Displayhersteller sind gefordert: Bild hängt Ton hinterher

Bei Highend-Flachbild-TVs könnte der Ton dem Fernsehbild vorauseilen, die Lippenbewegung asynchron zur Sprache laufen. Schuld ist die aufwendige Signalbearbeitung in großen Plasma- und LCD-TVs.

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Ein uraltes Phänomen könnte bei großen Flachbildfernsehern in LCD- und Plasmatechnik wieder auftauchen: Der Ton eilt dem Fernsehbild voraus, Lippenbewegungen laufen asynchron zur Sprache. Grund ist die aufwendige Signalbearbeitung in modernen Displays: Bevor das eingespeiste Videosignal tatsächlich auf dem Schirm erscheint, wird es zur Bildverbesserung mehrfach aufbereitet. Unabdingbar ist bislang das Deinterlacing der im Zeilensprungverfahren angelieferten Videobilder, denn LCD- und Plasma-Panels verstehen sich nur auf Vollbilder. Auch die Skalierung der vergleichsweise geringen Videoauflösung (PAL: 720 × 576) auf die physikalische Displayauflösung ist für die flächenfüllende Darstellung auf großen Schirmen fast immer erforderlich. Hinzu gesellen sich Optimierungsschritte wie eine Bewegungsadaption oder die Kontrast- und Leuchtdichteanpassung an den jeweiligen Bildinhalt. Bei einigen Plasmadisplays werden die Bilddaten zudem vor der Übergabe an die Zeilen- und Spaltentransistoren kurzzeitig in den Treiberstufen zwischengespeichert. In der Summe können so Verzögerungszeiten von 50 Millisekunden und mehr zusammen kommen -- je größer der Schirm und je umfangreicher die Bildaufbereitung, desto länger dauert es bis zur Bildwiedergabe. Da der Ton keine solch Zeit raubenden Bearbeitungsschritte erfährt, tönt es aus den Lautsprechern, bevor die passende Aktion auf dem Schirm erscheint.

Eine vermeintliche Lösung des Synchronisationsproblems ist schnell gefunden: Man verzögere die Audiodaten um die Aufbereitungszeit der Videosignale. Diesen Weg verfolgt beispielsweise die Firma Micronas mit ihren Soundprozessoren aus der MSP 44/45xyK-Familie, bei dem die Audio-Verzögerungsleitungen direkt im DSP integriert sind. Für sehr große Schirme bietet hat das Unternehmen ein über den I2C-Bus programmierbares Verzögerungs-IC an, das mit allen gängigen Audio-DSPs zusammenarbeiten soll. Alternativ könnte auch ein RAM nebst Controller zur Kompensation genutzt werden. Philips packt gleich Audio- und Videobearbeitung in einen Chip, den Nexperia PNX8550, und benötigt dank des gemeinsam genutzten Speicher keine zusätzliche Leitung. Wenn ICs wie die genannten im Flachbildriesen sitzen, sollte also alles synchron laufen.

Problematisch wird die Synchronisation jedoch, wenn das Display zwar für das Bild, nicht aber für den Ton zuständig ist -- beispielsweise weil die externe Audioanlage dessen Wiedergabe übernimmt. Dann müsste die Anlage die Zeit zur Bildaufbereitung im Flachbildschirm kennen und den Ton entsprechend verzögern. Die passenden ICs müssten in jeder Audioanlage stecken, was vielleicht zu realisieren wäre, bislang aber keine gängige Praxis ist. Soll aber nicht der Anwender die Verzögerungszeiten heraushören und manuell einstellen, müssten sich die Anlagen mit dem Flachbildschirm unterhalten, um die passenden Zeiten zu erfahren. Und das dürfte wohl erst im vernetzten Heim gelingen. Besser wäre es deshalb, wenn die Displayhersteller ihre Geräte nicht nur hinsichtlich der Bildqualität optimieren würden. (uk)