Elektroauto: Erster Fahrbericht aus dem Aiways U6

Im Sommer bringt Aiways mit dem U6 ein elektrisches Crossover-Coupé auf den Markt. Es könnte VW ID.4 oder dem elektrischen Hyundai Kona Kunden streitig machen.

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Aiways U6

(Bild: Aiways)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Der vor fünf Jahren in Shanghai gegründete Autohersteller Aiways stellte im August vergangenen Jahres mit rund tausend Vorbestellungen an einem Tag für sein Coupé U6 in China einen neuen Rekord auf. Ein Jahr später kommt dieses Modell auch nach Europa. Beim Blick auf die grundlegende Technik ist zu sehen, dass Aiways den U6 auf die MAS-Plattform (More Adaptable Structure) stellt. Das ist die technische Basis des 2019 erschienenen Aiways U5.

Beim Erstkontakt bietet das Interieur mit seinen weichen Lederflächen und dem griffigen Lenkrad eine bessere Anmutung als das des U5. Bei unserem Testwagen passten die Fugen an der Lenkradsäule und am Handschuhfach nicht perfekt. Schön, dass die Heckklappe weit genug aufschwingt, sodass man auch mit einer Körpergröße von 1,85 Metern aufrecht darunter stehen kann. Der Radstand des Aiways U6 beträgt 2,80 Meter, deswegen hat man im E-SUV-Coupé hinten viel Platz, vor allem weil man die Füße auch unter die Vordersitze schieben kann. Trotz der abfallenden Dachlinie bleibt über dem Haupt noch genug Platz.

Mit einem Gewicht von lediglich 1790 Kilogramm gehört der Aiways U6 zu den Leichtgewichten unter seinesgleichen. Seine Nennleistung von 160 kW und das Drehmoment von 315 Nm genügen, um den Aiways in sieben Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h zu beschleunigen, bei 160 km/h regelt die Elektronik sanft ab. Den Durchschnittsverbrauch gibt Aiways mit 15,9 bis 16,6 kWh/100 km an, bei unserer Testfahrt zeigte der Bordcomputer 17,8 kWh/100 km.

Aiways U6 Exterieur (7 Bilder)

Crossover ist modern, das U6 ist eine Mischung aus SUV, Coupé und Limousine.

Die Akkus des Batterie-Zulieferers CATL bieten eine Kapazität von 63 Kilowattstunden, was laut WLTP für 400 Kilometer reichen soll. Während unserer Testfahrt zeigte das System bei 72 Prozent Ladezustand der Batterie noch 277 Kilometer an, was einer Reichweite von 385 Kilometern entspricht. Das Laden erreicht mit maximal 90 kW keine Topwerte: Nach 35 Minuten sind die Energiespeicher von 20 auf 80 Prozent gefüllt, nutzt man den 11 kW-Lader mit Wechselstrom, vergehen laut Datenblatt von null auf 100 Prozent günstigstenfalls sieben Stunden.

Eine Spielerei ist der große Bedienhebel der Automatik, der dem Fahrhebel einer Jacht nachempfunden ist: Dreht man am Griff und steht gleichzeitig auf der Bremse, wird die Fahrstufe eingelegt. Das ausgewogen abgestimmte Fahrwerk mit McPherson-Aufhängung vorn und der Mehrlenker-Hinterachse gehört zu den Stärken des U6, denn es filtert Unebenheiten zuverlässig weg, ohne dass die Karosserie nervig nachwippt. Wenn man aus dem Stand schnell beschleunigen muss, kämpfen die angetriebenen Vorderräder um Traktion. Die Fahrmodi Standard, Eco, Sport, Individual und "Einpedal" bieten nur wenig abgestufte Unterschiede. Die Lenkung ist besser als beim U5, bleibt aber auf der indirekten und bei der Traktion wenig mitteilsamen Seite. Bei höherem Tempo fallen die Windgeräusche an der A-Säule beziehungsweise den Außenspiegel auf.

Aiways U6 Interieur (8 Bilder)

Kompliziertes Menü und viel Touchbedienung 

Was uns bei einem Preis von rund 46.000 Euro positiv aufgefallen ist, ist die umfangreiche Ausstattung: Unter anderem sind eine Wärmepumpe, eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik, beheizbare Vordersitze, eine 360-Grad-Kamera sowie ein ganzes Arsenal an Assistenzsystemen, was der Aiways U6 Konkurrenten wie dem VW ID.4 und dem Hyundai Kona EV (Test) voraushat. Dazu gehören ein Totwinkel-Warner und ein Spurhalteassistent. Allerdings nervt das ständige Gebimmel durch die Warntöne der Assistenten. Um sie zu deaktivieren, muss man sich durch verschiedene Menüs des Infotainments kämpfen.

Kommandozentrale des Infotainments ist ein 14,6 Zoll großer Touchscreen, die Menüführung ist allerdings verschachtelt. Bei den europäischen Modellen soll daher ein virtueller Knopf in der obersten Menüebene integriert werden, der die zuletzt gespeicherten Einstellungen wiederherstellt. Dass Apple CarPlay nur mit einem Kabel, Android Auto aber drahtlos funktioniert, liegt daran, dass die Infotainmentsoftware auf Android basiert.

Dass die Navigation über das Smartphone abläuft, brachte bereits dem Aiways U5 Kritik ein, da bei einem Elektroauto die Kombination aus Lotse, Restreichweite und auf dem Weg vorhandenen Ladesäulen ein wichtiges Element ist. Daher soll beim U6 wird eine App namens Pump mit Google-Maps kombiniert werden, die auf die Fahrzeugdaten zugreift und damit auch Ladesäulenempfehlungen anhand der Restreichweite geben kann. Allerdings war diese Lösung noch nicht im Testwagen integriert.

(fpi)