Desinformation auf PeerTube: Chance und Risiko der Dezentralität

Die dezentrale Youtube-Alternative PeerTube wird zunehmend für illegale und hetzerische Inhalte genutzt: wegen selbstständiger Instanzen kaum zu verhindern.

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(Bild: dpa, Hauke-Christian Dittrich/dpa)

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Nicht nur Mastodon wächst, auch das im Fediverse angesiedelte PeerTube bekommt Zulauf. Allerdings sind dies laut einer Studie vielfach Extremisten und Verschwörungserzähler, die gezielt die Dezentralität der Plattform nutzen. Das Vorbild YouTube, aber auch andere soziale Netzwerke und selbst Telegram löschen verstärkt fragwürdige Inhalte, was anscheinend zum Ausweichen führt.

Die Untersuchung, über die zunächst die ARD berichtet hat, stammt vom Institute for Strategic Dialogue und nennt sich "Die Hydra im Netz:Herausforderung der extremistischen Nutzung des Fediverse am Beispiel PeerTube". Eines der Ergebnisse lautet, dass PeerTube vor allem genutzt wird, um Inhalte zu sichern. Entfernen andere Plattformen Videos, sind diese nicht mehr wieder herstellbar, und auch Links funktionieren nicht mehr. Im Fediverse können die Videoersteller eigene Instanzen betreiben, jegliche Admin-Rechte liegen direkt bei den Serverbetreibern. Verbreitet werden können die Inhalte zudem über weitere Instanzen oder auf anderen Wegen, wie etwa wieder Telegram.

Was im Fall von Twitter derzeit oft kritisiert wird, nämlich dass der neue Chef, Elon Musk frei nach seinem Gusto über Verbleib und nicht-Verbleib von Menschen und Beiträgen entscheiden kann – sofern es nicht strafrechtlich relevant ist –, ist im Fediverse Chance und Risiko zugleich. Nicht ein Musk kann bestimmen, Dutzende Bestimmer können ihre Spielregeln festlegen. Das macht auch die staatliche Regulierung schwierig; das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) kann umgangen werden.

Auf den untersuchten Instanzen wurde besonders oft über Covid-19 und Verschwörungen durch "Eliten, die durch orchestrierte Krisen angeblich die Weltherrschaft anstreben" gesprochen. Die Videos reichten nicht an die Klickzahlen auf Plattformen wie YouTube heran, heißt es, dafür dienen sie als eine Art Archiv. Die meisten aktiven Nutzerinnen und Nutzer fahren eine Multi-Plattform-Strategie. Der Titel-gebende Hydra-Effekt liegt in der dezentralen Struktur: Selbst wenn eine verbundene Instanz abgeschaltet wird, können mehr neue Server inzugefügt werden.

Nutzer von PeerTube müssen Acht geben, ob die Peer-to-Peer-Funktion aktiviert ist. Durch diese verbreitet man automatisch Inhalte selbst und wird damit auch juristisch belangbar. Man gibt auch seine IP-Adresse weiter, so dass sich die Nutzung und Verbreitung zurückverfolgen lassen.

(emw)