Bahnchef kritisiert Umsetzung des deutschen E-Mobilitätsprogramms

Rüdiger Grube, Geschäftsführer der Deutschen Bahn, sorgt sich, dass das Thema Elektromobilität hierzulande nur "halbherzig" vorangetrieben wird. Der chinesische Wissenschaftsminister Wan Gang betonte, dass E-Autos "ein Muss" darstellten.

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Rüdiger Grube, Geschäftsführer der Deutschen Bahn, sorgt sich, dass das Thema Elektromobilität hierzulande nur "halbherzig" vorangetrieben wird. Er habe etwa "große Magenschmerzen", dass E-Autos nicht mit innovativen Marketingkonzepten an den Kunden gebracht würden, erklärte der Konzernchef am Montag auf der Internationalen Konferenz für E-Mobilität. Es sei zwar "klasse", was Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im Rahmen der Nationalen Plattform Elektromobilität leisteten, aber das sei noch viel zu wenig.

Audi-Forschungsprojekt Eperformance

(Bild: Stefan Krempl)

Firmen redete Grube ins Gewissen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Die Bahn selbst werde 2500 E-Fahrzeuge einkaufen für den Eigenbetrieb. Und man arbeite mit Siemens und der Deutschen Telekom an einer Initiative, 10.000 elektrische Firmenautos einzusetzen. Die Bahn sei zudem schon heute mit ihrer Carsharing-Plattform Flinkster, die 500 emissionslose Kleinwagen im Betrieb habe, der größte Betreiber von Elektrofahrzeugen in Deutschland. Dabei müsse man auch offen sein für Mischkalkulationen. So investiere der Konzern zehn Prozent der mit dem Wohlwollen der Kunden generierten Mehreinnahmen in erneuerbare Energien.

Für Opel-Chef Karl-Thomas Neumann liegt der Schlüssel zum Durchbruch in der Kohlendioxid-Gesetzgebung. Die Niederlande etwa hätten hier sehr scharfe Vorgaben erlassen, sodass der Hybridwagen Ampera sich dort gut verkaufe. Andererseits werde der Fahrzeugtyp in anderen EU-Ländern nicht einmal als abgasarm eingestuft, sodass noch Harmonisierungsbedarf bestehe. Auch Einsparmöglichkeiten bei City-Mauts oder vereinfachte Anmeldeverfahren stellten politische Stellschrauben dar. Ein Listenpreis von 45.900 Euro für den Ampera sei hoch, räumte Neumann ein. Damit verliere der Autobauer aber Geld und subventioniere das Fahrzeug so intern.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach sich dafür aus, Prozesse und Systeme rund um die Elektromobilität stärker zusammenzuführen. Außerdem machte sie einen engen Zusammenhang mit der Energiewende aus. Sonst verfüge auch das "scheinbar so tolle Elektroauto" über keine emissionsarme Fahrweise. Zusätzlich sei es wichtig, "schnellstmöglich eine gute Ladeinfrastruktur hinzubekommen". Um die Integrationserfordernisse zu meistern, warb Merkel für "viel Zusammenarbeit zwischen Ländern". Dazu sei die Normung "die halbe Miete im Geschäft". Merkel begrüßte daher den Vorschlag der EU-Kommission, "unseren Lieblingsstecker" für Ladestationen europaweit verbindlich zu machen.

Zugleich stellte sich die Kanzlerin hinter die Forderung von Autobauern wie Daimler, die Kohlendioxidgrenzen für Autos mit den sogenannten Supercredits stärker auf den Flottendurchschnitt eines Herstellers anzurechnen. Kritiker wie Greenpeace sehen dahinter ein Reinwaschen der Industrie, der nur daran gelegen sei, weiter Luxuskarossen zu fabrizieren. Die Regierungschefin hielt dagegen, dass Innovationstreiber oft gerade aus der Entwicklung "größerer" Autos stammten und "diese Wertschöpfungskette nicht kaputt" gemacht werden solle.

Konzeptstudie des Smart Forvision

(Bild: Stefan Krempl)

Unisono mit Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler lehnte Merkel "Kaufprämien" und weitere Subventionen ab. Für die Akzeptanz beim Kunden sei es wichtiger, "großartige Fahrzeuge hervorzubringen", da diese dann "automatisch" angenommen würden, meinte der FDP-Politiker. Dabei werde sich auch die Gesellschaft verändern, wenn etwa mehr Fahrzeuge "geteilt" würden.

Der chinesische Wissenschaftsminister Wan Gang betonte, dass Elektrofahrzeuge "ein Muss" darstellten. Es gebe trotz eines "sehr zähen Prozesses" bei der Verbreitung der Technik keine Alternative dazu, um Erdölimporte und den Kohlendioxidausstoss zu verringern. Ziel seiner Regierung sei es, bis 2015 rund 500.000 Busse und zwei Millionen private Autos mit E-Antrieb auf die Straße zu bringen. Bis Ende 2012 seien 27.400 Fahrzeuge erreicht worden. Zum Vergleich: Die Bundesregierung will bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen, derzeit sind es einige tausend.

400 Millionen Pfund habe die britische Regierung für die Förderung der E-Mobilität derzeit bereitgestellt, führte der aus London angereiste Transportstaatssekretär Norman Baker aus. 20 Modelle würden im nächsten Jahr erwartet. Als erfolgreich bezeichnete er Versuche mit "kabellosem Laden", die die Technik nutzerfreundlicher machen sollen.

Bernhard Rohleder, Geschäftsführer des Hightech-Verbands Bitkom, drängte derweil auf einen "ganzheitlicheren Ansatz bei der Förderung". Im Zentrum der Elektromobilität stehe ein hochkomplexes Informations- und Kommunikationsnetz, von dem Fahrzeuge, Energiebereitstellung und Verkehrsströme gemanagt würden. Im Fokus der Entwicklung solle daher "das System E-Mobilität" als Kern intelligenter Verkehrs- und Energienetze stehen. (mho)