Bundesarbeitsminister plant Bürgergeld-App

Die Arbeits- und Sozialverwaltung soll digitaler werden. Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hat nun seine Pläne dazu vorgestellt.

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(Bild: BMAS / Anton Hallmann)

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Künftig sollen Menschen in Deutschland Bürgergeld online per App beantragen können. Das ist ein Teil einer größeren Strategie für die Digitalisierung der Arbeits- und Sozialverwaltung, die das Bundesarbeitsministerium (BMAS) nun vorgelegt hat. Zusammen mit sieben weiteren Behörden will es mit den 60 vorgeschlagenen Maßnahmen diverse Prozesse digitalieren. Der Arbeits- und Sozialverwaltung werde bis zum Jahr 2030 ein klarer Kurs vorgegeben, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). "Wir setzen auf moderne digitale Angebote, die den Bürgerinnen und Bürger den Alltag leichter machen."

Allgemein will das BMAS die digitalen Serviceangebote weiter ausbauen und Angebote digitalisieren, die bisher nur analog verfügbar sind. Auch plant es Beratung für die digitale Antragstellung anzubieten. Digitale Kanäle sollen künftig primärer Zugang zu Leistungen und Angeboten der Arbeits- und Sozialverwaltung werden. Analoge Zugänge blieben weiterhin erhalten, um eine möglichst breite Teilhabe sicherzustellen, schreibt das BMAS in seiner Digitalisierungsstrategie.

Konkret heißt das zum Beispiel: Neben dem elektronischen Antrag auf Bürgergeld, der zunächst in ausgewählten Jobcentern getestet werden soll, will das Arbeitsministerium eine Online- beziehungsweise Videoberatung etablieren und ausbauen. Bürger sollen sich über eine digitale Rentenübersicht über ihre individuellen Ansprüche aus der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Altersvorsorge informieren können. Neue Leistungen sollen konsequent von Anfang an digital gedacht werden. Dafür nötig sei ein "digitaler Kulturwandel auf allen Ebenen und in allen Bereichen der Arbeits- und Sozialverwaltung".

Auf der Seite der Verwaltung ist ein generatives KI-Tool geplant, das Mitarbeiter bei Erstellung oder Zusammenfassung von Texten unterstützt. Das BMAS will einen KI-basierten Assistenten entwickeln, der komplizierte Formulierungen in behördlichen Schreiben automatisch erkennt, visuell markiert und Vorschläge für Vereinfachungen generiert. KI soll Arbeitsberatern auch helfen, Kompetenzen von Bewerbern mit Profilen in Stellenangeboten abzugleichen. KI-gestützte Geschäftsprozesse kommen auch für die gesetzliche Unfallversicherung in der Heilverfahrenssteuerung und Präventionsarbeit in Frage.

Neue Technologien sollen helfen, viele Daten zur Vorgangsbearbeitung in der Verwaltung, die bisher nicht elektronisch bearbeitet werden können, automatisiert auszuwerten, heißt es weiter in der Strategie. Eine Arbeitsgruppe Digitalisierung/Automatisierung werde an solchen und weiteren Projekten zur systematischen und effizienten Digitalisierung von Verwaltungsprozessen arbeiten. Zudem soll die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin erforschen, wie sich KI auf die Arbeit auswirkt.

Zusammen mit dem Bundesinnenministerium plant das BMAS ein Ausländerzentralregister. Es ist als zentrale Austauschplattform von behördenrelevanten Informationen im Bereich der Erwerbsmigration gedacht, um Verfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen.

Der Normenkontrollrat, der die Bundesregierung berät, hatte Ende März mit einem Gutachten des Beratungsunternehmens Deloitte (PDF) einen hohen Bürokratieaufwand für Anträge auf Leistungen festgestellt. Ursachen seien vor allem das verzweigte System von Zuständigkeiten sowie die unzureichende Digitalisierung der Antragsstellung und des Vollzugs staatlicher Leistungen. Nach Meinung der Gutachter wäre es konsequent, alle Leistungen der sozialen Sicherung in einem Bundesministerium zu bündeln. Ein effektives und effizientes System wäre also möglich, wenn die Ressortverteilung geändert würde, meint der Normenkontrollrat.

So weit will das BMAS offenbar nicht gehen. Es schreibt: "Im Zuge der Digitalisierung wird die ebenen- und behördenübergreifende Zusammenarbeit dabei nicht nur zunehmend notwendig, sondern es bieten sich auch neue Chancen, um mit den richtigen technischen und organisatorischen Weichenstellungen diese Zusammenarbeit in Zukunft zu verstärken und besser zu organisieren." Beispielsweise will sich das BMAS "eng mit dem BMI verknüpfen und unsere Perspektive als Arbeits- und Sozialverwaltung in die Gremien der Verwaltungsdigitalisierung des Bundes einbringen".

Die Grundlage für eine gute ebenen- und behördenübergreifende Kooperation ist für das BMAS, die Interoperabilität der IT-Systeme möglichst vieler Behörden und Partner sicherzustellen. Dafür müssten die IT-Systeme leistungsfähiger werden und die Vernetzung an ihren Schnittstellen gewährleisten, um den Datenaustausch zu vereinfachen. "Wir können ihn weiter fördern, indem wir unsere Arbeitsprozesse zwischen verschiedenen Behörden medienbruchfrei gestalten und dabei die Registermodernisierung konsequent umsetzen", schreibt das BMAS.

In seinem Strategiepapier berücksichtigt das BMAS das Onlinezugangsgesetz (OZG), mit dem Bund und Länder verpflichtet werden sollen, ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Das OZG fand allerdings im März nicht die Zustimmung des Bundesrats. Die Bürger erhalten damit vorerst keinen Rechtsanspruch auf digitale Leistungen des Bundes.

(anw)