30 Jahre Cisco, 25 Jahre Cisco Live

Am Montag hat Cisco in San Francisco seine 25. Hausmesse eröffnet. Mit viel Tam-Tam will John Chambers raus aus der Krise. Und der ehemalige CEO Morgridge plaudert unter anderem darüber, wie man Zeit kaufen kann.

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Inhaltsverzeichnis

Das 1984 als Cisco Systems gegründete Unternehmen steckt in der Krise. Die Umsätze gehen zurück und seitens der US-Regierung kommt alles andere als Unterstützung: Cisco-Geräte auf dem Weg zum Kunden abzufangen und zu verwanzen kommt insbesondere bei ausländischen Kunden schlecht an. Wie zum Trotz setzt Cisco-Chef John Chambers auf das Thema Sicherheit: "Wir müssen Nummer 1 bei Sicherheit werden", stellte er am Montag in seiner Eröffnungsrede der Cisco Live in San Francisco fest.

Es ist die 25. Auflage der Hausmesse. 1989 ging es unter dem Titel "Cisco Networkers" mit 200 Teilnehmern los und aktuell wird mit über 25.000 Besuchern ein neuer Rekord aufgestellt. Zusätzlich zählt Cisco noch über 200.000 Online-Teilnehmer. Annähernd 250 Partner und Sponsoren haben sich eingefunden. Für Chambers ist es die 19. Auflage als CEO. Am Sonntag fand bereits eine Zusatzveranstaltung für Frauen statt. Ihr Anteil soll von bisher zwei bis drei Prozent auf zehn Prozent der Besucher gesteigert werden.

"Es wird eine brutale Konsolidierung geben in der Branche in den nächsten fünf Jahren", sagte Chambers am Montag. Zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass auch Cisco nicht vor einer Übernahme gefeit ist. Anhand einer Tabelle zeigte der CEO, dass HP und IBM zwar mehr Quartale mit rückläufigem Umsatz aufzuweisen hätten. Die stärkste Konkurrenz komme aber von den "White Label"-Anbietern, also Unternehmen, die keine (starke) Marke einsetzen.

Grundsätzlich müsse sich IT-Infrastruktur an die Anwendungen anpassen und sich überhaupt schneller verändern. Das gelte auch für Cisco selbst: "Wir ziehen den Mitbewerbern davon, aber wir müssen es schneller tun." Nach wie vor wolle Cisco mindestens 40 Prozent jeden Marktes, in dem es tätig ist, innehaben, bekräftigte der Firmenchef. "In einem Jahr werden wir die Nummer 1 [im Markt für Angebote für die] Zusammenarbeit auf Distanz sein", setzte er ein entsprechendes Ziel.

Über eine Stunde dauerte der Einzug der Besucher in die riesige Vortragshalle. Wer das Pech hatte, schon frühzeitig drin zu sein, wurde ununterbrochen lauter Musik, Lichteffekten, Tänzerinnen und einem durch die Reihen wandernden Eintrommler ausgesetzt. Auch der Auszug aus der Halle (im Bild) nahm geraume Zeit in Anspruch.

Die Herausforderungen im Sicherheitsbereich würden noch zunehmen. Ciscos Entwickler und Anwender müssten von ununterbrochenen Angriffen ausgehen. Ausführlichen Raum widmete Chambers dem "Internet of Everything" und den enormen Möglichkeiten, die sich daraus ergäben. Die Chief Information Officer eines Ölkonzerns sowie eines Wetterdienstes durften auftreten und bestätigen, dass man mit Cisco-Produkten schneller, reicher und schöner wird.

Einige Stunden vor Chambers Eröffnungsrede hatte der ehemalige CEO und emeritierte Verwaltungsratsvoritzende John Morgridge einen rührenden Vortrag vor gut einhundert Journalisten aus aller Welt gehalten. Er erzählte über die Anfänge des Unternehmens, die damalige Unternehmenskultur, die Bedeutung des globalen Selbstverständnisses Ciscos, Bildungsinitiativen und ein über die Jahre gewachsenes Wohltätigkeitsprogramm.

Wie Morgridge ausführte, hatten die Cisco-Gründer Leonard Bosack und Sandy Lerner ("sie wollte CEO werden") den ersten Multi-Protokoll-Router entwickelt. "Das war der Vorläufer des Zusammenbruchs der Schutzmauern der Ein-Lieferant-Systeme", sagte der 80-Jährige. Er war von 1988 bis 1995 der dritte CEO und übernahm anschließend den Vorsitz des Verwaltungsrates. "Cisco wurde von der Stanford-Uni rausgeschmissen, weil sie dort ein Unternehmen geführt haben. Freitagnacht sind sie mit einer Datenbandspule hinausspaziert und am Montag waren sie im Geschäft" – nicht, wie bisweilen behauptet werde, in einer Garage, sondern in einem ansehnlichen Bungalow.

Stanford sei darüber wenig erbaut gewesen. Doch unter CEO Bill Graves, Morgridges unmittelbarem Vorgänger, sei es schließlich zu einer Einigung gekommen. Cisco zahlte 150.000 US-Dollar an die Universität. Rückblickend ein lächerlicher Betrag. "Mit Aktien wären sie besser dran gewesen", scherzte der Senior, "Aber die Wahl hatten sie damals nicht."

Unter seiner eigenen Ägide habe Cisco erstmals andere Firmen gekauft, seither habe es etwa 170 Übernahmen gegeben. "Manche wurden zu einem wesentlichen Geschäftszweig für uns", so Morgridge, der die Strategie dahinter erklärte: "Es gibt nur sehr wenige Wege, Zeit zu kaufen." Erwerbe man ein Startup, kaufe man Zeit, weil sich diese schon länger in ihrem jeweiligen Feld betätigt hätten. "Das zweite, was sie bekommen, sind gute Mitarbeiter".

Es gibt nur sehr wenige Wege, Zeit zu kaufen – der ehemalige CEO und emeritierte Verwaltungsratsvoritzende John Morgridge.

Schließlich bat ein Journalist Morgridge um seine Einschätzung, wie man den Machenschaften der NSA entgegenwirken könne. "Ich bin ein Mitarbeiter, dem [Cisco] einen Dollar im Jahr zahlt. Chambers bekommt viel mehr – unter anderem dafür, dass er diese Fragen beantwortet", schwächte der ehemalige Manager die Bedeutung seiner Antwort schon im Voraus ab. "Wir haben die Position eingenommen, dass wir nicht-autorisiertes Eindringen in unsere Produkte nicht gestatten. Das ist schwierig in einer globalisierten Welt. Da muss man für alle Zeiten wachsam bleiben, um eine gewisse Basis zu halten."

Hinweis: Cisco hat die Reisekosten des Autors übernommen. (dz)