Sensible Metadaten: NSA kauft auch Daten zur Internetnutzung bei Datenbrokern

Ein US-Politiker kämpft seit Jahren dafür, die Überwachungspraxis von Geheimdiensten transparent zu machen – um sie einzudämmen. Nun gibt es einen Teilerfolg.

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(Bild: nampix/Shutterstock.com)

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Der US-Geheimdienst NSA und mutmaßlich auch andere US-Regierungsbehörden kaufen Daten zur Internetnutzung und befeuern damit eine zwielichtige und weitgehend im Verborgenen arbeitende Industrie. Das hat US-Senator Ron Wyden (Demokraten) jetzt öffentlich machen können, nachdem die US-Regierung ihm das fast drei Jahre lang untersagt hat. Erst als er im Herbst seine Stellung im US-Senat genutzt hat, um die Ernennung eines neuen NSA-Chefs zu verhindern, kam ihm zufolge Bewegung in die Sache. An einen öffentlichen Brief an die US-Geheimdienstkoordinatorin Avril Haines hat Wyden nun eine Erläuterung von NSA-Chef Paul Nakasone angehängt, in der der Erwerb der Daten zur Internetnutzung eingestanden und verteidigt wird.

Während bereits bekannt war, dass US-Geheimdienste und Strafverfolgungsbehörden den vorgesehenen Weg umgehen und Standortdaten zu Mobiltelefonen kaufen, geht es diesmal um Informationen zur Onlinenutzung. In dem Brief an Wyden versichert Nakasone, dass verschiedene Arten von kommerziell verfügbaren Daten von großem Wert für die NSA seien. Hauptsächlich gehe es um Daten zur Internetnutzung im Ausland oder Verbindungen von Menschen in den USA mit dem Ausland. Die beiden Briefe legen nahe, dass es um Metadaten handelt, also etwa dazu, wann sich bestimmte Computer von wo aus mit was für Diensten verbunden haben. Kommunikationsinhalte sind demnach nicht enthalten. Wyden weist aber darauf hin, dass solche Daten ähnlich sensibel sein können.

Wyden weist darauf hin, dass solche Daten zeigen können, welche Amerikaner Hilfe bei Suizidgefahr suchen, wer medizinische Hilfe sucht und sich etwa wegen einer Abtreibung informiert. Es reiche nicht, dass Nutzer und Nutzerinnen von Internetdiensten der Weitergabe von Daten im Allgemeinen zustimmen, sie müssten explizit einwilligen, dass die an Auftragnehmer der US-Regierung für geheimdienstliche Zwecke gehen. Er kenne keinen Data Broker, der das umsetze. Wyden spricht deshalb von einem mutmaßlich branchenweiten Gesetzesverstoß. Wie schon bei früheren Enthüllungen zur Datensammlung von US-Geheimdiensten geht es ihm aber lediglich um den Datenschutz von US-Amerikanern und -Amerikanerinnen. Dabei dürfte die weitaus größte Menge der erworbenen Daten, Menschen im Rest der Welt betreffen.

Die jüngste Enthüllung macht einmal mehr deutlich, dass Geheimdienste zur breiten Überwachung der Internetnutzung nicht unbedingt auf Zugriffe auf die Infrastruktur angewiesen sind. Rund um die Sammlung von Daten etwa zur Benutzung von Apps hat sich eine richtige Industrie gebildet. Die fragt vor allem die Werbebranche nach, aber der Brief von Wyden unterstreicht, dass auch viel Steuergeld dorthin fließt. Ein großer Teil der Daten dürfte von Smartphones stammen und schon vor einem halben Jahr hat Haines zusammengefasst: "Der Regierung wäre es nie erlaubt worden, Milliarden Menschen dazu zu verpflichten, jederzeit Geräte zur Standortüberwachung bei sich zu haben, ihre sozialen Interaktionen aufzuzeichnen oder lückenlose Aufzeichnungen ihrer Lesegewohnheiten vorzuhalten". Smartphones, vernetzte Fahrzeuge, Webtracking und das Internet der Dinge hätten die gleichen Folgen, ohne dass die US-Regierung etwas tun müsse.

(mho)