstet.

"Es ist wirklich aufregend zu sehen, wie es vorangeht", sagte Jo bei einem Rundgang durch den New Yorker Hauptsitz von Amogy. Die Vorführfahrzeuge waren auf dem Parkplatz aufgereiht; zwischen der Drohne und dem LKW stand ein leuchtend grüner Traktor. Jo erzählte detailliert, wie jedes Fahrzeug mit Ammoniak zum Laufen gebracht wird, schraubte Paneele ab und erklärte die verschiedenen Komponenten.

Die Fortschritte von Amogy bei den Demonstrationsfahrzeugen waren "bemerkenswert schnell", sagt John Heywoood, emeritierter Professor für Maschinenbau am MIT und ein Berater von Jo. "Es gibt eine Menge pragmatischer Probleme zu lösen, um seine Idee in ein echtes Fahrzeug in der realen Welt einzubauen.“

Für die Zukunft hat Young Suk Jo den Einsatz in der Schifffahrt im Visier. Mehr als 80 Prozent des Welthandels werden mit Hochseeschiffen abgewickelt, und die Energieversorgung großer Schiffe mit dem Ammoniak-Energiesystem von Amogy könnte dazu beitragen, die Emissionen zu senken, ohne den weltweiten Warentransport zu verlangsamen.

Das Start-up plant, Ende 2023 eine größere Version seines Systems erstmals in einem Schlepper zu demonstrieren. Anschließend will Amogy eine Produktionsstätte für Energiemodule eröffnen, die miteinander verbunden werden können, um größere Schiffe anzutreiben.

Eine Herausforderung für Amogy könnte allerdings die Verfügbarkeit von Ammoniak sein. Zwar werden jedes Jahr Hunderte Millionen Tonnen dieser Chemikalie produziert. Der größte Teil davon wird allerdings in einem mit fossilen Brennstoffen betriebenen Verfahren hergestellt. Pilot- und frühe kommerzielle Projekte zur Herstellung von Ammoniak mit Hilfe von erneuerbarem Strom oder Systemen zur Kohlenstoffabscheidung gibt es. Sie müssten aber schnell hochgefahren werden, um den kohlenstoffarmen Kraftstoff zu liefern, den Amogy für den Aufbau eines klimafreundlichen Transportnetzes benötigt.

Young Suk Jo ist einer der Preisträger des Wettbewerbs "Innovators under 35". Der von der US-Ausgabe der MIT Technology Review ausgerichtete Wettbewerb zeichnet junge Menschen aus, die Innovationen vorantreiben. Die vollständige Übersicht der ausgewählten Talente findet sich hier. Ausgezeichnet und in einem Porträt dargestellt wurden außerdem Lerrel Pinto, Yatish Turakhia und Sharon Li, die zudem den besonderen Titel "Innovator of the Year" erhielt.

(jle)