Broadcasting Treaty der WIPO: Urheberrechtsschutz für Webcasting, aber nur für klassische Rundfunkanbieter?

Das Schutzrecht für Webcasting soll unabhängig vom eigentlichen Urheberrecht gewährt werden - ein Leistungsschutzrecht für Rundfunkanstalten. Die Sender könnten den Stream schützen, also die Darbietung der selbst produzierten und der zugekauften Inhalte.

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Von
  • Monika Ermert
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Das Thema Webcasting steht wieder auf dem Programm des Urheberrechtsausschusses der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) in Genf. Im Rahmen der Vorbereitung für eine Vertragskonferenz für den sogenannten WIPO Broadcasting Treaty im Jahr 2015 machen sich gleich mehrere Länder, darunter die USA, dafür stark, die Übertragung von Programmen via Web für klassische Rundfunkunternehmen mit einem eigenen Schutzrecht auszustatten.

Das Schutzrecht für Webcasting soll unabhängig vom eigentlichen Urheberrecht gewährt werden - eine Art Leistungsschutzrecht für Rundfunkanstalten. Unberührt blieben die Rechte der Urheber, sofern es Inhalte Dritter sind. Der Rundfunksektor hofft, Piraterie einfacher verfolgen zu können, auch ohne dass die jeweiligen Rechteinhaber selbst tätig werden.

Überdies könnten die Unternehmen den gesamten Stream schützen, also die Darbietung der selbst produzierten und auch der zugekauften Inhalte. Vergleichbar ist der Broadcasting Treaty damit auch den Schutzrechten für Datenbanken, die durch Zusammenstellung oder Gestaltung gesetzlich selbst als schöpferische Leistung anerkannt werden können. Das Schutzrecht bezöge sich demnach nicht nur auf den eigentlichen Inhalt einer Sendung, sondern auf auch die Zusammenstellung von Sendungen - also die Entsprechung zur Playlist..

Die ursprünglichen Verhandlungen für den Broadcasting Treaty, mit dem Rundfunkanbieter gegen "Signalpiraterie" geschützt werden sollten, starteten bereits 1997, lange vor den Höhenflügen von Youtube oder Netflix. 2007 erklärten die WIPO-Mitgliedsstaaten die Verhandlungen für gescheitert. Hoch umstritten war schon damals, ob neben Satelliten- und Kabelübertragungen auch Webübertragungen der Rundfunkanbieter geschützt werden sollten. In Genf brachte jetzt Japan diese Idee erneut ein. Unterstützung kam dieses Mal jedoch auch von den USA, die noch 2007 dagegen gestimmt hatten.

Der Schutz, einschließlich der Schutz der Übertragung im Netz, soll nach einer Übereinkunft der Mitgliedsstaaten nur "klassischen Rundfunkanbietern" gewährt werden. Wie ein solcher Schutz sich auf Anbieter wie Youtube, Facebook, Vimeo, Twitter, Instagram, Bing und Google auswirken würde, wollten Vertreter der Aktivistenorganisation Knowledge Ecology International (KEI) wissen. Müsste es einen eigenen Schutz für deren "Signale" geben? Und wie würde die Verwendung von Ausschnitten von Sendematerial behandelt, im Unterschied zum ohnehin schon bestehenden Urheberrechtsanspruch der jeweiligen Rechteinhaber.

Der Broadcasting Treaty könnte sogar, warnten Vertreter der Electronic Frontier Foundation in der Vergangenheit, Inhalte vor "Signalpiraterie" schützen, die von den ursprünglichen Autoren unter Creative-Commons-Lizenzen verbreitet worden seien – würden sie innerhalb einer Rundfunksendung verbreitet, könnte dies dazu führen, dass der Schutz für die Sendeform plötzlich die Creative-Commons-Inhalte unzugänglich macht. Ein eigenes Recht für die Mittelsmänner ist aus Sicht der Aktivisten ein Anachronismus.

Die Zeit bis zu der nun erneut ins Auge gefassten Vertragskonferenz ist knapp, mahnte zu Beginn der Sitzung WIPO-Generalsekretär Francis Gurry. Er unterstrich, der Broadcasting Treaty sei das älteste Vertragswerk, das derzeit auf der Agenda der Organisation stehe. (jk)