Bericht: VZnet war mit "Erpresser" handelseinig

Nach dem Selbstmord des mutmaßlichen SchülerVZ-Erpressers äußert sich der Betreiber weiterhin nicht zu offenen Fragen. Jüngsten Berichten zufolge hatte sich VZnet mit dem Verdächtigen schon auf einen Vertrag geeinigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 173 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Der junge Programmierer, der sich nach Erpressungsvorwürfen seitens des Netzwerkbetreibers VZnet in der Untersuchungshaft das Leben genommen hat, war vor seiner Festnahme am Abend des 18. Oktober offenbar so gut wie handelseinig mit dem VZnet-Management. Das sagte der 20-jährige Erlanger während seiner Vernehmung durch die Polizei aus, berichtet das Magazin Stern in seiner neuen Ausgabe. Im Gespräch mit Vertretern des VZnet-Managements sei bereits ein Vertragsentwurf aufgesetzt worden, habe der Verdächtige weiter ausgesagt. Der Geschäftsführer habe einer Zahlung von 80.000 Euro zugestimmt, wenn der 20-Jährige die Forderungen der Firma erfülle.

Rechtsanwalt Ulrich Dost hatte unter Hinweis auf die Ermittlungsakte zuvor auch gegenüber heise online erklärt, dass VZnet mit der genannten Summe zunächst einverstanden gewesen und auch schon ein entsprechender Vertrag aufgesetzt worden sei. Wie der Stern nun weiter berichtet, habe VZnet die Polizei gerufen, nachdem sich der Erlanger geweigert habe, die Adressen derjenigen Personen preiszugeben, die im Besitz der gesammelten Daten sind. Der 20-Jährige hatte mit einem Crawler die Daten von mehreren hunderttausend Nutzern der Netzwerke von VZnet gesammelt.

Damit wachsen die Zweifel an dem Erpressungsszenario, wie VZnet es beschreibt. Das Unternehmen macht weiterhin keine Anstalten, offene Fragen zu beantworten. "Aus dem Zusammenhang gerissene Details der Ermittlungsunterlagen" werde er nicht kommentieren, ließ Berger-de León dazu lediglich mitteilen. "Zu keinem Zeitpunkt" habe das Unternehmen dem "Tatverdächtigen ein Zahlungsangebot oder gar Schweigegeldangebot" unterbreitet. Diese Darstellung steht allerdings im direkten Gegensatz zu eben jenen Details aus den Ermittlungsakten, die VZnet nicht kommentieren will.

Den Verlauf eines Chats des Verdächtigten mit VZnet-Technikchef Jodok Batlogg, bei dem auch über Geld gesprochen wurde, hatte am Wochenende auch der Spiegel aufgegriffen. Danach habe Batlogg den Kontakt aufgenommen und eine mögliche Bezahlung in Aussicht gestellt. Die Sicherung der Daten dürfe "auch was kosten", wird der CTO zitiert. Der Erlanger und andere könnten "bei uns rumhacken wie sie wollen. ich bezahl euch sogar gerne dafür!“ Unter der Bedingung: "Wenn ich jemanden dafür bezahle, möchte ich, dass das nicht public wird“.

VZnet bezahlte nach dieser Kontaktaufnahme die Taxifahrt des Erlangers nach Berlin, wo er schließlich in den Räumlichkeiten des Unternehmens festgenommen wurde. Der VZnet-Technikchef hat dem Spiegel zufolge danach bei der Polizei ausgesagt, dass der 20-Jährige sofort 20.000 Euro verlangt habe. Der Verdächtigte dagegen erklärte, er sei von den VZnet-Mitarbeitern gefragt worden, ob es ihm um Geld oder um Ruhm gehe. "Wenn die mir Geld anbieten“, soll er der Polizei gegenüber ausgesagt haben, "nehme ich es gern an.“

Der junge Mann hatte sich nach zwei Wochen in der Untersuchungshaft in Berlin Plötzensee das Leben genommen. Nach Justizangaben habe es keine Anzeichen gegeben, die auf etwaige Suizidgefahr hindeuteten. Er habe einen "lockeren und aufgeschlossenen Eindruck" gemacht. Allerdings war den Behörden wohl ein Gutachten bekannt, dass dem 20-Jährigen eine Persönlichkeitsstörung attestierte. Zudem ist inzwischen bekannt, dass der Erlanger kein gänzlich unbeschriebenes Blatt war. Er hatte wegen Betrügereien auf eBay bereits einmal in Untersuchungshaft gesessen.

Siehe dazu auch:


(vbr)