CFP: Datenschutz, Urheberrecht und Netzpolitik im US-Präsidentschaftswahlkampf

Auf der Konferenz "Computers, Freedom, and Privacy" in New Haven haben Berater der Präsidentschaftsanwärter Barack Obama und John McCain Felder in der Technologiepolitik abgesteckt und Unterschiede herausgearbeitet.

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Auf der Konferenz "Computers, Freedom, and Privacy 2008" (CFP) in New Haven haben Berater der Präsidentschaftsanwärter Barack Obama und John McCain Felder in der Technologiepolitik abgesteckt. Chuck Fish von der "McCain '08"-Kampagne machte dabei klar, dass der Republikaner beim Einzug ins Weiße Haus vor allem einen Ansatz der "leichten Regulierung" des Internet fahren würde. "Freie und offene Märkte" sowie ein von Wagniskapital gefördertes Unternehmertum seien am wichtigsten, um die innovativen Kräfte des Netzes weiter zu fördern. Daniel Weitzner, Mitglied des für Medienpolitik zuständigen Gremiums der Obama-Kampagne zeigte sich dagegen skeptisch, dass der Markt allein das freie Internet aufrecht erhalten könne.

Prinzipiell waren sich beide Parteien einig, dass das Internet an sich Neuerungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft vorantreibe. Weitzner versuchte Obama aber als Kandidaten darzustellen, der als Außenseiter ins Rennen um das Weiße Haus startete und es über den gezielten Einsatz des Netzes als Organisationswerkzeug mit Blogs oder sozialen Netzwerken geschafft habe, im Kampf gegen die wichtigste Mitbewerberin der Demokraten, die Senatorin Hillary Clinton, die Nominierung größtenteils klar zu machen. Dieser technische Ansatz habe den gesamten Werbefeldzug Obamas bestimmt.

Deutlicher Position als Fish bezog Weitzner im Streit um eine gesetzliche Festschreibung des Prinzips eines offenen Internet, über dessen Auffahrten nicht einzelne Provider bestimmen können. Senator Obama sei der Ansicht, dass eine unterschiedliche Behandlung etwa von Inhalteanbietern und Netzdiensten gesetzlich untersagt werden müsse, betonte Weitzner die Bedeutung der Netzneutralität. Generell sei die Bewahrung der Offenheit des Internet sogar höher anzusetzen als der Ausbau des Breitbandnetzes. Einer Regulierungsbehörde für das Internet vergleichbar zu der für Telefonanbieter erteilte er aber eine Absage. Am wichtigsten sei die Einhaltung offener Standards, da ansonsten Barrieren aufgebaut würden.

Mehr Offenheit würde Weitzner zufolge auch der Regierung anstehen. Obama würde sich ihm zufolge für eine Instanz zum Abbau von Geheimhaltungsvorschriften stark machen, welche die Bush-Regierung immer wieder hoch gehalten und zuletzt noch verschärft habe. Anderen Ländern mit einem hohen Grad an Internetzensur wie China oder Iran einen Öffnungskurs gleichsam zu diktieren, sei dagegen wenig sinnvoll. Hier müsse die Diplomatie greifen. US-Unternehmen wie Google oder Yahoo sollten aber transparenter darlegen, inwieweit sie mit autoritären Regimes zusammenarbeiten.

Bei den Themenkomplexen Datenschutz und innere Sicherheit ist Obama laut Weitzner besonders besorgt über den Missbrauch von Befugnissen von Sicherheitsbehörden, wie ihn etwa das FBI mit den umstrittenen National Security Letters begangen habe. Rechte zum Schutz persönlicher Daten von US-Bürgern müssten besser durchsetzbar sein. Zudem sei etwa für die Abfrage von Standortdaten im Mobilfunk zumindest ein Richtervorbehalt vorzusehen. Eine Immunität für private Schnüffelhelfer bei Lauschangriffen vor gerichtlichen Klagen dürfe es nicht geben. Allgemein müsse der Datenschutz ähnlich wie in Europa stärker auch unter dem Aspekt Verbraucherschutz gesehen werden.

Beim Urheberrecht im digitalen Zeitalter machte Weitzner in den USA eine "Überregulierung" durch den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) aus. Dieser würde weder die Bürger noch die Rechteinhaber wirklich zufrieden stellen und gehöre auf den Prüfstand. Es wäre besser gewesen, vor einem Handeln des Gesetzgebers erst das Zusammenspiel des alten Copyright-Systems mit den neuen Medienwelten zu erforschen.

Laut Fish sollte die künftige US-Regierung bei der Netzpolitik gemäß einem Bonmot Ronald Reagans durch die Pflege "echter amerikanischer Werte" ein "helles Licht auf dem Hügel" entflammen und mit gutem Beispiel etwa in der Ablehnung von Zensur vorausgehen. McCain befürworte in diesem Sinne ein "offenes und neutrales Netzwerk", erachte für dessen Erhalt aber nicht Gesetze, sondern vielmehr die Schaffung eines fairen Wettbewerbsumfelds wichtig. Generell sei ein Umfeld für das Informationszeitalter zu schaffen, das gut ausgebildete Arbeiter anlocke und Jobs in den USA schaffe, statt das Outsourcing in Länder wie Indien zu fördern.

Datenschutz wollte Fish nur im breiteren Umfeld von "persönlicher und gesellschaftlicher Sicherheit" sehen. Es dürfe dabei nicht nur darum gehen, "Dinge zu verstecken". Vielmehr müssten Aufklärung, technische Schutzmöglichkeiten sowie die bessere Durchsetzung bestehender Gesetze im Vordergrund stehen. Eine Gewährung von Straffreiheit für Hilfssheriffs des Staates bei Überwachungsmaßnahmen schloss er nicht aus, wollte sie aber auf ganz bestimmte Bereich begrenzt sehen. Ansonsten müsse es beim Zusammenführen von Datenschutz und Sicherheit genauso wie der öffentlichen und privaten Interessen beim geistigen Eigentum darum gehen, "bestehende Differenzen durch aufeinander prallende Werte sorgfältig durchzuarbeiten", hielt sich der republikanische Wahlkämpfer an schwammigen Allgemeinplätzen fest.

Die eingeschworene CFP-Gemeinde, die sich in diesem Jahr zum 18. Mal im Rahmen der Konferenz trifft und bereits auf viele Kämpfe wie etwa die "Kryptokriege" mit der US-Regierung im Streit um Verschlüsselungsfreiheit zurückblicken kann, will sich derweil aktiv einbringen mit einer Wunschagenda an den künftigen Präsidenten. Im Rahmen der noch bis Freitag dauernden Tagung soll eine konkrete Forderungsliste zur Netzpolitik ausgearbeitet werden.

Siehe dazu auch:

  • Website zur Konferenz zur 18. Konferenz Computers, Freedom, and Privacy

Zur CFP 2007:

Zur CFP 2006:

Zur CFP 2005:

(Stefan Krempl) / (jk)