Strom statt Zucker: Wie Bakterien aus Elektronen Chemikalien herstellen

Forschende wollen Bakterien mit Elektronen füttern, um ohne Umwege wertvolle Chemikalien aus reinem Strom und CO2 zu gewinnen.

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Jeder der kleinen Reaktoren ist ein bioelektrochemisches System, in dem Pseudomonas-Bakterien Elektronen mit den schwarzen Elektrodenplatten austauschen. Jeder Reaktor ist mit einer anderen Mediator-Flüssigkeit gefüllt. Die Mediatoren sind meist Farbstoffe und übertragen die Elektronen von der Kathode auf die Bakterien.

(Bild: Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut)

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Die Versorgung unserer Welt mit Energie befindet sich im Umbruch – da lohnt es sich, einmal genauer hinzusehen, worauf unser gesamtes Energiemanagement eigentlich basiert: Wenn wir essen, das Licht anschalten, wenn wir heizen, Auto fahren – es geht immer darum, Elektronen aus Bindungen zu lösen, in andere Bindungen zu stecken und die dabei frei werdende Energie zu nutzen.

Regenerative Energiequellen kürzen den Weg der Energie zu uns, im Vergleich zu fossilen Brennstoffen, radikal ab. Allerdings haben wir mit den Zeiten, in denen wir mehr Strom erzeugen, als wir verbrauchen können, oder weniger erzeugen, als wir benötigen, noch unsere Probleme. Batterien oder Wasserstoff als Speicher werden zwar politisch und technologisch vorangetrieben, allerdings haben sie auch die bekannten Schwachstellen.

Dieser Text stammt aus: MIT Technology Review 8/2021

Mehr über unser Gehirn und ob es im Alltag durch Meditation und Achtsamkeit wirklich zur Ruhe kommt, hinterfragt die neue Ausgabe 8/2021 von Technology Review. Das Heft ist ab dem 11.11.2021 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

In der Biotechnologie steigt derzeit ein Technologie-Stern auf, der zwar die bekannten Speichermedien nicht ersetzen, aber perspektivisch klug ergänzen kann: Eine kleine Gruppe Forschender hat sich vor etwa zehn Jahren unter den Kleinsten unter uns umgesehen und bis heute etwa 120 Mikroorganismen gefunden, die sich nicht von Zucker ernähren, sondern von Elektronen. Normalerweise setzen Mikroorganismen Zucker mit Sauerstoff zu CO₂ um und nutzen die Energie, um Moleküle aufzubauen.

"Der Traum, der uns antreibt, ist nicht Zucker, sondern den Strom aus einer Windkraft- oder Solaranlage mit solchen Organismen direkt für die Synthese von Rohstoffen verwenden zu können – ohne Umwege", sagt Miriam Rosenbaum, Pionierin der elektrobiochemischen Synthese vom Leibniz-Institut für Naturstoff-Forschung in Jena.

Dass das keine Spinnerei ist, zeigt die Forschung an biologischen Brennstoffzellen. Die arbeiten genau umgekehrt – die Mikroorganismen nehmen keinen Strom auf, um Stoffe zu synthetisieren, sondern ernähren sich von energiereichen Substraten, produzieren dabei Strom und geben die Elektronen an Elektroden ab.

Da die Natur nach Gleichgewichten strebt, müsste sich dieser Prozess auch umkehren lassen, so die Idee. Das Gebiet boomt – allein in diesem Jahr gab es über 4.600 Publikationen zum Thema mikrobielle Elektrosynthese, Forschungsförderer legen Programme für Elektrobiochemie auf und die Notwendigkeit, CO₂ nicht länger nur zu erzeugen, sondern auch zu nutzen, verleiht dem Feld zusätzlich Schwung.

Wie Elektrobiosynthese funktioniert, wie weit sie fortgeschritten ist, wo die Forschenden die größten Einsatzfelder sehen und weshalb man noch keine Reaktoren für "Elektronenfresser" kaufen kann, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe 8/2021 von MIT Technology Review (im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich).

(jsc)