Britische Regierung will Unschuldige weiter in DNA-Datenbank speichern

Zwar erkennt das Home Office an, dass die Datenbank in die Privatsphäre eingreift, da die Daten aber für die Polizeiarbeit von hohem Wert sind, will man auch die DNA-Profile von Nichtverurteilten länger behalten.

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Von
  • Thomas Pany

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied Ende vergangenen Jahres, dass die Speicherung von Fingerabdrücken und DNA-Proben von Verdächtigen, die nicht verurteilt wurden, gegen Artikel 8 der Europäische Menschenrechtskonvention verstößt. Dennoch will das britische Innenministerium die Daten von 850.000 unschuldigen Personen auf seiner forensischen DNA-Datenbank bis auf Weiteres behalten, wie der Guardian berichtet.

Das Home Office erkennt zwar an, dass die DNA-Profile einen Eingriff in die Privatsphäre darstellen, das Ministerium zeigt sich aber in seiner Reaktion auf das Gerichtsurteil nicht willens, die DNA-Informationen schnell zu löschen. Sie würden, schreibt der Guardian, für die Ermittlungsarbeit der Polizei einen so hohen Wert darstellen, dass das Behalten die "bevorzugte Option" sei. So will man laut einer neuen Planung zunächst eine Prüfung der Datenprofile der unschuldigen Personen durchführen, um zu sehen, ob "für jemand unter ihnen Vorstrafen für ein anderes Vergehen registriert sind". Diese Prüfung, die auf einen Abgleich mit anderen Datenbanken hinausläuft, soll bis zu zwei Jahre dauern. 350.000 dieser DNA-Profile sollen laut Innenminsterium mit Einträgen in der Polizei-Datenbanken verknüpft sein. Bei 500.000 Profilen, die aufgrund von DNA-Proben angelegt wurden, die Personen bei der Verhaftung abgenommen wurden, sei weder klar, ob die Verhaftung zu einer Verurteilung geführt habe, noch ob die DNA-Profile erst gelöscht werden würden, wenn sie überprüft würden, heißt es in dem Bericht.

Die neuen Regelungen des Innenministeriums, die dem Guardian vorab zugespielt wurden, sehen zwar vor, dass die DNA-Proben von Verhafteten nach maximal sechs Monaten vernichtet werden. Mit den daraus gewonnenen DNA-Profilen soll aber anders verfahren werden. Für die am schwersten wiegenden Straftaten schlägt das Home Office vor, dass die Daten derjenigen, die festgenommen, aber nicht verurteilt wurden, 12 Jahre lang gespeichert bleiben. Die Daten Verurteilter werden unbegrenzt in der Datenbank behalten.

Bei minderen Straftaten Erwachsener würden die Daten Nichtverurteilter für sechs Jahre behalten, wenn sie wegen eines Vergehens, das eine mögliche Freiheitsstrafe nach sich zöge, festgenommen wurden. Bei Personen, die von einem Gericht verurteilt wurden, auf Bewährung gesetzt oder auch nur verwarnt wurden, soll das DNA-Profil ebenfalls lebenslänglich aufbewahrt werden.

Für Minderjährige sieht das Innenministerium das One-Strike-Verfahren vor. Bei 11- bis 18-Jährigen würden mit der Volljährigkeit die Daten gelöscht, falls es nur wegen einer geringfügigen Verurteilung zu einem Eintrag gekommen ist. Sollten eine schwere Straftat oder zwei geringfügige Vergehen vorliegen, dann wird der Eintrag ein Leben lang in der Datenbank behalten. Bei Minderjährigen, die wegen minderen Vergehen festgenommen, aber nicht verurteilt wurden, würde der Eintrag spätestens mit der Vollendung des 18. Lebensjahres gelöscht – außer, der Minderjährige wurde im Zusammenhang mit einer schweren Straftat festgenommen. Dann werden seine Daten, auch wenn er nicht verurteilt wurde, 12 Jahre lang gespeichert.

Als Ausnahmeregelung hält das Papier des Home Office fest, dass Bürger die sofortige Entfernung ihrer DNA-Profile beantragen können. Dies gilt aber nur dann, wenn sie fälschlicherweise festgenommen bzw. verwechselt wurden, oder wenn sich heraustellt, dass kein Verbrechen begangen wurde. Auch die Fingerabdrücke von "Nichtverurteilten" sollen zwischen 6 und 12 Jahre lang gespeichert bleiben, je nachdem, wie schwerwiegend das Vergehen war, für das sie verurteilt wurden. Das Recht von Personen, bei der Vernichtung ihrer Fingerabdrücke anwesend zu sein, gibt es künftig nicht mehr.

Wie der Guardian weiter berichtet, will die Führung des Innenministeriums die DNA-Datenbank um 30.000 Personen, deren Daten gegenwärtig nicht gespeichert sind, erweitern. Dabei soll im Nachhinein das Abnehmen von DNA-Proben jener Personen gestattet werden, die wegen schwerer Vergehen verurteilt wurden, aber keine Freiheitsstrafen verbüßen müssen. Erfasst werden sollen auch britische Staatsbürger, die im Ausland schwerere Vergehen begangen haben. ()