Elektronische Patientenakte: Opt-out-Methode bleibt den Kassen überlassen

Anfang 2025 sollen elektronische Patientenakten für alle kommen. Wie genau Opt-out und Identitätsprüfung erfolgen, weiß die Regierung nicht.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 18 Kommentare lesen
Untersuchungsliege, daneben ein Hocker auf Rollen

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 4 Min.

Knapp anderthalb Jahre vor der geplanten Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) für alle stehen entscheidende Details dazu noch nicht fest. Vorgesehen ist ein Opt-out-Prinzip für die elektronische Patientenakte: Wer nicht ausdrücklich widerspricht, ist automatisch dabei. Doch wie der Bürger der ePA konkret Einhalt gebieten könnte, weiß die Bundesregierung bislang selbst nicht. "Die nähere Ausgestaltung des Widerspruchverfahrens obliegt den Krankenkassen", antwortet sie auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag. Die Kassen müssten "einfache und barrierefreie" Wege vorsehen und die Versicherten umfassend über ihre Rechte informieren.

Der Widerspruch gegen eine bereits bereitgestellte ePA "kann auch über die Benutzeroberfläche eines geeigneten Endgeräts erfolgen", lässt sich das federführende Bundesministerium für Gesundheit (BMG) entlocken. Zudem betont es: Die aktuellen Nutzungszahlen der ePA seien "nicht zufriedenstellend". Mit Stichtag 28. Juni 2023 waren 704.050 solcher Akten angelegt – wie viele davon tatsächlich Daten enthalten, ist der Bundesregierung nicht bekannt.

Auch bei den nötigen Nachweisen, die als Sesam-Öffne-Dich für die Gesundheitsdaten dienen sollen, lässt das BMG noch einiges offen. Es konstatiert aber: "Eine Identitätsprüfung ist die Voraussetzung für den Zugriff der Versicherten auf ihre ePA." Deren Daten würden auf den Servern der jeweiligen Krankenkasse auf EU-Gebiet gespeichert.

Zurzeit nutzt laut der Anfragebeantwortung nur ein Prozent der gesetzlich Versicherten eine ePA, zwei Prozent haben eine elektronische Gesundheitskarte (eGK) mit PIN erhalten und somit eine Identitätsprüfung durchlaufen. Angaben zu den damit verknüpften Kosten lägen der Regierung nicht vor. Ausnahmen von der Erforderlichkeit der PIN gälten bereits beim Zugriff auf die Notfalldaten sowie auf den Datensatz "Persönliche Erklärung" (DPE) zur Organspende sowie zu Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen.

Um im Versorgungsfall auf die auf der Gesundheitskarte gespeicherten Daten zuzugreifen, reiche der Einsatz des elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) aus. Eine weitere Ausnahme bilde der elektronische Medikationsplan: Karteninhaber können entscheiden, ihn auch ohne PIN zugänglich zu machen.

Ab 2024 könne beim Zugriff auf medizinische Anwendungen der Telematikinfrastruktur, die nicht auf der eGK selbst gespeichert werden, ferner die digitale Identität des Versicherten genutzt werden. Inwieweit diese GesundheitsID auch bereits einen Abruf aller noch nicht ausgestellten E-Rezepte ermöglichen solle, "ist derzeit noch in Prüfung".

"Mit den digitalen Identitäten stehen zukünftig neben eGK und PIN weitere sichere Zugangsmöglichkeiten im Zusammenhang mit mobilen Endgeräten zur Verfügung", führt das BMG aus. Das geplante Digital-Gesetz sehe die Option der Identitätsprüfung in Arztpraxen vor. Aktuell lägen die technischen und organisatorischen Voraussetzungen aber noch nicht vor. Die GesundheitsID werde Versicherten ergänzend zur eGK durch die Krankenkasse zur Verfügung gestellt, heißt es weiter. Die Gematik sehe im Regelfall für die Verarbeitung von Gesundheitsdaten zwar das Niveau "hoch" mit Zwei-Faktor-Authentifizierung vor. Abweichend könnten Versicherte aber "nach umfassender Information durch die Krankenkasse über die Besonderheiten des Verfahrens in die Nutzung einer digitalen Identität einwilligen, die einem anderen angemessenen Sicherheitsniveau entspricht". Die Anforderungen an Sicherheit und Interoperabilität werde die Gematik im Einvernehmen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) und dem Bundesdatenschutzbeauftragten festlegen.

Zudem plant das Ministerium einfacheren Zugriff auf elektronische Patientenakten. Ausreichen soll laut einem Referentenentwurf für ein Gesetz zur Beschleunigung der Digitalisierung des Gesundheitswesens die elektronische Gesundheitskarte des Patienten in Verbindung mit einem Heilberufsausweis. Der Patient müsste den Zugriff dann nicht mehr mittels PIN bestätigen.

(ds)