Digitale Souveränität: Mit neun Beschäftigten zur neuen Behörden-Office-Suite?​

Mit openDesk will der Bund bis 2025 eine quelloffene Office- und Kommunikations-Suite für die Verwaltung bieten. Personell ist das Projekt aber knapp besetzt.

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(Bild: NicoElNino/Shutterstock.com)

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Die Bemühungen des Bundes für digitale Souveränität und quelloffene Anwendungen in Behörden sind personell offenbar knapp aufgestellt, wie aus Antworten des Bundesinnenministeriums (BMI) auf Anfragen der Bundestagsabgeordneten Anke Domscheit-Berg (Die Linke) hervorgeht. Demnach verfügt das für diesen Zweck Ende 2022 vom Bund gegründete Zentrum digitale Souveränität, kurz ZenDis, gerade einmal über neun Angestellte. Davon kümmerten sich jeweils drei um die beiden Hauptprodukte, openDesk und Open Code.

Bei openDesk handelt es sich um eine Suite aus Open-Source-Webanwendungen für Office und Kommunikation, die in Behörden und Ministerien eingesetzt werden soll. Grundlage ist die dPhoenixSuite des öffentlichen, norddeutschen IT-Dienstleisters Dataport, die Tools wie Collabora, Jitsi, Open-Xchange und Matrix kombiniert. Laut einer Antwort des BMI auf eine frühere Anfrage Domscheit-Bergs vom vergangenen Dezember soll eigentlich 2025 der breite Einsatz beginnen.

Domscheidt-Berg bezeichnete es als "völlig schleierhaft", wie angesichts der personellen und finanziellen Ausstattung dieses Ziel noch erreicht werden könne. Der Antwort des BMI nach hat das als GmbH gegründete ZenDis bislang auch keine Beauftragung des Bundes für openDesk erhalten. Ein festes Budget ist für ZenDis offenbar nicht vorgesehen. Seit Gründung sind den Angaben des BMI nach 1,2 Millionen Euro für das Projekt Open Code geflossen. Das ist eine Plattform zum Austausch quelloffenen Codes für die Verwaltung, die sich auch schon im Produktivbetrieb befindet.

In diesem Jahr sollen zwar noch rund 19 Millionen Euro in eine weitere Beauftragung fließen, die die Weiterentwicklung von openDesk, eines weiteren Produkts namens OpenConference sowie die Weiterführung von Open Code umfasst. Wann dieser Auftrag kommt, blieb allerdings unklar. Ohnehin wurden bereits im Ende vergangenen Jahres verabschiedeten Bundeshaushaltsplan die Mittel für Open Source in der Verwaltung von rund 50 Millionen Euro auf 24,7 Millionen Euro zusammengestrichen.

Ferner gibt es laut Domscheit-Berg bislang keine Beteiligung der Bundesländer an ZenDis, auch wenn Länder wie Thüringen ihre Bereitschaft erklärt hätten. "So kann die Ampel-Regierung absehbar eines ihrer wichtigsten digitalpolitischen Koalitionsziele auch bis zum Ende der Legislatur nicht mehr erreichen", kritisiert Domscheit-Berg. Die Folge seien "weniger IT-Sicherheit, anhaltende Abhängigkeiten vor allem von US-Konzernen, extrem hohe Lizenzkosten (2025 laufen die milliardenschweren Lizenzverträge des Bundes mit Microsoft aus) und eine verpasste Chance zur Förderung eines global relevanten Ökosystems für Open-Source-Software."

Bei ZenDis bewertet man die Lage allerdings ganz anders. Interims-Geschäftsführer Ralf Kleindiek bezeichnete den Start 2025 gegenüber der iX-Redaktion als realistisches Ziel. openDesk habe bereits einen fortgeschrittenen Release-Stand und werde in den nächsten Wochen auch bei ersten Organisationen eingeführt. Die Software-Suite solle dann als Software as a Service angeboten werden, momentan arbeite man einer Ausschreibung dafür.

"openDesk integriert verschiedene Open-Source-Lösungen, die zum Teil schon sehr lange am Markt sind und einen hohen Reifegrad erreicht haben. Die funktionale Ausgangsbasis war also ohnehin schon sehr gut", sagte Kleindiek. Die Integration und Umsetzung einer einheitlichen Oberfläche seien auch weitgehend abgeschlossen. In der Vergangenheit habe ZenDis vor allem gemeinsam mit den Anbietern der einzelnen Komponenten und externen Partnern gearbeitet. Künftig sollen eigene Angestellte hinzukommen, die das gesamte Projekt steuerten. Der Code für openDesk ist auf Gitlab hinterlegt. Wer den Einsatz testen wolle, benötige dafür einen Kubernetes-Cluster.

Was den offiziellen Auftrag für openDesk durch den Bund angehe, müssten noch einige Details geklärt werden, was aber in Kürze abgeschlossen sein soll, führte Kleindiek aus. Bei der bislang ausgebliebenen Beteiligung der Bundesländer verwies Kleindiek darauf, dass man mit "fast allen Ländern in sehr guten Gesprächen" sei. Es sei keine Frage des "Ob", sondern des "Wann", bis die Länder beiträten.

openDesk geht auf eine Initiative der Bundesregierung und von neun Bundesländern zurück. Die hatten sich im November 2021 zusammengetan, um unter dem damaligen Projektnamen "Souveräner Arbeitsplatz" die Abhängigkeit des öffentlichen Sektors von Microsoft zu reduzieren. Das Softwarepaket sollte dann laut ursprünglicher Ankündigung des BMI Ende eigentlich Ende 2023 einsatzbereit sein.

(axk)