Anzeigen neben NS-Verherrlichung aufgetaucht: IBM stoppt Werbung auf X/Twitter

Eine US-Organisation hat Werbung von US-Konzernen gefunden, die auf X/Twitter neben NS-Verherrlichung ausgespielt wird. IBM hat nun als erstes reagiert.

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Das Logo von X auf dem Dach der Firmenzentrale im Tageslicht

(Bild: Larry Zhou/Shutterstock.com)

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Nachdem eine US-Organisation auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter) Werbung von großen US-Konzernen gefunden hat, die direkt neben Beiträgen stand, die Adolf Hitler und den Nationalsozialismus verherrlichten, hat IBM Konsequenzen gezogen: Gegenüber der Financial Times erklärte das Unternehmen, keine Werbung mehr auf X/Twitter schalten zu wollen. Man habe eine Nulltoleranzpolitik gegenüber Hassrede und Diskriminierung, alle Werbeaktivitäten seien unmittelbar suspendiert worden und man untersuche die "inakzeptable Situation". Betroffen war dem ursprünglichen Bericht zufolge auch Werbung von Apple, Comcast, NBC und Oracle. Dort wurden aber bislang keine Konsequenzen gezogen.

Gefunden hat die Werbung die US-Organisation Media Matters, die sich der Kontrolle von Medien widmet. In einem am Donnerstag veröffentlichten Blogeintrag zeigte sie Screenshots von Werbeanzeigen auf X/Twitter, die direkt unter oder über Beiträgen standen, in denen der Holocaust geleugnet, Adolf Hitler gelobt, Nationalsozialisten als "spirituell erleuchtet" bezeichnet oder die angeblichen Vorzüge des Dritten Reichs aufgelistet wurden. Das hat die Zusicherung des Kurznachrichtendiensts und von Geschäftsführerin Linda Yaccarino untergraben, Werbeanzeigen seien auf X/Twitter davor geschützt, neben "toxischen Inhalten" aufzutauchen. In einer Kurznachricht versicherte sie am Donnerstag, dass X/Twitter gegen Antisemitismus und Diskriminierung vorgehe.

Der Blogeintrag von Media Matters wurde derweil am Donnerstag nur einen Tag nach Kurznachrichten veröffentlicht, in denen der Eigentümer von X/Twitter höchstpersönlich antisemitische Verschwörungstheorien als "Wahrheit" bezeichnet hat. In dem Beitrag heißt es, von jüdischer Seite werde "Hass gegen Weiße" verbreitet, was Musk als "tatsächliche Wahrheit" bezeichnete. Später versuchte Musk das einzugrenzen und behauptete, er habe lediglich die jüdische Anti-Defamation League (ADL) gemeint, die "faktisch anti-weißen Rassismus und anti-asiatischen Rassismus" verbreitete. Das relativierte er aber weiter und ergänzte "nicht alle jüdischen Gemeinden" gemeint zu haben, aber auch nicht nur die ADL.

ADL-Chef Jonathan Greenblatt hat die Äußerungen umgehend kritisiert und es als "unbestreitbar gefährlich" bezeichnet, wenn jemand seinen Einfluss nutze, um solche antisemitischen Theorien zu verbreiten. Mehrfach wurde darauf verwiesen, dass der von Musk verbreitete und gelobte Beitrag Elemente einer antisemitischen Verschwörungstheorie enthält, auf die sich ein Angreifer berufen hat, der 2018 in einer Synagoge in Pittsburgh elf Menschen getötet hat. Das Attentat in der Tree-of-Life-Synagoge war der blutigste Gewaltakt gegen jüdische Menschen in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass Musk auf X/Twitter rechtsextremen oder antisemitischen Ansichten Sichtbarkeit verschafft, auch ihm selbst wurden solche Meinungen unterstellt.

Nach den Ereignissen hat der US-Investor Ross Gerber die Frage aufgeworfen, welche Konsequenzen Musks Handeln für den von ihm geführten Elektroauto-Hersteller Tesla haben werde. Musk handele nicht im Interesse von Tesla, kritisierte Gerber im TV-Sender CNBC: "Er zerstört alles, was er aufgebaut hat" und schade dem Ansehen des Autobauers. Er selbst werde sein Tesla Model Y kommendes Jahr durch ein Fahrzeug des Konkurrenten Rivian ersetzen – "und ich bin sicher, der Rest von Los Angeles macht das auch".

Musk hat Twitter vor einem Jahr für 44 Milliarden US-Dollar gekauft und verschiedentlich dafür gesorgt, dass der Wert des Kurznachrichtendiensts seitdem eingebrochen ist.

Update

Laut Politico hat auch die Europäische Kommission beschlossen, keine Werbung auf X/Twitter mehr zu schalten. Das US-Magazin Axios meldet, dass Apple ebenfalls alle Werbeaktivitäten auf dem Kurznachrichtendienst pausiert hat.

(mho)