c’t erklärt 1993 das "Internet"

Ende der Achtzigerjahre tauchte der Begriff "Internet" immer häufiger in der c’t auf. 1993 erklärte Kristian Köhntopp, was das Internet genau ist.

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Von
  • Rudolf Opitz

Wie eine majestätische Eiche, die als unbeachteter Setzling beginnt, startete auch das Internet zunächst unspektakulär als Verbund von Computern einiger US-amerikanischer Unis, die Forschungsaufträge für das Verteidigungsministerium übernahmen. Diese suchten nach einer Technik zum Datenaustausch und so entstand 1969 das Arpanet, benannt nach der Forschungsbehörde DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency), das heute als Vorläufer des Internets angesehen wird.

Die Wissenschaftler erkannten schnell den Nutzen eines Verbunds lokaler Uni-Netzwerke. Kristian Köhntopp erzählte in seinem Artikel "Weltweit vernetzt" aus c’t 2/1993:

"Schon bald zeigte sich, daß nicht nur das Verteidigungsminsterium einen Bedarf an derartiger Technik hatte. Das ARPANET war viel erfolgreicher als ursprünglich geplant: nach kurzer Zeit schon begannen viele Organisationen, das Netz nicht nur für experimentelle Zwecke zu nutzen, sondern verwendeten es auch für ihre tägliche Arbeit."

In den 1970ern zeigten weitere Universitäten und andere Institutionen Interesse und aus dem nicht gerade geheimen Forschungsnetz wurde ein Produktionsnetz. 1974 präsentierten die Informatiker Vint Cerf und Bob Kahn das Internet Protocol IP als gemeinsame Sprache für Verbünde lokaler Netzwerke – interconnected networks oder kurz Internet. Bis in die 1980er-Jahre wurden IP und später TCP/IP und das Arpanet parallel weiterentwickelt. Erst am 1. Januar 1983 startete das Arpanet mit dem TCP/IPv4-Stack und hieß fortan Internet.

"Um den Umstieg zu erleichtern und auch Universitäten für die verwendete Technik zu interessieren, hat man eine frei verfügbare Implementation von TCP/IP für BSD-Unix in Auftrag gegeben und damit den Grundstein zu dem gelegt, was heute als ‚Open Systems‘ in aller Munde ist."

Um diese Zeit entwickelte sich das Internet zwar zu einem nützlichen Werkzeug für Universitäten und einigen Großunternehmen, der Großteil der Bevölkerung hatte von dem Pflänzchen Internet aber noch wenig gehört und nichts gesehen. TCP/IP erwies sich indes als Glücksfall, da es nicht von der jeweiligen Netzwerktechnik abhängig war:

"Ein Programm, das in einer Internet-Umgebung läuft, muß sich nicht darum kümmern, wie es seine Datenpakete aus dem lokalen Ethernet über das Datex-P-Gateway nach Übersee und dort in das lokale Token-Ring-Netzwerk schicken muß. Das Internet-Protokoll kümmert sich darum [...]"

Internet-Werbung aus c’t 12/1988: Hier geht es zwar um eine systemübergreifende LAN-Software und nicht um einen frühen Zugang, doch warb die Firma mit TCP/IP. Zumindest das Internet-Protokoll war also "drin".

Mit anderen Worten: Es ist einem IP-Datenpaket egal, ob es per Glasfaser, Koaxkabel, als Piepton über die Telefonleitung oder an das Bein einer Brieftaube gebunden reist.

Doch was das Internet für Forscher, Studenten und immer mehr Privatleute interessant macht, sind Dienste wie E-Mail, die der Artikel auch beschreibt:

"Auch sind fast alle Universitäten in den meisten Ländern direkt zu erreichen. Wer Freunde oder Bekannte hat, die als Austauschstudent an einer ausländischen Universität sind, wird Electronic Mail als schnelles und billiges Briefmedium schätzen lernen."

Kristian Köhntopp beschrieb ebenso die am ehesten mit den heutigen Social Media vergleichbaren Newsgroups, FTP für den Dateitransfer und Telnet, über den man entfernte Computer per Konsole fernsteuern kann. Das World Wide Web (WWW), das dem Internet endgültig zum Durchbruch verholfen hatte und heute oft mit ihm gleichgesetzt wird, gab es Anfang 1993 noch nicht offiziell. Es wurde erst am 30. April vom Kernforschungszentrum CERN freigegeben, der erste populäre Webbrowser Mosaic erschien im gleichen Jahr.

Als kurze Zeit später die ersten kommerziellen Anbieter Internet für jedermann offerierten, zunächst noch per Modem und Einwahlnummer, bewunderten viele die junge Eiche. Der Absatz an Modems schnellte hoch und im Werbefernsehen saß ein Tennisspieler vor dem PC und hauchte: "Ich bin drin!"

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