Für 2,13 Milliarden Euro: Tafelsilber der Software AG geht an IBM

Für gut zwei Milliarden Euro verkauft die Software AG ihre Integrationsplattformen an IBM – kurz nach der Übernahme durch Investor Silver Lake.

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(Bild: Software AG)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Achim Born

Überraschend gab die Software AG bekannt, dass sie webMethods und StreamSets – vulgo ihr Super-iPaaS-Geschäft – an IBM verkaufen will. Der vereinbarte Kaufpreis beläuft sich auf 2,13 Milliarden Euro – vorbehaltlich der üblichen Anpassungen zum Vollzug der Transaktion inklusive behördlicher Genehmigungen. Falls alles glatt verläuft, wird der Abschluss für das zweite Quartal 2024 erwartet.

Der angekündigte Verkauf kommt völlig unerwartet und abrupt. Denn erst im Herbst "erfand" das Management des Darmstädter Softwarehauses mit der Super iPaaS eine neue Kategorie für Integrationsplattformen. Allgemein gesprochen soll diese in hybriden Szenarien Applikationen, Daten, APIs, B2B und Ereignisströme des wachsenden Konnektivitätschaos unter einer einheitlichen Oberfläche über die gesamte Plattform und Oberfläche hinweg ordnen.

Was gut klingen mag, ist aber keineswegs neu: Eine ähnliche Argumentation begleitete zuvor die Digital Business Platform (DBP). Unter deren Dach fanden – zumindest auf dem Papier – die in den vergangenen 15 Jahren zugekaufte Middleware und Integrationssoftware (webMethods, IDS Scheer, Terracotta, Apama, Cumulocity, Streamset etc.) ihren Platz. Die hiermit verbundenen Wachstumshoffnungen wurden indes nie zur Realität. Im dritten Quartal dieses Jahres gab es hier beispielsweise lediglich ein Plus von einem Prozent auf 134,9 Millionen Euro Produktumsatz. Dagegen konnte das traditionelle Stammgeschäft rund um die Datenbankprodukte Adabas und Natural (A&N) ein Plus von 18 Prozent auf 54,9 Millionen Euro einfahren. Der Betriebsgewinn fiel mit 39,6 Millionen Euro doppelt so hoch aus wie das Ergebnis des deutlich größeren Digital-Business-Segments.

Der unter IBMs Sanjay Brahmawar, der seit August 2018 an der Unternehmensspitze steht, eingeleitete Umbau (Projektname: Helix) hin zu einem stärker Cloud-orientierten Vermarktungsmodell entwickelte sich gleichfalls zäh. In diesem Zuge stieg vor rund zwei Jahren auch der Investor Silver Lake bei dem Darmstädter Unternehmen als strategischer Partner ein. Dessen Finanzspritze von 344 Millionen Euro half im Frühjahr vergangenen Jahres die 524 Millionen Euro teure StreamSets-Übernahme zu finanzieren. Vor allen Dingen war sie jedoch der Einstieg in den Aufkauf des ältesten hiesigen Softwareprodukt-Unternehmens in diesem Jahr. Inzwischen besitzt Silver Lake gut 93 Prozent der Anteilsscheine und wird wie angekündigt das Delisting – also das Aus der Software AG an der Börse – besiegeln.

Der Investor macht mit avisierten Verkauf von webMethods und Streamsets an IBM überraschend schnell erst einmal Kasse. Die im Rahmen der Übernahme erfolgte Verlautbarungen, dass unter dem neuen Eigner zunächst keine wesentlichen Änderungen vorgesehen sind, hatte also eine recht überschaubare Halbwertzeit. Die vollmundigen Ankündigungen Brahmawars – "[…] sind bereit, in eine neue Wachstumsphase einzutreten, angeführt von unserer wegweisenden Super-iPaaS-Plattform" – waren binnen zwei Monaten Makulatur. Sein Kommentar zum jetzigen Geschehen lautet: "Diese Transaktion ist eine Bestätigung unserer Strategie und zeigt die Wertschätzung jener Produkte, die das Herzstück unserer Super-iPaaS-Vision bilden."

Nun obliegt es der Vertriebsmannschaft von IBM, diese Vision in Kombination mit eigenen Produkten, darunter Watsonx, Red Hat sowie die IT-Automatisierungstools umzusetzen und merkantil ausschöpfen. Die Software AG wiederum muss sich mit dem verbleibenden Produktportfolio – Datenbanken (Adabas & Natural), Prozessmanagement (Aris), IT-Architektur-Management (Alfabet) und Iot-Plattform (Cumulocity) – komplett neu orientieren respektive positionieren.

(fo)