Bundesregierung: Satelliten-Navigationssystem Galileo wird teurer

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die für den Aufbau des europäischen Satelliten-Navigationssystems Galileo veranschlagten Mittel nicht reichen werden. Auch könnten Frequenzüberlagerungen mit dem chinesischen Compass-System die Verfügbarkeit des für staatliche Nutzer vorgesehenen "Public Regulated Service" beeinträchtigen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die Bundesregierung geht davon aus, dass die für den Aufbau des europäischen Satelliten-Navigationssystems Galileo veranschlagten Gelder nicht langen werden. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage (PDF-Datei) der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärt der Parlamentarische Staatssekretär im Verkehrsministerium, Andreas Scheuer, das Budget werde laut EU-Kommission "nicht für den vollständigen Systemaufbau ausreichen, so dass es zu Mehrkosten kommen dürfte". Für die Galileo-Entwicklungsphase wurden 1,8 Milliarden Euro veranschlagt, für die Aufbauphase des 30 Satelliten umfassenden Systems weitere 3,4 Milliarden Euro. Auf Basis des rechnerischen Anteils am EU-Haushalt von 20 Prozent ergeben sich Scheuers Angaben zufolge demnach Kosten in Höhe von insgesamt mindestens 830 Millionen Euro für Deutschland.

Die für Galileo investierten Mittel zögen aber ein erhebliches Auftragsvolumen für die deutsche Raumfahrt nach sich, betont die Bundesregierung. Außer den vier Satelliten für die Entwicklungsphase würden auch die ersten 14 Satelliten der Aufbauphase hierzulande gebaut. Einen entsprechenden Auftrag mit einem Volumen von 566 Millionen Euro hatte die EU-Kommission an die Bremer OHB System AG erteilt. Aufträge für die restlichen Satelliten will die EU-Kommission später entweder an die OHB oder die EADS-Astrium GmbH vergeben. Den Zuschlag werde das Unternehmen "mit dem günstigsten Angebot" erhalten, hieß es Anfang des Jahres. Eine Neuausschreibung der Galileo-Aufträge war nötig geworden, nachdem sich die Mitglieder des zunächst für den Galileo-Aufbau vorgesehenen Konsortiums ESN Industries (früher Galileo Industries) zerstritten hatten.

In ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Grünen nimmt die Bundesregierung auch Stellung zu möglichen Problemen bei der Nutzung von Frequenzen für einen "öffentlich regulierten" Galileo-Dienst (Public Regulated Service, PRS). Im Bereich des allein für staatlich autorisierte Nutzer vorgesehenen PRS bestehe bislang eine Frequenzüberlagerung mit dem chinesischen Compass-System (früher Baidou), räumt Staatssekretär Scheuer ein, "was die ständige sichere Verfügbarkeit des PRS beeinträchtigen kann". Im Januar habe die chinesische Seite zwar bestätigt, dass eine Trennung der genutzten Frequenzen "wünschenswert sei", Verhandlungen über eine Frequenzaufteilung hätten bislang aber zu keinem konkreten Ergebnis geführt. China die Frequenzen zu überlassen und neue zu beantragen, sei kein Thema, hält Scheuer fest. Technisch möglich wäre aber eine Änderung der Signal-Modulation.

Ob die Zukunft von Galileo damit "in den Sternen steht", wie am Mittwoch von der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen angeführt, ist allerdings fraglich: Nach den aktuellen Plänen soll das Galileo-System ab Anfang 2014 zunächst einen kostenlosen offenen Navigationsdienst (Open Service), den PRS, sowie einen Such- und Rettungsdienst (Search and Rescue Service) bereitstellen. Ein sicherheitskritischer Dienst (Safety of Life Service) und ein kommerzieller Navigationsdienst würden dann ab 2014 getestet, heißt es bei der EU-Kommission. Die restlichen Aufträge für Bodeneinrichtungen, das Bodenkontrollsystem und den Betrieb des Galileo-Satellitennavigationssystems will Brüssel in den kommenden Wochen vergeben. Ein "Rohrkrepierer für den Wirtschaftsstandort Deutschland" dürfe Galileo nicht werden, warnen die Grünen und fordern "klare und verlässliche Aussagen zum milliardenschweren Prestigeprojekt" von der Bundesregierung. (pmz)