Bit-Rauschen: Raspi-Rosenkrieg, schmelzende Stecker und Kryptokurse, starker ARM

Lieferschwierigkeiten, abstürzende Kryptowährungskurse und überhitzende Grafikkarten-Steckverbinder führen zu Zank. Amazon macht Graviton noch stärker.

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Allerorten gibt es Streit. Die Entwickler von Raspberry Pi Ltd. hatten seit dem ersten Raspi im Jahr 2012 mit dem Distributor und Fertigungspartner RS Components kooperiert. Doch lange anhaltende Raspi-Lieferschwierigkeiten belasteten die Beziehung. Dabei haben die Raspi-Macher wohl viel Porzellan zerschlagen, weil sie ihre Platinen gerne auch an Industriekunden verkaufen wollen. Das ist grundsätzlich eine gute Idee, um den Absatz langfristig zu sichern und mehr Geld für die Fortentwicklung einzunehmen. Doch wer nicht liefern kann, wird schnell ersetzt.

RS Components arbeitet nun über die Tochterfirma OKdo mit Radxa aus Shenzhen zusammen und lässt den Rock 4 SE mit Rockchip RK3399 in Großbritannien produzieren. Offenbar hofft man, mit dem Rock 4 SE von den Raspi-Lieferschwierigkeiten profitieren zu können. Allerdings liegen der Rock 4 SE im Speziellen beziehungsweise Rockchip im Allgemeinen bei der Linux-Unterstützung weit hinter den Raspis zurück. Das muss für Industriekunden aber kein Nachteil sein.

Die schnellen, aber stromdurstigen Grafikkarten der Baureihe Nvidia GeForce RTX 4090 sind die ersten, die den 12VHPWR-Stromstecker für die Verbindung zum ATX- beziehungsweise ATX-3.0-Netzteil verwenden. Kurz nach Einführung der neuen Grafikkarten tauchten jedoch Berichte über sich erhitzende und sogar schmelzende Stecker auf. Nvidia prüfte den Sachverhalt und schätzt das Problem als Bedienungsfehler ein: Demnach waren die Käufer der Grafikkarten zu blöde, um den Stecker richtig einzustecken. Derartige Kundenbeschimpfung kommt stets gut an und am 11. November klagte Herr Lucas Genova in Kalifornien gegen Nvidia.

Bei der GeForce RTX 4090 und RTX 4080 ist es besonders wichtig darauf zu achten, dass der Stromstecker 100-prozentig fest sitzt.

(Bild: Nvidia)

Der 12VHPWR-Stecker verträgt die starken Ströme nur, wenn er korrekt in der Buchse sitzt und alle Bauteile sowie die Crimpverbindungen der einzelnen Adern sorgfältig ausgeführt sind. Damit sich der Stecker richtig einstecken lässt, muss die Buchse aber auch gut erreichbar sein und darf nicht teilweise unter scharfkantigen Kühlern verschwinden.

Die Industrievereinigung PCI-SIG war an der Spezifikation des Steckverbinders beteiligt. Sie mahnte in einer öffentlichen Stellungnahme, dass Firmen für die sorgfältige Umsetzung von PCI-Spezifikationen selbst verantwortlich seien. Das war wohl als Ohrfeige an Nvidia und die Grafikkartenhersteller gemeint.

Im Mai brach die Kryptowährung TerraUSD zusammen: Der vermeintliche "Stablecoin" trug diesen Namen zu Unrecht. Schockwellen dieses Crashs wirken weiter nach. Das Vertrauen in die hochtrabenden Versprechungen der Kryptoprediger schmolz dahin wie GPU-Stromstecker, Kryptokurse rauschten in die Tiefe. Die Kryptobörsen Blockfi, Coinbase, Crypto.com und Kraken entließen Mitarbeiter, Bitfront wird geschlossen und FTX brach sogar zusammen.

Einige der zu großem persönlichen Reichtum gekommenen FTX-Chefs verhielten sich anscheinend so schlecht, wie man es befürchtet hat. Das bekundete jedenfalls der Insolvenzexperte John J. Ray III, der den FTX-Schaden aufräumen soll, siehe c’t 26/2022 auf Seite 14. Er sieht Anzeichen dafür, dass einige Manager "kompromittiert" gewesen sein könnten.

Der Kryptowinter kühlt auch das Geschäft mit virtuellen Gütern ab, den sogenannten Non-Fungible Tokens (NFT). Und bisher melden noch immer erst sehr wenige andere Blockchain-Geschäftsideen nachhaltigen Erfolg. Seit Mai haben mehrere Fintech-Firmen, also Geldinstitute mit digitalen Geschäftsmodellen, Beschäftigte entlassen. Das deutet darauf hin, dass sich die Erfahrungen und Geschäftspraktiken etablierter Finanzinstitute doch nicht so leicht durch Algorithmen ersetzen lassen wie erhofft.

Amazon-Manager Peter DeSantis zeigt einen Server mit Graviton3E-Prozessoren, die deutlich höhere Vektor-Rechenleistung liefern sollen als ihre Vorgänger mit ARM-Neoverse-V1-Kernen.

(Bild: Amazon AWS)

Die abstürzenden Kurse von Ethereum & Co. rissen auch die Grafikkarten-Verkaufszahlen von AMD und Nvidia in die Tiefe. Zuvor hatten beide behauptet, der Boom der Grafikchips beruhe auf der Nachfrage von PC-Gamern.

Gute Nachrichten überbrachte die Amazon-Cloudsparte AWS: Ein Jahr nach dem ARM-Serverchip Graviton3 avisierte sie den Graviton3E, dessen Scalable Vector Extensions (SVE) bis zu 35 Prozent mehr Gleitkommarechenleistung liefern sollen. Cloudinstanzen mit Graviton3E starten 2023.

Zum Bit-Rauschen gibt es regelmäßig auch einen Podcast.

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(ciw)