BND-Skandal: Diskussion über Ermittlungsbeauftragten für Selektoren

Weil nicht erwartet wird, dass die USA eine Weitergabe der NSA-Selektoren an Bundestagsabgeordnete genehmigt, machen Koalitionspolitiker nun einen anderen Vorschlag: Sie wollen einen Sonderermittler einsetzen, der Einsicht nimmt und Bericht erstattet.

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(Bild: dpa, Boris Roessler)

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In der Großen Koalition wird erwogen, einen Sonderermittler zu berufen, der Einsicht in die Selektoren-Listen der NSA-Spionageziele für den BND nehmen soll. "Das ist ein gangbarer Weg", sagte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann der dpa zufolge am Dienstag in Berlin. "Der Bundestag muss in einem geeigneten Verfahren informiert werden über das, was da genau passiert ist." Nur so könnten die Vorgänge richtig politisch bewertet und die richtigen Schlussfolgerungen daraus gezogen werden. Als Alternative könnte das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium die Listen einsehen.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Die Opposition reagierte ungehalten auf den Vorschlag. So sagte Konstantin von Notz, der Grünen-Obmann im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags gegenüber Spiegel Online, er halte von der Idee gar nichts, unabhängig von der Person: "Da kann auch Benedikt der XVI. kommen." Das Parlament müsse die Listen einsehen können und zwar nicht nur das Kontrollgremium, sondern auch der NSA-Ausschuss. Hans-Christian Ströbele nannte den Vorschlag demnach sogar den "Versuch einer Entrechtung des Parlaments". Sollten die Selektoren-Listen nicht an das Parlament gehen, wollen die Grünen eine Verfassungsklage einreichen.

Unterdessen weisen neue Zahlen bezüglich der von der NSA gelieferten Selektoren darauf hin, dass selbst der BND nicht so genau weiß, was da von seinem Partner kommt. Nach Angaben der Linksfraktion zeigen neue Unterlagen, dass alleine im August 2013 zwischen acht Millionen und neun Millionen NSA-Selektoren in den BND-Systemen aktiv waren. Für mehr als drei Millionen davon habe der BND nicht einmal zuordnen können, welches Land sie überhaupt betrafen, zitiert Zeit Online Martina Renner (Linke). Dort heißt es weiter, dass der BND offenbar keine feste Definition habe, was ein Selektor überhaupt ist. Es könne sich um eine einzelne Telefonnummer, eine MAC-Adresse, eine IMSI-Kennung oder aber eine E-Mail-Endung handeln. Davon wären dann aber unzählige Personen betroffen. (mho)