"Lame from Paris": Google zeigt viel Brain, aber wenig spannende Neuigkeiten

Das "Brain Team" von Google leistet bestimmt tolle Arbeit. Nur der neue große Wurf ist bei "Live from Paris" ausgeblieben: Es war lahm, meint Eva-Maria Weiß.

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Bei "Live in Paris" ging es auffällig oft um Gebäck.

(Bild: Screenshot)

Lesezeit: 4 Min.

Googles Event "Live from Paris" war vor allem eins: Lame. Bis zum Ende haben wohl alle auf den großen Wurf gewartet, aber der kam einfach nicht. Stattdessen präsentierte das "Brain Team", so heißen die Kollegen in Paris, die sich um maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz kümmern, zahlreiche tolle, aber einfach alte Funktionen. Selbst den einzigen kleinen Wurf, den Google machte, gab es vorab am Montag. Da kündigte CEO Sundar Pichai "Bard" an – eine Light-Version des Chatbots LaMDA, die in die Suche einziehen wird. Möglich, dass für diesen Frühstart Microsoft der Grund war: Die hatten spontan ein Event für Dienstagabend angesetzt, bei dem sie ebenfalls die baldige Integration von ChatGPT in Bing bestätigten. Und schlussendlich scheint das Thema KI den Wettstreit der beiden Unternehmen gerade ordentlich anzufachen.

Ein Kommentar von Eva-Maria Weiß

Eva-Maria Weiß hat an der Universität Wien Kommunikationswissenschaft mit dem Schwerpunkt Medienpsychologie studiert und arbeitet seither als Journalistin.

Google hat live aus Paris eine Dreiviertelstunde lang präsentiert, der Stream lief auf Youtube. Mehrere Mitarbeiter haben eine Fülle an Funktionen für verschiedene Dienste vorgestellt. Zunächst lag der Fokus auf Google Lens, die Bildersuche, die bereits verfügbar ist. Damit kann man beispielsweise einen Screenshot in einem Video machen, auf dem Bodenfliesen zu sehen sind und dieses Bild dann der Suche übergeben. Im besten Fall findet Google einen Anbieter, der die Fliesen verkauft. Im schlechtesten Fall findet Google nur ähnliche, hässliche Fliesen. Ich bin noch immer traurig, weil ich diese Fliesen haben möchte. Aber nun gut.

Hätte ich sie gefunden, könnte Google mir mittels KI einen Teil davon virtuell auf den Boden legen und in der Kombisuche auch andere Farben zeigen, wenn ich per Text darum bitte. Das ist cool! Das ist sogar dann cool, wenn man mal enttäuscht wurde. Aber es ist nicht neu. Die Kamera sei das neue Keyboard, erzählt Prabhakar Raghavan, der bei Google unter anderem für die Suche und den Assistant zuständig ist. Das ist eigentlich spannend, denn bei Microsoft hieß es erst neulich, KI werde den Umgang mit einem Computer ändern wie einst die Maus. Nach Raghavan zeigt Liz Reid, was man mit Google Lens und Multisearch auf dem Android-Phone anstellen kann. Ich kann also ein Gebäck suchen und dann zeigt mir Google, wo ich das bei mir in der Nähe kaufen kann. Cool! Aber auch nicht neu und bisher nur in den USA verfügbar.

Google Maps kann klimafreundliche Routen anzeigen – cool, aber nicht neu. Immersive Erlebnisse durch Augmented Reality (AR) in Maps – grundsätzlich nicht neu. 3D-Bilder mittels NeRF erstellt, die einem die Stimmung in einem Restaurant zeigen können, sodass man bei der Suche entscheiden kann, ob der Ort für eine Date-Night passt. Ja, in diesem Kontext neu, aber auch nur in diesem Kontext, NeRF ist an sich alt.

"Arts & Culture" ist eine spaßige App und ein toller Dienst von Google. In den Bereich fallen Projekte mit Museen, bei denen Dinosaurier via AR zum Leben erweckt werden. In der App kann man eigene Doppelgänger – und sogar von Haustieren – in Kunstwerken finden, das war mal ein kleiner Social-Media-Hype. Richtig gelesen, es war. Auch die gezeigten Blobs, die Opern singen können, sind aufmerksamen Google-Fanboys und -Girls sowie Schreibern bekannt.

Wären da also Bard, die Light-Chatbot-KI, die selbst in der Demo einen Fehler gemacht hat. Was allerdings nicht groß verwunderlich sein dürfte, weil sie nun mal nur ein lernender Chatbot ist. Auch die Konkurrenz ChatGPT macht bekannterweise massenhaft Fehler. Und da wäre NORA, "No Right One Answer", eine Abkürzung, die mir so noch nicht unterkam. Dass es nicht immer eine einzige richtige Antwort gibt, ist eigentlich nur logisch, wird aber oft vergessen, wenn es um die Suche in Suchmaschinen geht. Google ist bisher schnell dabei gewesen, Fragen direkt zu beantworten. Auch der Knowledge Graph, die seitliche Infobox in der Suche, geht davon aus, dass man eine Antwort geben kann. Entsprechend ist es richtig und lobenswert, in solchen Fällen eine Auswahl anzubieten. Nice to have. Absolut.

Aber ganz ehrlich, am Ende waren das trotzdem ziemlich lahme 45 Minuten.

Siehe auch:

(emw)