Vorstellung: Ducati DesertX

Ducati will seinen Kunden eine geländegängige Enduro anbieten und hat mit der DesertX im Rallye-Stil eine reizvolle Alternative zur Multistrada geschaffen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 4 Kommentare lesen
Ducati DesertX

(Bild: Ducati)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Ingo Gach
Inhaltsverzeichnis

In der gehobenen Mittelklasse kommen geländegängige Reiseenduros im Rallye-Stil immer mehr in Mode. Sie setzen auf weniger Leistung, aber auch geringeres Gewicht als bei den fünf Zentner schweren Hubraumriesen – was bei einer Enduro absolut Sinn ergibt, denn im Offroad zählen andere Tugenden als 160 PS und 250 km/h. Das ist auch Ducati bewusst und stellt ihrer sehr straßenorientierten Multistrada ab nächstem Jahr die DesertX zur Seite. Als die Italiener 2019 den Prototyp der DesertX auf einer Messe ausstellten, war die Resonanz so überwältigend, dass die Serienproduktion außer Frage stand.

Die sehr hübsch gezeichnete Enduro zitiert gekonnt Designelemente aus den 1980er-Jahren. Als Vorbild diente den Ducati-Entwicklern die Cagiva Elefant 900 i.E. mit der Lucky Explorer-Lackierung von 1991, die damals einen Ducati-Motor trug und als Werksbike unter Edi Orioli zweimal die Rallye Paris-Dakar gewann. In der Tat sind Ähnlichkeiten zur Cagiva Elefant nicht nur wegen der Lackierung vorhanden, allerdings erinnert die Frontmaske mit den beiden eng beieinander stehenden Rundscheinwerfern eher an die Honda XRV 650 Africa Twin von 1988.

Das Design der DesertX zeigt Elemente aus dem Rallysport wie die Halbschalen-Verkleidung mit steil stehendem Windschild und dem Kotflügel direkt über dem Vorderrad, auf einen Entenschnabel – wie ihn viele Reiseenduros besitzen – verzichtet die DesertX. Die Verkleidung geht zwar in den Tank über, weist aber große Löcher auf, um die Wärme vom Kühler besser abzuleiten. Ein Motorschutz soll harten Felskontakt abwehren und Handprotektoren mit Bügeln die Finger und Handhebel schützen, außerdem können die Gummieinlagen aus den gezackten Fußrasten entfernt werden, damit die Stiefel guten Halt finden.

Ducati DesertX Teil 1 (6 Bilder)

Das Design der DesertX ist an die Cagiva Elefant 900 i. E. aus den frühen 1990er-Jahren angelehnt, die damals einen Ducati-Motor trug und zweimal die Rallye Paris-Dakar gewann.

Stilprägend an der DesertX ist natürlich der üppige 21-Liter-Tank, der gegen Aufpreis sogar um einen Acht-Liter-Hecktank erweitert werden kann. Der Fahrer hat dann die Möglichkeit, eine Pumpe zu aktivieren, die das Benzin vom Heck- in den Haupttank befördert, wenn dieser ein bestimmtes Niveau unterschritten hat. Ducati meint es ernst mit der nötigen großen Reichweite für Wüstendurchquerungen.

Auffallend sind die beiden LED-Scheinwerfer inklusive LED-Tagfahrlicht an der DesertX. Sie schließen bündig mit der transparenten Kunststoff-Front ab, sodass sie fast wie ein Display wirken. Die zweiteilige Sitzbank geriet vorne schmal, um dem Fahrer im Gelände genug Bewegungsfreiheit zu gewähren, weiter hinten wird sie jedoch deutlich breiter für anständigen Sitzkomfort. Mit 875 Millimeter Sitzhöhe ist die DesertX aber nichts für Kurzbeinige. Das LED-Rücklicht ist in den relativ breiten Kotflügel eingelassen, darüber befindet sich ein solider Bügel, der das Ende des angeschraubten Heckrahmens bildet. Gegen Aufpreis können dort Aluminiumkoffer und ein Topcase befestigt werden.

Der Testastretta 11 Grad-Motor mit 937 cm3 war von Anfang an für die DesertX gesetzt und ist schon lange aus der Monster, Hypermotard und Multistrada V2 bekannt. Er leistet in der DesertX mit 110 PS bei 9250/min allerdings geringfügig weniger als in den anderen Modellen. Auch das maximale Drehmoment fällt mit 92 Newtonmeter bei 6500/min etwas geringer aus. Für die Enduro wurde das Getriebe anders abgestimmt, die Gänge eins bis fünf sind kürzer übersetzt, um im Gelände mehr Kraft zu bieten, der sechste Gang ist dagegen länger, um die Drehzahlen und damit auch den Verbrauch bei hohen Geschwindigkeiten zu senken. Serienmäßig bekommt die DesertX einen Quickshifter für beide Richtungen.

Ducati wollte seine Enduro so leicht wie möglich gestalten, was auch leidlich gelang. Der Hersteller gibt ein Trockengewicht von 202 Kilogramm und ein Leergewicht von 223 Kilogramm mit 90 Prozent befülltem Tank an, was für die Klasse ein durchschnittlicher Wert wäre. Schon eher beeindruckend ist die Zuladung von 240 Kilogramm, da steht der Tour mit Sozius und Gepäck nichts im Weg. Für den Offroad-Einsatz wurde ein komplett neuer Gitterrohrrahmen aus Stahl entwickelt und eine Aluminiumschwinge verbaut.

Auch die Federung muss den Herausforderungen im Gelände standhalten und Ducati greift dafür zu Komponenten vom japanischen Hersteller KYB. Die voll einstellbare Upside-down-Gabel mit 46 Millimeter Durchmesser bietet 230 Millimeter Federweg, das ebenfalls in Vorspannung, Zug- und Druckstufe variable Federbein 220 Millimeter. Auch die Bodenfreiheit ist mit 250 Millimeter großzügig bemessen.

Sowohl der Radstand mit 1608 Millimeter als auch der Nachlauf mit 122 Millimeter fallen sehr lang aus, dazu ist der Lenkkopfwinkel von 62,4 Grad ziemlich flach gewählt. Ein Ausbund an Handlichkeit dürfte die DesertX nicht sein. Echte Enduros brauchen für den Geländeeinsatz natürlich Drahtspeichenräder mit 21 Zoll vorne und 18 Zoll hinten. Serienmäßig ziehen die Italiener die bewährten Pirelli Scorpion Rally STR auf, die sowohl auf der Straße als auch im Gelände gut funktionieren. Wie an so ziemlich allen Ducatis übernehmen Bremszangen aus dem Hause Brembo die Verzögerung. Im Falle der DesertX sind es gar die mächtigen M50-Monoblock-Bremszangen vorne in doppelter Ausführung, die auf zwei 320-Millimeter-Bremsscheiben beißen. Hinten unterstützt ein Zweikolben-Schwimmsattel mit 265-Millimeter-Bremsscheibe.

Ducati DesertX Teil 2 (8 Bilder)

Das Design der DesertX zeigt Elemente aus dem Rallyesport wie die Halbschalenverkleidung mit steil stehendem Windschild und dem Kotflügel direkt über dem Vorderrad.

Ducati legt Wert auf viel elektronische Assistenzsysteme und so verfügt die DesertX über nicht weniger als sechs Fahrmodi (Sport, Touring, Urban, Wet, Enduro, Rally), die in Kombination mit vier „Power Modes“ (Full, High, Medium, Low) so ziemlich jeder Aufgabe gerecht werden. Von ganz besonderem Interesse sind der Fahrmodus „Enduro“, der mit auf 75 PS gedrosselter Leistung auch Anfängern das Geländefahren erleichtern soll, und der Fahrmodus „Rally“, der für erfahrene Piloten die volle Leistung freigibt und die elektronische Assistenzsysteme erst spät eingreifen lässt.

Dank einer IMU von Bosch verfügt die DesertX über einstellbares Kurven-ABS, mehrstufige Schlupfregelung, Motorbrems- und Wheelie-Kontrolle. In den Fahrmodi „Enduro“ und „Rally“ kann das ABS komplett ausgeschaltet werden, was auf losem Untergrund auch dringend nötig ist. Ungewöhnlich ist die vertikale Ausrichtung des 5,5 Zoll großen TFT-Displays. Bei ihm hat der Fahrer die Wahl zwischen den Anzeigen „Standard“ und „Rally“, in der Letzteren lässt sich digital ein Tripmaster einblenden, wie er bei Rally-Motorrädern üblich ist.

Per Bluetooth lässt sich das TFT-Display mit dem Smartphone verbinden und kann beispielsweise eine Turn-by-turn-Navigation darstellen. Rundum verfügt die DesertX über LED-Beleuchtung. Der Windschild ist leider nicht verstellbar, und warum er schwarze Punkte trägt, verrät der Hersteller nicht. 15.990 Euro plus 305 Euro Nebenkosten ruft Ducati für die DesertX auf, damit liegt sie exakt 2000 Euro über der Multistrada V2. Die DesertX soll ab Mai 2022 zu den deutschen Händlern kommen.

(mfz)