Bit-Rauschen: EU-Chips-Act eingetütet, Intel streicht und Samsung will überholen

Fördergelder können fließen, Intel will schrumpfen und Samsung soll beim "3-Nanometer"-Prozess den Chipprimus TSMC bei einer wichtigen Metrik überholt haben.

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Gute Nachrichten nicht nur für den geplanten Intel-Standort auf einem Feld bei Magdeburg: Die EU gibt endgültig grünes Licht für die Fördertöpfe auf dieser und anderen grünen Wiesen. Anglizierend könnte man sagen, "the EU has got its act together", die EU kommt endlich aus dem Quark. Wobei das in diesem Falle gar nicht einmal so langsam vonstatten ging. Denn der Chips Act identifizierte die für viele erst während der Covid-Pandemie allzu offensichtlich gewordenen Abhängigkeiten und Schwächen globaler Lieferketten. Er soll den in der EU hergestellten Anteil an Chips bis 2030 von 10 auf 20 Prozent verdoppeln. Die oftmals in geradezu glazialer Geschwindigkeit arbeitende Europapolitik hat also einen nicht zu verachtenden Sprint hingelegt.

Nachdem sich Europarat und Parlament bereits am 11. April auf den Inhalt des EU Chips Act verständigt hatten, war die drei Monate später erfolgte Zustimmung des Parlaments reine Formsache. Damit werden EU-Fördergelder in Höhe von 3,3 Milliarden Euro bewilligt. Das klingt insgesamt wenig, aber wichtiger sind die ebenfalls erlaubten Förderungen in den EU-Staaten, die diese jedoch selbst finanzieren müssen. Das wiederum löste Streit wegen der inhärenten Benachteiligung kleinerer Staaten aus, wie Frank Bösenberg, Geschäftsführer des Vereins Silicon Saxony, auf Twitter erläuterte. Die EU hofft, so insgesamt über 40 Milliarden Euro in Entwicklung und Ausbau der Chipfertigung stecken zu können.

Nach Consumer-Mainboards, Netzwerk-, Krypto-Mining- und Serversparte stellt Intel nun auch seine letzten bedeutenden Endkundenprodukte ein. Die NUCs, oder "Next Unit(s) of Computing", hat es in der neuesten Sparrunde erwischt. Intel verweist die Fans der seit zehn Jahren verkauften Mini-PCs auf das etablierte Ökosystem der Partner, wird aber für die bereits verkauften Produkte den garantierten Support leisten. Als Teil der größeren Umbaustrategie kommt Intels Schritt nur mäßig überraschend, auch wenn gerade die NUCs sich einiger Beliebtheit erfreuten.

Um Intels kommende Chipgeneration Arrow Lake wird derweil die Gerüchteküche vorgewärmt. Der Nachfolger der für die zweite Jahreshälfte 2023 für Notebooks erwarteten Meteor-Lake-Generation soll 2024 auch als "S-Variante" für den Desktop erscheinen. Im Vergleich zum Core i9-13900K, der auf eine Leistungsaufnahme von offiziell bis zu 253 Watt hochgeprügelt wurde, soll der Zuwachs in Benchmarks zwischen 3 und 21 Prozent ausfallen, weiß die Website igorslab.de zu berichten. Man stützt sich dabei auf durchgestochene Folien aus der Industrie, die die Prozessoren bei gleicher Kernkonfiguration und annähernd gleichem Power-Limit (253 zu 250 Watt) betrachten. Inwieweit dabei aber die Architektur über die Instructions per clock (IPC) eine Rolle spielt, lässt sich so kaum sagen – auch größere Caches oder schnellerer Speicher können für Mehrleistung in Benchmarks sorgen.

Nach Jahren der Vollauslastung herrscht unter den Chipherstellern wieder ein Hauen und Stechen um Kundschaft. Koreanische Analysten von Hi Investment & Securities wollen nun Zahlen gefunden haben, in denen die Qualität von Samsung Semiconductors 3-Nanometer-Produktion etwas besser abschneidet als die des taiwanischen Marktführers TSMC. Der sogenannte Yield, also die Fläche ohne Defekte, liege derzeit bei 60 Prozent anstelle von 55 Prozent bei TSMC. Das ist für die topmoderne Fertigung schon gut, aber deutlich unter den 75 (Samsung) bis 80 Prozent (TSMC) der etablierten 4-Nanometer-Prozesse. Die Prozessnamen sind zwar Schall und Rauch, erlauben aber den Vergleich zwischen einzelnen Prozessgenerationen, deren weitere wichtige Parameter die mögliche Transistordichte und die Transistorperformance pro Watt umfassen – Yield ist eben nicht alles.

Mit dem Chips Act soll die Fertigung innerhalb der EU gefördert werden, um so die Abhängigkeit von vulnerablen Lieferketten zu verringern.

(Bild: EU-Kommission)

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(csp)