Statt Klimaanlage: Gedächtnis-Schaum erkennt Temperatur und sorgt für Kühlung

Fassaden mit wärmeaktiven Schaumstoffen können den Einsatz von energieintensiven Klimaanlagen reduzieren helfen.

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Klimaanlagen gehören in Metropolen dazu. Forschende von Fraunhofer haben einen alternativen Ansatz zur Kühlung entwickelt.

(Bild: IM_photo/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Weltweit verbrauchen Klimaanlagen mehr als 2.000 Terawattstunden (TWh) Strom. Bis 2050 könnte dieser Stromverbrauch nach Angaben der Internationalen Energieagentur in Paris (IEA) sogar auf 6.200 TWh und damit auf 16 Prozent des globalen Strombedarfs ansteigen. Als Alternative stehen intelligente und sparsame Kühlsysteme für Wohn- und Bürohäuser in der Entwicklung. Dabei verfolgen Forschende vom Fraunhofer Cluster of Excellence Programmierbare Materialien CPM in Freiburg einen Ansatz mit Formgedächtnisschäumen in den Hausfassaden. "Das Potenzial ist groß: Bis zu 40 Prozent der Kühlenergie lässt sich auf diese Weise einsparen", sagt Fraunhofer-Forscherin Susanne Lehmann-Brauns.

Die Grundlage für diese passive Kühlmethode ist ein Kunststoffschaum auf der Basis von Polyurethan, der sich abhängig von der Temperatur ausdehnt und wieder zusammenzieht. An einem heißen Sonnentag dehnen sich in die Fassade integrierte Elemente aus Schaumstoff aus und verschließen so die Lüftungsschlitze. So kann das Gebäude vor einem Aufheizen geschützt werden. In kühlen Nächten dagegen zieht sich der Schaumstoff wieder zusammen und die Lüftungsschlitze öffnen sich. Kühle Luft kann dann hinter der Fassade zirkulieren und die Haustemperatur senken.

Energie sparen, Welt retten

Den Forschenden gelang nun die Synthese eines Schaumstoffs mit einer relativ genau eingestellten Temperaturabhängigkeit. Verantwortlich dafür war ein ausgeklügeltes Verhältnis der einzelnen Substanzen des Schaums zueinander. Er dehnte sich bei höheren Temperaturen zwischen 35 und 55 Grad Celsius aus und zog sich bei tieferen Temperaturen unter 20 Grad Celsius wieder zusammen. Dieser Wechsel ließ sich in ersten Experimenten 30 Mal wiederholen. "Die Außenhülle des Hauses erkennt also die Temperatur und reagiert entsprechend", sagt Lehmann-Brauns. Für eine zukünftige Anwendung in einer Hausfassade müsste die temperaturabhängige Formänderung jedoch einige Tausende Male zuverlässig funktionieren.

Schematische Darstellung des Schaumstoffaktuator-Konzepts der ersten (A1), zweiten (B1) und dritten Generation (C1): Grenzzustände der Demonstratoren bei tieferer Temperatur (A2, B2, C2) und erhöhter Temperatur (A3, B3, C3).

(Bild: © Fraunhofer IAP, IBP und ICT)

Dieser Ansatz ermöglicht eine passive Kühlungstechnik, die im Unterschied zu aktiven Lüftungsmethoden auf Sensoren, Ventilatoren und Regelungsventile verzichten könnte. Neben dem Einsatz in der Gebäudekühlung verfolgt die Arbeitsgruppe um Lehmann-Brauns noch weitere Anwendungsfelder. So könnten Schäume mit schaltbaren Lüftungslöchern auch für die Wärmeregelung von Brennstoffzellen genutzt werden, um diese möglichst immer auf der idealen Betriebstemperatur zu halten.

(jle)