Breitbandausbau: Telekom und Mitbewerber im Wettstreit um Hauptverteiler

Der ehemalige Staatsmonopolist beschäftigt nun die Bundesnetzagentur mit einem Entwurf für den Vectoring-Ausbau. Die Wettbewerber finden aber nach Monaten der Stagnation mit einem Gegenangebot aus der Defensive heraus.

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Breitbandausbau: Telekom und Mitbewerber im Wettstreit um Hauptverteiler
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Die Bundesnetzagentur meldet, dass ihr die Deutsche Telekom nun einen konkreten Entwurf zum bundesweiten Vectoring-Ausbau aller Hauptverteiler-Nahbereiche bis Ende 2018 vorgelegt hat. Die Behörde will den Entwurf nun "in einem förmlichen und transparenten Regulierungsverfahren unter Einbindung aller interessierten Marktakteure prüfen". Zudem sieht sie sich offenbar veranlasst zu betonen, das Angebot werde weder die behördliche Entscheidung noch das Regulierungsermessen der Bundesnetzagentur vorweg nehmen.

Die Telekom hatte im Februar eine Änderung der regulatorischen Bedingungen für den Zugang zur letzten Meile, der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) beantragt und damit die Mitbewerber geschockt. Telekom möchte die exklusive Vectoring-Technik künftig auch in den um die Hauptverteiler liegenden Nahbereichen für den Internet-Zugang einsetzen. Dabei hat sie eine Investitions- und Ausbauzusage in Aussicht gestellt, alle Hauptverteiler-Nahbereiche bis Ende 2018 mit der Vectoring-Technik zu erschließen und so die Bundesnetzagentur in Zugzwang gebracht. Bundesweit handelt es sich um rund 7.900 Hauptverteiler. Sobald sie einen Entscheidungsentwurf erarbeitet hat, will ihn die Bundesnetzagentur zur nationalen Konsultation veröffentlichen. Alle interessierten Marktakteure seien dann eingeladen, dazu Stellung nehmen.

So wie Vectoring ausgelegt ist, kann die Technik an jedem Kabelverzweiger oder Hauptverteiler immer nur ein Anbieter betreiben. Wettbewerber müssten daher ihre Technik von jedem Hauptverteiler abziehen, für den die Telekom den Zuschlag bekommt und könnten dort selbst keine individuellen DSL-Produkte mehr anbieten. Sie wären dann auf ein Vorprodukt der Telekom angewiesen (Bitstrom-Zugang). Die Bundesnetzagentur hatte erst kürzlich die Regeln für den Bitstrom-Zugang festgelegt. Wettbewerber begrüßten zwar die Entscheidung, fürchten aber, die Telekom könne den Spielraum für hohe Preise nutzen.

Die in diversen Verbänden organisierten Mitbewerber laufen von Anfang an Sturm gegen die Vectoring-Pläne der Telekom. Eine Genehmigung würde die Re-Monopolisierung des Tk-Markts einläuten und damit praktisch allen Liberalisierungsaufwand, den die Bundesnetzagentur betrieben hat, zunichte machen. Der Breko-Verband forderte aus diesem Grund erneut die Trennung von Netz und Betrieb der Deutschen Telekom.

Zum aktuellen Entwurf meldet der Breko-Verband, er werde die Investitionszusage der Telekom in den kommenden Tagen prüfen und sich ausführlich äußern. Vorab kritisiert aber Breko-Präsident Norbert Westfal, dass der Glasfaserausbau nach der Vectoring-Erschließung durch die Telekom massiv erschwert bis unmöglich werde. "Auf diese Weise entstehen Bandbreiten-Inseln, in deren Umfeld nur noch extrem unwirtschaftliche Randgebiete zurückbleiben".

Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers warnt, die Bundesnetzagentur dürfe sich nicht von ihrer neutralen Schiedsrichterrolle verabschieden und so "einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen". Albers glaubt aber offenbar, dass sich die Bundesnetzagentur bereits zu diesem Vorgehen entschlossen hat. Deshalb würden nun die Mitgliedsunternehmen eigene Ausbauzusagen für die HVt-Nahbereiche abgeben. Dort wolle man aber nicht lediglich Vectoring anbieten, sondern Glasfaserleitungen vorrangig bis ins Haus oder bis in die Wohnung.

Die Ankündigung dürfte sowohl bei der Telekom als auch in der Bundesnetzagentur für Aufmerksamkeit sorgen. Offenbar hat zumindest der Breko aus der monatewährenden Defensive herausgefunden und einen spannenden Gegenzug entwickelt. Sollte die Bundesnetzagentur mit der Bereitschaft, das Angebot der Telekom zu prüfen, die Mitbewerber aus der Reserve gelockt haben wollen, dürfte sie sich nun die Hände reiben. An der bald entstehenden Zwickmühle, zwischen dem brauchbaren Vectoring und der besseren Glasfaser entscheiden zu müssen, könnte die Behörde sogar Geschmack finden. Dem Breitbandausbau dürfte diese neue Wendung im Kampf um Marktanteile jedenfalls gut tun. (dz)