Encrochat-Hack: Bundesverfassungsgericht weist Klagen von Betroffenen ab​

Die Verwertbarkeit von Daten aus dem Kommunikationsdienst Encrochat vor Gericht ist umstritten. Das Bundesverfassungsgericht hat dazu jetzt Beschlüsse gefasst.​

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EncroChat auf dem Handy

(Bild: Jeppe Gustafsson/Shutterstock.com)

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Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde von Personen abgewiesen, die von den Folgen des Encrochat-Hacks betroffen waren. Bei dieser hatte sich das Landgericht Rostock maßgeblich auf die im Wege internationaler Rechtshilfe an deutsche Ermittlungsbehörden übermittelten Daten von Mobiltelefonen des verschlüsselten Kommunikationsdienstes Encrochat gestützt. Dies geht aus einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss vom 9. August hervor (Az.: 2 BvR 558/22).

Die Eingabe sei unzulässig, schreibt die 3. Kammer des Zweiten Senats, weil der Beschwerdeführer eine Grundrechtsverletzung nicht substantiiert dargelegt habe. Zudem habe er den sogenannten Subsidiaritätsgrundsatz nicht gewahrt. Dieser besagt, dass zunächst der Rechtsweg durch alle Instanzen hin ausgeschöpft werden muss. Offene Fragen sind demnach möglichst von niederen Gerichten zu klären.

Mit sieben weiteren, nicht veröffentlichten Beschlüssen gleichen Datums hat das Bundesverfassungsgericht zudem ähnlich gelagerte Fälle zurückgewiesen. Sie betonen aber, dass damit noch nicht über die Verwertbarkeit der Encrochat-Daten entschieden sei. Beim Bundesverfassungsgericht sind derzeit fünf weitere Verfassungsbeschwerden dazu anhängig.

In den vergangenen Monaten verhafteten Strafverfolgungsbehörden tausende Menschen in ganz Europa aufgrund mehr oder weniger belastbarer Beweise, die beim Hack von Encrochat vor über zwei Jahren gewonnen wurden. Federführend waren zunächst französische und niederländische Polizeibehörden, die aus dem Kommunikationsdienst große Datenmengen absaugten und an Europol übermittelten. Auf diese Weise gelangten Angaben aus mehr als 20 Millionen Chat-Nachrichten an Strafverfolgungsbehörden in anderen EU-Staaten.

In dem Rostocker Fall wurde ein Angeklagter nach Auswertung von Encrochat-Daten wegen Drogenhandels verurteilt. In der Revision hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Encrochat-Daten zur Strafverfolgung schwerer Straftaten in Deutschland verwendet werden können. Ein Betroffener hat Verfassungsbeschwerde eingelegt, da er seine Grundrechte verletzt sah und der BGH dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zahlreiche Fragen zur Zulässigkeit nicht vorgelegt habe. Das Verfassungsgericht kritisierte jedoch, dass der Kläger seine Einwände nicht früh genug vorgebracht hatte.

In einem anderen Fall hat das Landgericht Berlin ein Encrochat-Verfahren ausgesetzt und dem EuGH zur Auslegung der Richtlinie über die Europäische Ermittlungsanordnung in Strafsachen (EEA) zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es will unter anderem wissen, ob die deutschen Ermittlungsbehörden beim Erlangen von Daten aus dem Hack gegen die EU-Vorschrift verstoßen haben und ob sich ein solcher potenzieller Rechtsbruch auf die Verwertbarkeit der erhaltenen Informationen im Strafverfahren auswirkt.

(vbr)