Roboter navigiert wie ein Insekt

Trotz eines begrenzten Gehirns können Insekten flink navigieren. Das lässt sich auch für Roboter nutzen.

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Der Roboter hält sich in der Mitte eines Korridors dank eines neuronalen Aktivitätsmodells, das auf dem Verhalten eines Insekts basiert.

(Bild: Leoni von Ristok)

Lesezeit: 3 Min.

Wissenschaftler der University of Groningen haben einen Roboter entwickelt, der sich wie ein Insekt verhält. Der Roboter nutzt zur Navigation ein neuronales Aktivitätsmodell, das sich an Insekten orientiert. Insekten können Hindernissen ausweichen und durch winzige Öffnungen bewegen, obwohl sie nur über ein begrenztes Gehirn verfügen. Sie bedienen sich dabei eines einfachen Tricks: Anstatt sich auf ihr Sehvermögen zu verlassen und das Gesehene in Steuerbefehle für Flügel und Beine umzusetzen, achten sie lediglich auf Bewegungen.

"Zum Beispiel, wenn man in einem Zug sitzt", erklärt Elisabetta Chicca, eine der beteiligten Forscherinnen an der Studie "Finding the gap: neuromorphic motion-vision in dense environments", die in Nature Communications veröffentlicht ist. "Die Bäume in der Nähe scheinen sich schneller zu bewegen als die Häuser in der Ferne. Insekten nutzen diese Information, um daraus zu schließen, wie weit etwas entfernt ist. Das funktioniert gut, wenn sie sich in einer geraden Linie bewegen, aber die Realität ist nicht so einfach."

Sobald sich die Insekten in Kurven bewegen, sind die Informationen für das Insektenhirn zu komplex. Deshalb passen sie ihr Verhalten so an, dass sie das Problem mit ihrem begrenzten Gehirn bewältigen können. Sie fliegen dann einfach in einer geraden Linie, drehen um und fliegen wieder in einer geraden Linie zurück. Die Insekten lösen das Problem also durch eine Verhaltensänderung.

Die Wissenschaftler suchten nach dem neuralen Mechanismus, der hinter dem Verhalten der Insekten steckt und entwickelten daraus ein Modell ihrer neuronalen Aktivität. Das übertrugen sie auf einen vierrädrigen Roboter, der das Modell zur Navigation nutzte.

Das wichtigste Prinzip des Modells ist es, immer auf den Bereich mit der geringsten scheinbaren Bewegung zuzusteuern, um nirgends anzuecken. Die Forscher ließen den Roboter durch einen schmalen Korridor fahren, dessen Wände mit einem Aufdruck versehen waren. Dem Roboter gelang es, sich mithilfe des Aktivitätsmodells so im Korridor zu zentrieren, dass er sich genau in der Mitte entlang bewegte.

Das Modell ließ sich auch in Räumen mit Hindernissen und Öffnungen anwenden. Auch hier zeigte der Roboter ein ähnliches effizientes Verhalten wie Insekten.

"Ein Großteil der Robotik befasst sich nicht mit Effizienz. Wir Menschen neigen dazu, mit zunehmendem Alter neue Aufgaben zu lernen, und in der Robotik spiegelt sich dies im aktuellen Trend des maschinellen Lernens wider. Aber Insekten sind in der Lage, von Geburt an zu fliegen. Eine effiziente Art und Weise, dies zu tun, ist in ihren Gehirnen fest verdrahtet", sagt Chicca.

Die Forschenden planen nun, das spezifische Insektenverhalten in einen kleinen Chip einzubauen, anstatt einen Allzweckcomputer zu verwenden. Der Chip könnte kleiner ausfallen und die Aufgabe wesentlich energieeffizienter erledigen.

(olb)