"Dystopische Funktion": Frankreich will Browser zum Sperren von Websites zwingen

Um gegen Phishing und Spam vorzugehen, will Frankreich Browser dazu zwingen, staatlich vorgegebene Websites zu sperren. Mozilla hält das für gefährlich.

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HTTP-Fehler 451 (Unavailable For Legal Reasons) auf PC-Monitor

(Bild: M-SUR/Shutterstock.com)

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Frankreich steht kurz davor, Browsern eine "dystopische Funktion" vorzuschreiben. Das meint Mozilla und kritisiert in einem Blogeintrag Gesetzespläne, die vorsehen, dass Browser staatliche vorgegebene Websites direkt blockieren sollen. Damit würden seit Jahrzehnten etablierte Normen untergraben und autoritären Regierungen bekämen ein Werkzeug an die Hand, mit dem sich Internetzensur zementieren lassen könnte. Zwar beruhten die Pläne auf guten Absichten, trotzdem wäre die Umsetzung für das freie Internet "desaströs" und angesichts des angestrebten Ziels unverhältnismäßig.

Das kritisierte Vorhaben ist Teil eines "aggressiven Gesetzespakets", mit dem Frankreichs Regierung die Bevölkerung vor "digitaler Unsicherheit" schützen will, wie Le Monde bereits Mitte Mai zitiert hat. Dabei geht es demnach um Social-Media-Sperren nach bestimmten Verurteilungen (für Hatespeech und Belästigungen), die erleichterte Blockade pornografischer Inhalte, die ohne eine Altersverifizierung zugänglich sind, und einen besseren Schutz vor betrügerischen Websites. Vorgesehen ist demnach, dass verschiedene Behörden in Frankreich betrügerische Websites auf einer Liste zusammentragen können. Browser müssten die dann automatisch blockieren. Frankreichs Regierung habe diesbezüglich von konstruktiven Gesprächen mit den Anbietern gesprochen.

Zumindest die US-Organisation Mozilla – verantwortlich für den Firefox-Browser – wurde dabei aber wohl nicht überzeugt. Sie geht jetzt in die Offensive. Das französische Gesetz würde einen "besorgniserregenden Präzedenzfall schaffen und technische Möglichkeiten schaffen, die Regime für weitaus ruchlosere Zwecke nutzen werden", meint Udbhav Tiwari von Mozilla. Zwar sei das Ziel der Betrugsbekämpfung ein hehres, aber mit dem Vorgehen würde Frankreich weiter darüber hinaus schießen. Damit würden technische Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Regierungen in aller Welt Inhalte sperren können, die ihnen nicht genehm sind. Der Widerstand dagegen würde dann deutlich schwerer fallen.

Statt browserbasierte Blockaden zu verlangen, sollte sich der Gesetzgeber darauf konzentrieren, existierende Mechanismen wie Smart Screen und Safe Browsing zu stärken, schreibt Mozilla. Bei letzterem warnen Browser vor dem Besuch von potenziell schädlichen Seiten. Per Gesetz könnte etwa geregelt werden, wie schnell von Behörden gemeldete URLs in den zugrundeliegenden Listen landen müssen. Gleichzeitig müsste festgehalten werden, dass es nur um den Kampf, gegen Phishing und Betrug geht. Unabhängige Experten müssten die Einträge überprüfen können. So könnten auch nicht nur Nutzer in Frankreich, sondern weltweit geschützt werden. Dieser Weg wäre auch besser, als das Rad "mit einer tickenden Zeitbombe" neu zu erfinden.

(mho)